Leverkusener Clanmitglieder vor Gericht Die Masche von Teppichhändler „Mustafa“

Köln · Michael G. und seine Verwandten sind weit über Leverkusen hinaus bekannt: Immer wieder stehen Mitglieder der Familie vor Gericht. In Köln muss sich der 41-Jährige nun einmal mehr wegen Bandenbetrugs verantworten.

 Michael G. (r.) neben seinem Verteidiger Edip Resit am Montag im Kölner Landgericht.

Michael G. (r.) neben seinem Verteidiger Edip Resit am Montag im Kölner Landgericht.

Foto: Hauser

Michael G. soll in Saal 210 des Kölner Landgerichts eigentlich nur die Frage nach seinem Familienstand beantworten, da fließen seine Tränen. Der 41-Jährige tupft sich immer wieder mit einem Taschentuch ins Gesicht, bevor er sagt: „Verheiratet nach Roma-Art, vier Kinder, vier Enkelkinder.“ Die Verwandtschaft im Zuschauersaal leidet mit ihm und schnäuzt in Papiertaschentücher. Besonders haftempfindlich, wie es im Juristendeutsch heißt, dürfte der Angeklagte aber nicht sein. „Don Mikael“, wie das Mitglied einer Leverkusener Roma-Großfamilie genannt wird, ist mehrfach vorbestraft. Er hat schon mehr als fünf Jahre im Gefängnis verbracht, vor allem wegen Betrugs – seine Opfer waren meist ältere Menschen.

Im Prozess, der am Montag in Köln startete, geht es wieder um gewerbsmäßigen Bandenbetrug. Neben Michael G. hat die Staatsanwaltschaft zwei weitere Männer angeklagt: G.s Cousin Richard K. und Romek T., 39 und 51 Jahre alt. Zu dritt sollen sie ein älteres Ehepaar aus Niedersachsen mit dem so genannten Teppichtrick um 80.000 Euro betrogen haben. Michael G. soll sich das Vertrauen des Paares (beide 76 Jahre alt) ab April 2017 nach und nach erschlichen haben. Er gab sich als Teppichhändler „Mustafa“ aus, man habe vor zehn Jahren schon einmal Geschäfte miteinander gemacht.

 Der zweite Angeklagte Richard K. mit Rechtsanwalt Andreas Stage (l.). Hinten Rechtsanwalt Martin Bücher.

Der zweite Angeklagte Richard K. mit Rechtsanwalt Andreas Stage (l.). Hinten Rechtsanwalt Martin Bücher.

Foto: Hauser

Über Monate blieb er offenbar mit dem Paar in Kontakt, bevor er die beiden nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft im Oktober 2017 um Hilfe bat: Er brauche 80.000 Euro, um im Hamburger Hafen einen Container mit wertvollen Teppichen auszulösen. Das Paar war bereit, ihm das Geld zu leihen – als Sicherheit bekam es laut Anklage Teppiche, die angeblich einen Wert von 60.000 Euro hatten, tatsächlich aber war es Ramsch-Ware. Richard K. sollte als „Pfand“ bei den Eheleuten bleiben, außerdem bekamen sie Datteln und Safran geschenkt und sollten als Dank für die Leihgabe 10.000 Euro bekommen. Doch K. verschwand und das Paar sah auch Michael G. und die 80.000 Euro nicht wieder.

Die Beute sollen die drei Angeklagten geteilt haben. Richard K. und Romek T. kündigten über ihre Verteidiger Geständnisse an. Michael G. ließ noch offen, ob er sich im Prozess zu den Tatvorwürfen äußert. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Die Betrugsopfer sind dann als Zeugen geladen.

Die Leverkusener Großfamilie war zuletzt im Frühjahr wegen einer Großrazzia in den Schlagzeilen. Mehrere Dutzend Mitglieder sind polizeibekannt. Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse der verschwägerten Roma-Sippen können auch die Behörden nur schwer benennen. Viele Familienmitglieder beziehen Sozialleistungen, leben aber in einer Villa, tragen teure Uhren und Schmuck. Bei der Durchsuchung beschlagnahmten die Ermittler einen Ferrari, mehrere Mercedes S-Klasse und Porsche – insgesamt sieben Sportwagen standen in den Garagen. Geschätzter Wert: 800.000 Euro. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – unter anderem wegen Sozialleistungsbetrugs im großen Stil und Geldwäsche betrügerisch erlangter Schwarzgelder – laufen noch.

Ein Urteil in diesem ersten Prozess wird für Anfang November erwartet.

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