Erneute Unterbrechung der Hauptverhandlung Der zähe Prozess gegen Reemtsma-Entführer Drach

Köln · Der Kölner Prozess gegen Thomas Drach wurde am Mittwoch fortgesetzt – um dann erneut vertagt zu werden. Drachs Mitangeklagter hatte über starke Schulterschmerzen geklagt. Damit geht der Prozess so schleppend weiter, wie er im Februar gestartet ist.

Drach-Prozess in Köln erneut verschoben
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Drach-Prozess in Köln erneut verschoben

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Foto: dpa/Oliver Berg

Am Mittwochmorgen fliegt ein Hubschrauber über Köln-Sülz und landet auf einem Parkplatz hinter dem Justizgebäude. Zwei Beamte eines Sondereinsatzkommandos helfen Thomas Drach beim Aussteigen, er trägt Handschellen. Bewaffnete Polizisten haben sich auf dem kurzen Weg zum Landgericht und im Gebäude positioniert. Die Sicherheitsvorkehrungen beim Prozess gegen den Reemtsma-Entführer bleiben streng. Zu den ersten Prozesstagen im Februar wurde Drach in einer schweren Limousine im Polizeikonvoi gebracht, nun also im Hubschrauber. Es dürften sowohl für Drach selbst als auch für die Prozessbeobachter die spektakulärsten Minuten dieses Verhandlungstages gewesen sein.

Das Verfahren selbst startet wieder schleppend – mit Anträgen der Verteidiger. Zunächst beklagt sich Rechtsanwalt Andreas Kerkhof darüber, dass er zu wenig Platz habe, selbst im Tierheim sei es besser, sagt er. Zwei weitere Tische werden gebracht, Mikrofone umgebaut und Spuckschutz-Wände verschoben. Rechtsanwalt Wolfgang Heer, der den Mitangeklagten Eugen W. vertritt, steht mit verschränkten Armen da und schaut zu, wie seine Kollegin und die Pressesprecherin des Landgerichts gemeinsam einen der wuchtigen Holztische zurechtrücken. Mit fast einer Stunde Verspätung kann der Prozess beginnen.

Doch Heer stellt gleich den nächsten Antrag. „Mein Mandant klagt aktuell über sehr starke Schmerzen in den Schultern“, sagt er. Eugen W. habe zwar eine Schmerztablette eingenommen, fühle sich aber nicht verhandlungsfähig. Heer beantragt eine Unterbrechung der Hauptverhandlung. Der Vorsitzende Richter Michael Bern fragt, warum der Mandant sich nicht am Dienstag oder am Mittwochmorgen in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf beim medizinischen Dienst gemeldet habe. „Der ist ab sieben Uhr verfügbar“, sagt Bern. Er unterbricht die Verhandlung dann zunächst zur Beratung der Kammer – und verkündet nach einer weiteren halben Stunde, die Hauptverhandlung zu unterbrechen. Eugen W. soll nun am Donnerstag in der JVA geröntgt werden. Fünf Zeugen werden kurz reingerufen und nach Hause geschickt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Drach mehrere  Überfälle auf Geldtransporter vor. Bei zwei Taten soll er dabei auf Wachmänner geschossen und sie schwer verletzt haben. Neben den schweren Raubtaten wird dem 61-Jährigen auch versuchter Mord zur Last gelegt. Der Mitangeklagte soll sein Komplize gewesen sein. Beide Angeklagte schweigen bislang zu den Vorwürfen.

Sechs Prozesstermine sind zuletzt ausgefallen, weil verschiedene Verfahrensbeteiligte an Corona erkrankt waren. Verhandlungstermine sind eigentlich bis zum 29. September 2022 festgelegt, aber der Prozess dürfte deutlich länger dauern. Nachdem Richter Bern am Mittwoch die Unterbrechung verkündet hat, stellt Drachs zweiter Verteidiger, Rechtsanwalt Dirk Kruse, auch noch einen Antrag. Es geht um Videos aus Überwachungskameras, die im Prozess als Beweismittel gesichtet werden sollen, und die den Anwälten offenbar nicht vorliegen. Richter Bern wiederholt, was er schon bei einem der letzten Termine gesagt hatte: „Sie können mit der Geschäftsstelle einen Termin vereinbaren und die Videodateien dann in Augenschein nehmen.“ Es gehe um zu große Datenmengen, als dass man diese auf einen Datenträger ziehen könne. „Und wir sind hier nicht die Kopierstelle,“ sagt Bern. Es habe ohnehin einige Verwunderung bei der Kammer hervorgerufen, dass die Anwälte die vergangenen Wochen, in denen der Prozess pausieren musste, nicht genutzt hätten, um die Dateien zu sichten.

Am kommenden Freitag soll der Prozess fortgesetzt werden – es sei denn, Eugen W. ist ernsthaft erkrankt.

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