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Vegetarische Kost in Köln Kein Fleisch auf dem Kita-Speiseplan - wie klappt das?

Köln · Kein Fleisch auf dem Speiseplan? Für viele Menschen ein No-Go. Nicht aber für einen Kindergarten in Köln. Hier gehört die vegetarische Ernährung schon seit zwei Jahren zum Alltag.

 Kinder in der Kölner Kita sitzen an einem langen Tisch beim vegetarischen Mittagessen.

Kinder in der Kölner Kita sitzen an einem langen Tisch beim vegetarischen Mittagessen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Viele Kinderaugen schauen erwartungsvoll in Richtung Küche. Die Lätzchen sitzen. Im hellen Speiseraum hängen Basilikumpflanzen neben selbstgemalten Bildern, und restaurierte Möbel geben dem Raum einen gemütlichen Flair. Heute gibt es „Tirşik“, einen türkischen Gemüseeintopf. Durch einen Durchbruch in der Wand können die Kinder den 40-jährigen Koch beobachten, der gerade etwas Reis auf einem Teller anrichtet.

Im „Fröbel Kindergarten Kalk“ in Köln gibt es seit der Eröffnung vor über zwei Jahren kein Fleisch auf der Speisekarte. „Es gibt viele Gründe, warum wir uns dazu entschieden haben, vom ersten Tag an vegetarisch zu sein“, erklärt Kindertagesstätten-Leiterin Jennifer Rienks. Vor allem betont die 35-Jährige dabei integratives Kochen mit Kindern aus vielen Kulturen und geringere Umweltbelastung.

Tom Mackenrodt ist Koch im Fröbel-Kindergarten Kalk, der schon rund zwei Jahren ein rein vegetarisches Menü für die Kinder anbietet.

Tom Mackenrodt ist Koch im Fröbel-Kindergarten Kalk, der schon rund zwei Jahren ein rein vegetarisches Menü für die Kinder anbietet.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die null- bis siebenjährigen Kinder kommen in der Kindertagesstätte aus ungefähr 30 verschiedenen Ländern. Diese „unterschiedlichen kulturellen und religiösen“ Hintergründe wirkten sich „natürlich auch auf die Ernährung aus“, erklärt Rienks. Durch eine vegetarische Verpflegung sei es den 112 Kindern möglich, „das gleiche Essen gemeinsam zu genießen“. Nur selten wünschten Kinder sich Fleisch auf dem Essensplan. „Den Kindern fällt es im Alltag gar nicht so auf, dadurch, dass das Essen bei uns auch so vielseitig ist.“

Ungefähr 500 verschiedene Gerichte habe Koch Tom Makenroth bereits gezaubert. „Es kommt durchaus mal vor, dass Kinder sich aber auch ein Schnitzel wünschen.“ Dann gebe es auch Schnitzel - „das ist dann einfach ohne Fleisch, dafür mit Fleischersatz“, so Rienks. „Es sind eher die Eltern, die schon mal nachfragen.“ Für viele der Erziehungsberechtigten sei es aber sogar ein positives Kriterium, dass die Kindertagesstätte lediglich fleischfreie Gerichte anbietet. Anderen sei es egal. „Es gibt aber schon mal Gespräche, die wir führen, wo wir dafür werben müssen“, sagt Rienks.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt „für die Gemeinschaftsverpflegung von Kindern in der Mittagsverpflegung maximal eine Fleischmahlzeit pro Woche“. Außerdem gibt es „in den meisten Familien abends trotzdem noch Wurst oder am Wochenende mal ein Schnitzel, und das ist auch völlig in Ordnung“, sagt die Erzieherin.

Der Verzicht auf Fleisch sei auch ein wirtschaftliches Thema. Dadurch könne man sich hochwertige fleischfreie Lebensmittel leisten - oder mit dem gesparten Geld den Gemüseacker mit mittlerweile 17 verschiedenen Pflanzen im Innenhof vergrößern. „Bald ziehen noch Hühner und ein Hahn bei uns ein“, sagt die Leiterin lächelnd. Beide würden sich auf dem Essensplan aber garantiert nicht wiederfinden.

Ein anderer Grund für die vegetarische Küche ist der geringere CO2-Ausstoß. „Nachhaltiger geht es nicht“, sagt der 40-jährige Koch der Einrichtung und sammelt die Reste des Gemüses zusammen, die er weiterverwerten möchte.

Laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) werden bei Gerichten mit Fleisch deutlich höhere CO2-Emissionen verursacht. Eine Lasagne mit Rinder-Hackfleisch erzeugt dabei beispielsweise 1,6 Kilogramm CO2-Äquivalente während die vegetarische Option mit Sojagranulat lediglich 700 Gramm CO2-Emissionen verursacht.

Auch auf Plastik verzichte die Einrichtung in Köln weitgehend. Für das Mobiliar hat die Kindertagesstätte Keller und Dachböden anderer Einrichtungen durchforstet und alte Möbel geholt, „die wir dann hier upgecycelt haben“, sagt die Leiterin.

Vegetarische Ernährung liegt durchaus im Trend. Allein 41 Einrichtungen des Trägers in Nordrhein-Westfalen versorgen die Kinder laut Angaben einer Fröbel-Sprecherin ohne Fleisch. Auch die DGE bestätigt den Trend in einem Ernährungsbericht von Ende 2020. „Die Praxis der vergangenen Jahre zeigte, dass vegetarische Angebote in der Kita immer mehr an Bedeutung gewinnen.“

Damit „eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen auch ohne Fleisch, Fleischprodukte und Fisch gesichert ist“ bietet die DGE ein Zertifizierungsprogramm für vegetarische Mittagsverpflegung an.

(top/dpa)
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