Nach Skandal in Köln SEK-Beamte müssen Streife fahren

Köln · Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers ist gestern haarscharf an einem neuen Polizeiskandal vorbeigeschrammt. Gerettet haben ihn Fotos aus dem Mannschaftsraum eines Spezialeinsatzkommandos (SEK), die er am Nachmittag auf einer Pressekonferenz zeigte.

So arbeitet ein Spezialeinsatzkommando (SEK)
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Foto: dpa, mb htf olg

Was auf den Fotos nicht zu sehen war: Spuren der Verwüstung. Zwei Boulevardzeitungen hatten berichtet, das SEK habe sich für seine Auflösung gerächt, indem es mithilfe einer Kettensäge den Gemeinschaftsraum zerlegt habe. Entsprechend gut besucht war die Pressekonferenz am Mittwoch im Kölner Polizeipräsidium, und entsprechend erleichtert wirkte Albers, als er mit den Fotos zeigen konnte: So schlimm kann es nicht gewesen sein.

Am Vortag hatte Albers das SEK aufgelöst. Anlass waren Vorwürfe gegen die Beamten wegen eines bizarren Aufnahmerituals: Sie sollen zwei Kollegen tagelang gedemütigt haben. Völlig aus der Luft gegriffen waren die Berichte von "Bild" und "Express" allerdings nicht. In Teilen musste Albers sie bestätigen: So haben die geschassten Elite-Polizisten tatsächlich ein Motorrad per Aufzug in ihren Mannschaftsraum gebracht, dort auf einen Küchentisch gehievt und per heulendem Motor die Hinterreifen durchdrehen lassen. "Ein Vorgesetzter hat angeordnet, das sofort zu beenden, und das ist dann auch geschehen", so Albers. Auch hätten die Beamten Alkohol getrunken, allerdings "außerhalb der Dienstzeit", wie Albers betonte.

Der Frust der geschassten SEK-Beamten ist verständlich. Offiziell sollen vier von ihnen innerhalb der Kölner Polizei auf andere Posten versetzt werden und fünf dürfen zu einem SEK außerhalb Kölns wechseln. Aber wie unsere Redaktion am Mittwoch aus Kreisen der betroffenen Elite-Polizisten erfuhr, wird von dem Wechsel-Angebot wohl keiner Gebrauch machen. "Die sind verbrannt", sagte einer ihrer engsten Kollegen. Das bedeutet: Sie alle werden voraussichtlich in den ganz normalen Wach- und Wechseldienst der Kölner Polizei versetzt: Streife fahren, Knöllchen schreiben, Innendienst.

SEK bis GSG9: Die deutschen Spezialeinheiten
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Foto: dpa, cch fdt

Die SEK-Beamten, die jahrelang in einem eingeschworenen Team unter fast familiären Bedingungen gearbeitet haben, empfinden das als brutalen Abstieg. Vor ihrer Aufnahme in die Eliteeinheit stand ein rigoroses Auswahlverfahren, das höchstens 20 Prozent der Anwärter bestehen. Wegen ihrer lebensgefährlichen Aufgaben und der exzellenten Ausbildung genießen SEK-Beamte unter allen Polizeieinheiten den größten Respekt. Die betroffenen Polizisten fühlen sich unfair behandelt.

(tor)
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