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"Urban Burgery" in Köln schließt nach Hasskommentaren "Ich würde den 'Erdogan Burger' immer wieder anbieten"

Köln · Nach Hasskommentaren auf Facebook wegen eines "Erdogan Burgers" ist die "Urban Burgery" in Köln vorübergehend geschlossen worden. Wir haben mit Inhaber Jörg Tiemann gesprochen, wie er jetzt über den Burger denkt und wann er wieder öffnen will.

 Jörg Tiemann in der "Urban Burgery" in Köln.

Jörg Tiemann in der "Urban Burgery" in Köln.

Foto: Urban Burgery

Herr Tiemann, wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen "Erdogan Burger" mit Ziegenkäse anzubieten?

Tiemann: Der Auslöser war ein Urteil gegen einen Journalisten in der Türkei, der zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, weil er in einem Kommentar erwähnt hatte, das Land werde unter Erdogan zunehmend zu einem autokratischen Staat. Ich fand es schlimm, dass niemand etwas dagegen sagt — weder in der Türkei noch hier. Und da fragte ich mich: Was kann ein kleiner Laden wie wir tun, um Stellung zu nehmen? Zumal unser Motto seit Beginn "Politisch essen" lautet. So war die Idee zu dem Burger geboren. Wir wollen damit auch Solidarität zu Jan Böhmermann zeigen, denn es ist doch furchtbar, was Erdogan tut, um ihn mundtot zu machen. Doch eigentlich ist es ein Bekenntnis zur Presse- und Meinungsfreiheit.

Wie kam der Burger in Köln an?

Tiemann: Sehr gut. Wir arbeiten mit einem Lieferservice zusammen. In der ersten Woche waren 75 Prozent aller Bestellungen der "Erdogan Burger". Einen Tag mussten wir schließen, weil wir keine Ware mehr hatten. Uns haben viele auf die Aktion angesprochen und sich positiv geäußert. Das sieht man auch in manchen Kommentaren auf Facebook.

 Das ist der "Erdogan Burger", den Tiemann in seinem Laden anbot.

Das ist der "Erdogan Burger", den Tiemann in seinem Laden anbot.

Foto: Urban Burgery

Allerdings gab es bei Facebook viele Hasskommentare, mitunter Drohungen. Wann haben sie beschlossen, den Laden vorübergehend zu schließen?

Tiemann: Als ich die Sicherheit meiner — überwiegend türkischen — Mitarbeiter bedroht sah. Zwei Facebook-Kommentare waren der Auslöser. Der eine bezeichnete uns als "Bastard" und rief dazu auf, unserem Laden mal einen Besuch abzustatten. In dem anderen wollte uns jemand die AKP und die türkisch rechte Organisation der Grauen Wölfe ins Geschäft schicken. Ich selbst habe keine Angst, aber ich stehe ja auch nicht im Laden. Eine meiner türkischen Mitarbeiterinnen hat sogar direkt gekündigt aus Angst um ihre Familie, wenn sie mit unserem Laden in Verbindung gebracht wird.

Haben Sie Anzeige erstattet?

Tiemann: Ja, aber nicht wegen der Beleidigungen, denn eine Anzeige wegen Beleidigung halte ich im 21. Jahrhundert für übertrieben. Aber die konkreten Drohungen haben uns veranlasst, zur Polizei zu gehen.

Bereuen Sie die Aktion?

Tiemann: Nein, ich würde das immer wieder tun. Wir bereiten auch schon unsere nächste Aktion vor. Wir wollen einen Cookie anbieten und 100 Prozent des Geldes aus dem Verkauf den Familien der Journalisten Can Dündar und Erdem Gül zukommen lassen, die gerade zu langen Haftstrafen verurteilten wurden. Wir haben bereits mit Reporter ohne Grenzen gesprochen, die uns den Kontakt mit den Anwälten der Journalisten vermitteln werden. Übrigens soll der Keks "Böhmermann Cookie" heißen.

Wann wollen Sie ihren Laden wieder öffnen?

Tiemann: Sobald wir geeignete Sicherheitsmaßnahmen ergriffen haben. Das heißt, wenn die Videoüberwachungsanlage, die wir jetzt gekauft haben, installiert ist. Ich hoffe, dass das übermorgen der Fall sein wird.

(das)
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