Prozess um "Galopper des Jahres" in Köln "Da hängt Kohle dran ohne Ende, deshalb sitzen wir hier"

Köln · Ein ungewöhnlicher Fall beschäftigt das Kölner Landgericht: Der Besitzer eines Rennpferdes klagt, weil sein Pferd bei einem Derby nur Dritter wurde - angeblich, weil die beiden Erstplatzierten ihre Tiere regelwidrig zum Sieg gepeitscht hatten. Es geht um viel Geld.

 Das Pferd Dschingis Secret. (Archiv)

Das Pferd Dschingis Secret. (Archiv)

Foto: Marc Rühl

Mit einem Korb voll Möhren wurde das Rennpferd Dschingis Secret am Ostermontag auf der Rennbahn in Köln-Weidenpesch zum "Galopper des Jahres" gekürt — nun beschäftigt der fünf Jahre alte Hengst das Kölner Landgericht.

Dabei geht es um ein Pferderennen im Juli 2016. In Hamburg trat der Hengst vom Gestüt Röttgen damals beim Deutschen Galopper-Derby an. Dschingis Secret galoppierte als Dritter ins Ziel, der Hengst Isfahan gewann, auf den zweiten Platz schaffte es Savoir Vivre. Ihre Besitzer bekamen Preisgelder von 390.000 beziehungsweise 130.000 Euro. Für den dritten Platz gab es 78.000 Euro.

Dschingis Secrets Besitzer Horst Pudwill protestierte: Er ist davon überzeugt, dass die Jockeys auf Isfahan und Savoir Vivre die Pferde beim Rennen öfter als erlaubt gepeitscht haben — und Dschingis Secret ungerechtfertigt nur auf Platz drei landete. Fünf Gertenhiebe pro Rennen sind erlaubt. Besitzer Pudwill fordert deshalb, die beiden anderen Pferde für das Derby nachträglich zu disqualifizieren und die Preisgelder anders zu verteilen.

Ein Renngericht hat sich schon zweimal mit der Klage gegen das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen befasst — und es abgelehnt, die Erstplatzierten zu disqualifizieren. Nun liegt der Fall bei einer Zivilkammer des Kölner Landgerichts. Der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Becks stellt gleich klar: "Man muss hier die sportliche und die juristische Ebene trennen. Das Ergebnis des Derbys können wir nicht ändern." Das Zivilgericht könne außerdem nicht entscheiden, unter welchen Umständen ein Pferd zu disqualifizieren sei.

Die Frage ist nun, ob die Entscheidung des Renngerichts wirksam ist, also ob das damalige Verfahren ordnungsgemäß gelaufen ist. "Wir sagen nein", sagt Richter Becks. Ein übergeordnetes Gericht hatte das Verfahren nach einer Revision zur erneuten Verhandlung an das Renngericht zurückverwiesen — das Gericht entschied aber ohne neue Verhandlung noch einmal, die Pferde nicht zu disqualifizieren. Nach Auffassung der Kölner Kammer ist das ein schwerer Verfahrensfehler. Nach der Aufhebung hätte neu verhandelt werden müssen, das Renngericht habe sich also einfach über das übergeordnete Gericht hinweggesetzt.

Die Fronten zwischen Pferdebesitzer und dem Direktorium für Vollblutzucht und Rennen sind verhärtet. Eine gütliche Einigung scheint unmöglich. Rechtsanwalt Daniel Scheerer, der den Besitzer von Dschingis Secret vertritt, sagt: "Da hängt Kohle dran ohne Ende, und deshalb sitzen wir hier." Er sei bereit, durch sämtliche Instanzen zu gehen. Ihm geht es auch um die Grundsatzfrage, wie die Regelung des Peitscheneinsatzes bei Rennen umgesetzt wird.

Ende Juni gibt es nun einen erneuten Termin vor dem Kölner Landgericht. Wenn die Kammer dann tatsächlich entscheidet, dass die Entscheidung des Renngerichts unwirksam ist, geht alles wieder von vorne los.

Bei der Wahl zum Galopper des Jahres siegte Dschingis Secret übrigens eindeutig: Der Hengst bekam 56,6 Prozent der Stimmen - interessierte sich aber nur für die Mohrrüben.

(hsr)
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