Hozan Cane Kölner Sängerin kommt nach mehr als zweijähriger Haft in Türkei frei

Istanbul · Die Kölner Sängerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane ist nach mehr als zwei Jahren Haft in der Türkei freigelassen worden. Sie hat das Gefängnis im Istanbuler Stadtteil Bakirköy in der Nacht zum Donnerstag verlassen. Ihre Tochter steht weiterhin unter Arrest.

 Die deutsch-kurdische Sängerin Hozan Cane (Archivbild).

Die deutsch-kurdische Sängerin Hozan Cane (Archivbild).

Foto: dpa/--

Das sagte Newroz Akalan der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Ein Gericht habe zuvor dem Einspruch der Verteidigung, dass die lange Haftzeit unverhältnismäßig sei, stattgegeben und die Freilassung Canes angeordnet. Es sei allerdings eine Ausreisesperre verhängt worden, sagte Akalan.

Die Sängerin war kurz vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen im Juni 2018 in Edirne festgenommen worden. Im November desselben Jahres wurde sie zu sechs Jahren und drei Monaten Haft wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation verurteilt. Im August wurde das Verfahren neu aufgerollt, nachdem das höchste Berufungsgericht das Urteil nicht bestätigt hatte. Es gebe keine klaren Beweise für die unterstellte Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, hieß es zur Begründung. Die Anklage hatte sich unter anderem auf Inhalte von Facebook- und Twitter-Profilen gestützt. Der Fall hatte die deutsch-türkischen Beziehungen belastet.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe, der das Verfahren gegen Cane beobachtet, sagte der dpa: „Hozan Cane war zu Unrecht im Gefängnis. Sie ist eine Sängerin, die sich mit ihrer Kunst politisch engagiert hat. Das ist aber kein Verbrechen.“

Beim vergangenen Verhandlungstag im August hatte das Gericht im westtürkischen Edirne die Freilassung der Sängerin noch abgelehnt, unter anderem mit der Begründung, dass Fluchtgefahr bestehe und es noch eine medizinische Untersuchung zum Gesundheitszustand Canes abwarten wolle. Die Sängerin hatte angegeben, dass sie unter schwerem Asthma und Bluthochdruck leide und sich ihr gesundheitlicher Zustand in der Haft verschlechtert habe. Cane hat kurdische Wurzeln und besitzt allein die deutsche Staatsbürgerschaft. Ihr Prozess wird am 20. Oktober fortgesetzt.

Canes Tochter Gönül Örs ist ebenfalls wegen Terrorvorwürfen in der Türkei angeklagt. Im Gegensatz zu ihrer Mutter darf sie das Land weiter nicht verlassen. Die Ausreisesperre und die polizeiliche Meldepflicht blieben bestehen, entschied das Gericht im Istanbuler Stadtteil Caglayan am Donnerstag. Die nächste Verhandlung wurde für den 21. Januar 2021 angesetzt. Dann werde eine Entscheidung fallen, sagte der Richter. Im Juni hatte das Gericht den Hausarrest gegen Örs aufgehoben, aber eine Ausreisesperre mit Meldepflicht verhängt. Örs zeigte sich erleichtert über die Freilassung ihrer Mutter, aber enttäuscht über die Beibehaltung ihrer eigenen Ausreisesperre. „Ich bin also noch drei Monate da“, sagte sie. Sie habe gehofft, dass die Entlassung der Mutter ein gutes Zeichen sei.

Örs wird der Anklageschrift zufolge Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, Freiheitsberaubung unter Gewaltanwendung oder Täuschung und „Entführung oder Beschlagnahmung“ von Beförderungsmitteln vorgeworfen. Hintergrund der Anklage war eine Protestaktion im Jahr 2012 auf einem Schiff in Köln. In Deutschland wurde nach Angaben der Anwältin eine Ermittlung gegen Örs in diesem Fall eingestellt. Die türkische Ermittlungsakte stütze sich demnach auf damalige Informationen eines BKA-Kontaktbeamten.

SPD-Politiker Schwabe sagte weiter, er erwarte nun, dass die Ausreisesperre gegen Örs aufgehoben werde und auch Cane nach der Fortsetzung ihres Prozesses in wenigen Wochen das Land verlassen könne.

(felt/mba/dpa)
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