Prozess um manipulierte Automaten in Köln 450.000 Euro mit Pfand ergaunert

Köln · Zwei Kölner sollen als Geschäftsführer eines Getränkehandels zwei Pfandautomaten derart manipuliert haben, dass sie die Flaschen immer wieder eingeben konnten. Rund 450.000 Euro sollen sie damit gemacht haben. Sie bestreiten, von dem Betrug gewusst zu haben.

 Die beiden Angeklagten mit Rechtsanwalt Tristan Niemann.

Die beiden Angeklagten mit Rechtsanwalt Tristan Niemann.

Foto: RPO/Hauser

Kadir K. und Ümit P., 44 und 54 Jahre alt, waren vor fünf Jahren nacheinander als Geschäftsführer eines Kölner Getränkemarkts eingesetzt – hatten aber offenbar „von Tuten und Blasen keine Ahnung“, wie die Vorsitzende Richterin der 19. Großen Strafkammer des Landgericht Kölns am Mittwoch sagt. Die Verteidigung spricht eher von „blauäugig“.

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Angeklagten Betrug in einem besonders schweren Fall vor. Sie sollen zwei Pfandautomaten in dem Getränkemarkt derart manipuliert haben, dass die Flaschen und Dosen nicht zerstört wurden, sondern immer wieder in die Automaten geschoben werden konnten. Der Clearingstelle, die die Pfandausgleichszahlungen zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern berechnet, stellten sie Rechnungen über zurückgebrachtes Pfand aus, die entsprechend hoch waren. Die Anklage geht davon aus, dass die Angeklagten mit der Masche rund 450.000 Euro Beute gemacht haben.

Doch die beiden wollen von dem Betrug nichts gewusst haben. Ümit P., der inzwischen als Busfahrer im Ruhrgebiet arbeitet, sagt im Prozess, ein Bekannter habe ihn damals gefragt, ob er nicht die Geschäfte im Getränkehandel für ihn führen wolle. „Ich hab ihm gesagt, dass ich doch keine Ahnung hab, was ich da machen muss“, sagt er. „Du musst nur schauen, dass der Laden läuft und das Lager organisieren“, habe der Bekannte ihm gesagt. Ab und zu habe er ein paar Ordner zum Steuerberater gebracht. „Was war denn drin?“, fragt die Vorsitzende. „Keine Ahnung, ich habe ja keine Ahnung von Steuern“, sagt der Angeklagte. Mit der Pfandannahme habe er nie etwas zu tun gehabt.

Ümit P. ist freundlich, ruhig und sagt viel, doch so richtig beantworten kann oder will er die Fragen des Gerichts nicht. „Haben Sie sich denn nie über Haftungsrisiken Gedanken gemacht als Geschäftsführer?“, will die Vorsitzende wissen. „Nein“, antwortet P. „Erst im Nachhinein.“

Ganz ähnlich läuft die Aussage von Kadir K. ab. Er arbeitete in dem Laden, bevor P. seine Stelle übernahm. Der „Bekannte“ habe keine gültige Aufenthaltserlaubnis gehabt und ihn deshalb gebeten, sein Geschäftsführer zu werden. Die Verteidigung sagt, dieser Mann sei für die Manipulationen der Automaten verantwortlich, habe im Hintergrund den Betrug gesteuert. Eigentlich soll er im Verfahren als Zeuge gehört werden. Die Verteidiger gehen aber davon aus, dass er in der Türkei ist und nicht vor Gericht erscheinen wird.

Einem dritten Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft Beihilfe vor. Der 50-Jährige soll den beiden Hauptangeklagten falsche Abrechnungen über die Entsorgung von Getränkedosen und Plastikflaschen ausgestellt haben, um den Betrug zu verschleiern.

Immer wieder versuchen Betrüger, schnelles Geld mit Pfandbetrug zu machen. Erst am Dienstag endete ein Prozess um millionenschweren Betrug mit Pfandflaschen in Düsseldorf mit einem Freispruch. Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass der 46-jährige Angeklagte von dem Betrug nichts wusste. Wie im Kölner Fall arbeitete der Angeklagte als Geschäftsführer in einem Getränkemarkt – ebenfalls als Strohmann für einen Bekannten.

Claudia Fasse von der Deutschen Pfandsystem GmbH sagt: „Das sind Einzelfälle, bei denen die Betrüger mit hoher krimineller Energie vorgegangen sind.“ Die Sicherheitsausstattung der Automaten würde immer weiter verbessert. „Die Taten, die jetzt vor Gericht landen, sind ja schon Jahre her.“ Inzwischen würde jeder Automat in Deutschland einmal pro Jahr kontrolliert. „Auch das hat offenbar geholfen“, sagt sie. Manipulationen würden beim Abgleich der Daten in der Clearingstelle sehr schnell auffallen.

Der Betrug an nicht manipulierten Rückgabeautomaten – etwa das Zurückholen der Flasche mit einer Schnur oder das Fälschen des Pfandlogos – sei heutzutage nicht mehr möglich, sagt Fasse. „Das Auslesegerät erkennt das Pfand erst an, wenn mehrere Merkmale auf dem Logo stimmen. Das lässt sich nicht fälschen.“ Die Flaschen würden dann in einem Vorgang eingezogen und geschreddert, so dass auch der „Fadentrick“ nicht mehr gelinge. Ein Sprecher des NRW-Justizministeriums bestätigt, dass die kleineren Pfandbetrugsfälle weniger geworden seien. Wieviele Ermittlungsverfahren zur Zeit in NRW laufen, lässt sich nicht sagen, da Pfandbetrug in der Statistik nicht extra aufgeführt wird.

Ein Urteil im Kölner Fall wird für Anfang Juli erwartet. Am Freitag sind zwei Zeugen geladen, die erzählen sollen, wie genau der Betrug über mehrere Monate funktioniert hat.

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