„Sehr beeindruckender Fund“ Seltene Wandkunst an Schulbaustelle in Köln entdeckt

Köln · Arbeiter der Kölner Gebäudewirtschaft haben in der Südstadt beim Umbau eines ehemaligen Museums „Sgraffiti“ freigelegt. Die sieben Kunstwerke aus den 1960er Jahren sollen nun restauriert werden.

Bauarbeiter entdecken seltene Wandkunst in Köln
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Foto: Stadt Köln/Thomas Lehmkuhl

Spannende Entdeckung beim Umbau des ehemaligen Rautenstrauch-Joest-Museums am Ubierring in der Kölner Innenstadt: Nach der Demontage von Platten an den Stellen in der Fassade, in die Fenster eingesetzt werden sollen, ist die städtische Gebäudewirtschaft auf so genannte „Sgraffiti“ des Künstlers Otto Helmut Gerster gestoßen. Dies teilte die Stadt am Dienstag mit. Sgraffiti sind künstlerische Dekorationen von Wandflächen durch eine historische Putz- und Kratztechnik.

Aktuell wird das ehemalige Museumsgebäude für die Nutzung durch die Oberstufe der Integrierten Gesamtschule Innenstadt (IGIS) umgebaut. Die Schüler sollen dort vorübergehend einziehen, bis der Schulneubau am benachbarten Severinswall fertiggestellt ist.

Sgraffiti sind Wandkunstwerke, bei denen verschiedenfarbige Putzschichten übereinandergelegt werden. Durch Abkratzen der oberen Schichten stößt man auf die andersfarbigen unteren Schichten, wodurch beispielsweise architektonische, figürliche oder ornamentale Dekorationen entstehen. Die Sgraffiti am Ubierring sind dreifarbig (gelblich, olivgrün und weiß). Die bisher aufgedeckten Bereiche sind ausgezeichnet erhalten, die Oberflächen sind weitgehend unbeschädigt, wie die Stadt mitteilt.

Für das Amt für Denkmalschutz und Denkmalpflege handelt es sich um einen besonders erhaltenswerten Fund, wie die stellvertretende Amtsleiterin Marion Grams-Thieme sagt: „Das ist ein sehr beeindruckender Fund. Es ist ein Glücksfall, dass die Sgraffiti in dieser Qualität und Vollständigkeit vorhanden sind. Von Otto H. Gerster gibt es nur noch wenige erhaltene Kunstwerke. Insofern sind die Darstellungen auch aus kunsthistorischer Sicht ein sehr wertvolles Dokument für das Schaffen des Künstlers.“

Otto Helmut Gerster (1907-1982) schuf in den Jahren 1948 bis 1972 monumentale Wandarbeiten wie Wandmalereien, Sgraffiti, Mosaike und Glasfenster. Es gibt nach heutigem Kenntnisstand nur wenige erhaltene Sgraffiti von Gerster.

Das 1904 bis 1906 errichtete Rautenstrauch-Joest-Museum, dessen Haupttrakt im Zweiten Weltkrieg weitgehend intakt blieb, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zeitweise als Spielstätte der Kammerspiele genutzt. Dazu wurden 1948 unter anderem im ersten Obergeschoss des Mittelbaus eine Drehbühne eingebaut sowie zur Verdunkelung des Saals die sieben Fensteröffnungen verschlossen und an der Fassade von Gerster gestaltet.

Als die ersten verbauten Fenster im ersten Obergeschoss nun geöffnet wurden, kamen in der Fassade die Wandkunstwerke Gersters zum Vorschein. Die sieben Darstellungen dürften um 1967 mit den Tuffsteinplatten verkleidet worden sein, da in dem Jahr das Rautenstrauch-Joest-Museum am Ubierring 45 seine Wiedereröffnung feierte. Seit 2008 hat das Museum seine Heimat im Kulturzentrum am Neumarkt.

Die Kunstwerke würden laut Stadt nun fachkundig und behutsam in engster Abstimmung mit der städtischen Denkmalpflege sowie dem Landschaftsverband Rheinland weiter untersucht. Gemeinsam soll ein Konzept erarbeitet werden, wie möglichst alle sieben Kunstwerke erhalten, freigelegt und restauriert werden können.

Auf den Zeitplan für den Beginn des Schulbetriebs für die Oberstufe der IGIS nach den Sommerferien 2020 haben die Funde keinen Einfluss. Der Gebäudeteil, an dem sich die Sgraffiti befinden, wird erst in einem zweiten Bauabschnitt bearbeitet, nachdem die Schule den größten Teil des Gebäudes in diesem Sommer bereits bezogen haben wird.

(hsr)
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