Viele offene Stellen in NRW-Betrieben 15 Flüchtlinge sollen in Köln Busfahrer werden

Köln · Hitzig wurde in Deutschland über die Arbeitsmarkt-Integration von Flüchtlingen gestritten. Neue Zahlen deuten nun darauf hin, dass es besser läuft als erwartet. Viele Betriebe in NRW werben Flüchtlinge inzwischen gezielt an - in Köln sollen 15 zu Busfahrern ausgebildet werden.

 Roni Nasra wird in Köln zum Busfahrer ausgebildet.

Roni Nasra wird in Köln zum Busfahrer ausgebildet.

Foto: dpa/David Schwarz

Warum er Busfahrer werden will? Roni Nasra mag es, unterwegs zu sein: „Ich drehe gerne meine Runden in den Straßen und freue mich, neue Leute kennenzulernen. Das macht mir Spaß.“ Der 39-jährige Syrer ist einer von 15 Flüchtlingen, die die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) innerhalb eines Jahres zu Busfahrern ausbilden wollen. Ein Projekt, das den geflüchteten Menschen die Integration erleichtern soll, hinter dem aber auch ein klares wirtschaftliches Interesse steckt: Immer mehr Betriebe haben Probleme, offene Stellen zu besetzen oder geeignete Auszubildende zu finden. Da kann das gezielte Anwerben von Flüchtlingen Abhilfe schaffen.

„Das ist eine Win-Win-Situation“, sagte Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) bei der Vorstellung des zweiten Jahrgangs der Busfahrschule für Flüchtlinge der KVB am Dienstag. „Wir ermöglichen den Menschen, auf eigenen Beinen zu stehen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und profitieren von ihnen als Fachkraft.“ Es zeige auch, dass die Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, „sich einbringen möchten“. Über diese positiven Geschichten der Integration müsse mehr gesprochen werden. Inzwischen haben nach einer Aussage von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer fast 400 000 Flüchtlinge in Deutschland einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz.

Nasra kam im September 2015 nach Deutschland. Er flüchtete vor dem Krieg in seiner Heimat. Inzwischen hat er auch seine Frau und seine drei Kinder nachgeholt. Die Familie fühlt sich wohl in Köln. „Meine Nachbarn sind sehr nett. Die Leute lächeln hier sehr viel - und ich lächle zurück“, sagt der 39-Jährige.

Nun will er Busfahrer werden. „Das ist eine sichere Arbeit, eine sichere Stelle.“ So könne er seine Familie unterstützen. Dass er dafür einen Beruf ausüben muss, der wenig mit seiner vorherigen Arbeit zu tun hat, bei dem er ganz von vorne anfangen muss, nimmt er billigend in Kauf. Der gelernte Elektriker leitete in Syrien seine eigene Textilfabrik.

In anderen Städten in Nordrhein-Westfalen gibt es ähnliche Initiativen. „Wir haben seit längerer Zeit Probleme, unsere leeren Stellen im Fahrdienst zu besetzen. Deswegen entwickeln wir gezielte Recruiting-Kampagnen und arbeiten eng mit Jobcentern, Arbeitsagenturen aber auch Flüchtlingsinitiativen zusammen“, sagt Alke Coqui von der Rheinbahn in Düsseldorf. Allein im technischen Bereich bilde man zehn Flüchtlinge aus. Die ersten Azubis sind mittlerweile in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen worden. Auch die Stadtwerke Münster vergeben einige ihrer Ausbildungsplätze gezielt an geflüchtete Menschen.

Doch nicht nur Busfahrer werden immer häufiger händeringend gesucht, auch an Pflegepersonal mangelt es. Am Universitätsklinikum Essen haben fünf Flüchtlinge vor acht Monaten ihre Berufsbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger und zur Medizinisch-Technischen Assistentin aufgenommen. Für alle diese Ausbildungen sind gute Deutschkenntnisse unerlässlich. Dafür nehmen die Betriebe Sprachkurse als zentrales Element in die Ausbildungspläne auf - indem sie Deutschlehrer einstellen oder Intensiv-Sprachkurse durchführen.

Einen wichtigen Satz für Busfahrer bekamen Roni Nasra und seine Kollegen von ihrem neuen Chef, KVB-Vorstand Jürgen Fenske, schon am Dienstag mit auf den Weg: „Allzeit gute Fahrt! Und herzlich willkommen.“

(hsr/dpa)
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