Ehemaliger Kölner-Haie-Spieler vor Gericht „Total aus dem Ruder gelaufen“

Köln · Ein ehemaliger Eishockeyprofi der Kölner Haie wurde im vergangenen Sommer von einem Polizisten krankenhausreif geschlagen - und sitzt nun auf der Anklagebank. Er sagt, der Polizeieinsatz sei völlig unverhältnismäßig gewesen.

 Ex-Eishockeyprofi Ralf Hafeneger (l.) mit Rechtsanwalt Thomas Ohm.

Ex-Eishockeyprofi Ralf Hafeneger (l.) mit Rechtsanwalt Thomas Ohm.

Foto: RPO/Claudia Hauser

Ralf Hafeneger wird von seinem Anwalt als „harter Knochen“ bezeichnet. „Als Eishockey-Spieler lernt man, nicht rumzumemmen – die spielen auf dem Eis ja kein Tennis“, sagt Rechtsanwalt Thomas Ohm am Mittwoch im Kölner Amtsgericht. Doch wenn der Ex-Profi der Kölner Haie erzählen soll, was in der Nacht des 30. Juli vergangenen Jahres geschehen ist, versagt ihm die Stimme. „Das hier ist sehr schwer für mich“, sagt Hafeneger und kann seine Tränen nicht zurückhalten.

Er ist angeklagt wegen Widerstands gegen Amtsträger, gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Drei Polizeibeamte behaupten, Hafeneger sei in jener Nacht im Kölner Stadtteil Longerich mit seinem weißen Mercedes-Kastenwagen auf einen der Beamten zugefahren, er sei den Anweisungen, sofort auszusteigen, nicht gefolgt und habe dann wild um sich geschlagen. Laut Anklage konnten die drei Beamten den 50-Jährigen nur mit Mühe am Boden fixieren.

Hafeneger sagt: „Das stimmt nicht. Wir haben die Polizei doch selbst gerufen.“ Seine Lebensgefährtin habe kurz vor Mitternacht Stimmen auf dem Grundstück gehört und ihn gebeten, nachzusehen. Sie alarmierte währenddessen die Polizei und sagte, es seien vermutlich Einbrecher auf dem Gelände. Es habe in der Nachbarschaft immer wieder Einbrüche gegeben. Ein erster Streifenwagen rückte nach wenigen Minuten an, gefolgt von einem Polizeibulli. Die drei Beamten im Bulli, zwei Frauen und ein Mann, trafen auf Hafeneger im weißen Kastenwagen – und hielten ihn für einen Einbrecher. Hafeneger hatte sich in den Mercedes gesetzt und war losgefahren, um Ausschau nach möglichen Tätern zu halten, sagt er. Mit den Beamten im ersten Streifenwagen hatte er kurz gesprochen und ihnen gesagt, dass seine Freundin den Notruf gewählt habe. Doch nun eskalierte die Situation bei der Begegnung mit den Beamten im Bulli. Der Ex-Profisportler sagt, die Polizisten seien herausgesprungen, einer habe gebrüllt: „Stehenbleiben!“ – Hafeneger bremste.

„Der Polizist kam dann zum Fenster, hat irgendwas gesagt und mir sofort ins Gesicht geschlagen“, sagt Hafeneger. Der Faustschlag zertrümmerte Hafenegers linke Augenhöhle. „Der Polizist zog mich aus dem Auto, kugelte mir die Schulter aus.“ Er sei völlig geschockt gewesen, habe vor Schmerzen geschrien, als der Beamte und seine Kolleginnen ihn zu Boden gedrückt und zwei sich auf seinen Rücken gekniet hätten. „Die haben mir die Arme nach hinten gedreht, ich hab sie angefleht, mir keine Handschellen anzulegen, ich hab wirklich gebettelt. Ich weiß, wie man eine Schulter wieder einrenkt, aber das muss man schnell machen“, sagt er. Blut sei aus seiner Augenhöhle geflossen. „Die waren so aggressiv, es ist mir ein absolutes Rätsel, was da passiert ist.“ Eine der Beamtinnen habe ihn mehrmals gegen den Kopf getreten, als er am Boden lag.

 Ralf Hafeneger in der Nacht des Einsatzes.

Ralf Hafeneger in der Nacht des Einsatzes.

Foto: Privat

Die 22-jährige Polizistin bestreitet das. „Er hat sich konstant gewehrt, war kaum runterzubringen“, sagt sie im Zeugenstand. Im Nachhinein habe sie geärgert, dass der Einsatz „total aus dem Ruder gelaufen ist“. Zu ihr habe Hafeneger noch gesagt: „Ich bin der Geschädigte.“ Das habe ihr Kollege allerdings nicht gehört, der habe den Mann im Kastenwagen weiter für einen möglichen Täter gehalten. Auch er sagt im Amtsgericht als Zeuge aus. „Der Mercedes kam auf mich zu, nachdem ich den Fahrer schon aufgefordert hatte anzuhalten, ich konnte mich nur durch einen Sprung zur Seite retten“, sagt er. Der 31-jährige Kommissar, der bei dem Einsatz am Arm verletzt wurde, sagt: „Ich denke im Nachhinein: Er war im Jagdwahn, wollte die Einbrecher fangen.“ Er habe zwar durchs Fenster in den Lieferwagen gegriffen und versucht, über Hafeneger hinweg den Zündschlüssel abzuziehen, ihn aber nicht im Auto, sondern erst draußen einmal geschlagen, nachdem der 50-Jährige sich nicht beruhigt habe.

Das Gericht muss nun entscheiden, wem es glaubt. Dazu werden auch einige Nachbarn als Zeugen geladen. Mindestens einer von ihnen könnte Hafeneger entlasten, er hatte schon im Verfahren gegen die Polizisten seine Version der Geschehnisse gestützt. Hafeneger hatte die Beamten wegen schwerer Körperverletzung angezeigt. Das Verfahren war eingestellt worden.

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