Henriette Reker wehrt sich gegen die AfD "Erst gehen rechte Parolen spazieren, dann die Messer"

Köln · Weil sich Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) im Streit um den AfD-Bundesparteitag im Kölner Maritim Hotel positioniert hatte, war die Partei juristisch dagegen vorgangen. Reker reagierte mit einer Rede vor dem Kölner Rat.

 "Ich finde es unerträglich, dass unsere Stadt als Bühne für die Selbstdarstellung einer Partei missbraucht werden soll": Henriette Reker. (Archivbild)

"Ich finde es unerträglich, dass unsere Stadt als Bühne für die Selbstdarstellung einer Partei missbraucht werden soll": Henriette Reker. (Archivbild)

Foto: dpa, mb pil

In der Sitzung am Dienstag wurde ihr eine Unterlassungserklärung übergeben, (die unserer Redaktion vorliegt). Der Kölner AfD-Ratsherr Roger Beckamp war vom Bundesverband der Partei als Rechtanwalt beauftragt worden.

Vergangene Woche hatte Oberbürgermeisterin Reker dem "Kölner Stadtanzeiger" mit Blick auf den AfD-Parteitag in Köln gesagt: "Ich finde es unerträglich, dass unsere Stadt als Bühne für die Selbstdarstellung einer Partei missbraucht werden soll, die zum Sammelbecken für Propagandisten von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland geworden ist." Sie unterstütze ausdrücklich alle, die mit demokratischen und friedlichen Mitteln ihre Stimme gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung erheben. Mehr zum Streit um den Parteitag in Köln lesen Sie hier.

Diese Äußerungen seien rechtswidrig, "da Sie dadurch gegen das staatliche Neutralitäts- sowie das Sachlichkeitsgebot verstoßen haben", heißt es in der Unterlassungserklärung. Ausgerechnet in ihrer Funktion als Oberbürgermeisterin der Stadt Köln und "unter Ausnutzung Ihrer diesbezüglichen Prominenz" habe Reker Öl ins Feuer gegossen, argumentiert die AfD.

"Erst gehen rechte Parolen spazieren und dann die Messer"

Reker entgegnete der Unterlassungserklärung im Kölner Rat mit einer knapp zehnminütigen Ansage, die die AfD als "Lehrstunde der Demokratie" nehmen solle. "Erst gehen rechte Parolen spazieren und dann die Messer", sagte sie in Richtung der AfD-Politiker und zitierte damit Schriftstellerin Hertha Müller. "Ich weiß, wovon ich spreche", betonte Reker, die 2015 einen Tag vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin von einem Rechtsradikalen niedergestochen worden war.

Man dürfe Aufhetzern und Rechtsextremisten nicht das Feld überlassen, sondern müsse wieder mehr mit Menschen ins Gespräch kommen. Als Oberbürgermeisterin sehe sie aktives Eingreifen als ihre Plicht, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt und das friedliche Zusammenleben gefährdet seien.

"Ich bin ja kein politisches Neutrum", sagte Reker. Besonders die Integration sei ihre Aufgabe "in dieser vielfältigen bunten Stadt". Alleinerziehende, Frauen, Kinder, Menschen mit Behinderungen und Geflüchtete — "alle Menschen sollen die gleiche Wertschätzung und Förderung erfahren, unabhängig von Nationalität, Geschlecht, sexueller Neigung und religiöser oder ethnischer Herkunft", so Reker.

AfD-Anwalt Beckamp hatte zuvor auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster im Fall des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Thomas Geisel verwiesen — der hatte im Januar 2015 während einer "Dügida"-Demonstration zur Abschaltung aller Lichter an öffentlichen Gebäuden aufgerufen.

Das OVG Münster erklärte damals den Aufruf für rechtswidrig; Geisel habe in seiner Funktion gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Seine Bitte, an einer zeitgleichen — friedlichen — Gegendemonstration teilzunehmen, sei dagegen rechtmäßig gewesen.

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