Mutter und neugeborenes Baby in Köln gestorben Ermittler finden Giftstoff in Glukosebehälter aus Apotheke

Köln · Nachdem eine schwangere Frau und ihr Kind nach Einnahme eines in einer Kölner Apotheke hergestellten Glukosemittels gestorben war, gab die Polizei nun bekannt: In den Behältern mit dem Mittel wurde eine giftige Substanz gefunden.

 Die Apotheke in Köln Longerich.

Die Apotheke in Köln Longerich.

Foto: Hauser

Nach dem Tod einer 28-jährigen Kölnerin und ihres per Notkaiserschnitt geborenen Babys haben die Ermittler in einem Glukosebehälter einer Apotheke Gift entdeckt. In dem Behältnis sei „ein toxischer Stoff“ gefunden worden, sagte Kölns Kripo-Vizechef Andreas Koch am Dienstag. Es gebe aber keine Hinweise, dass der Fall überregionale Dimensionen annehmen könne - es handle sich „mit höchster Wahrscheinlichkeit um ein lokales Ereignis".

So gab es Koch zufolge keine Anhaltspunkte, dass die Kontamination beim Hersteller der Glukose aufgetreten sein könnte. Auch seien nach bisherigen Erkenntnissen der ermittelnden Mordkommission keine anderen Apotheken betroffen. Koch warnte Kunden der betreffenden Apotheke in Köln-Longerich erneut vor dem Verwenden dort gekaufter Glukosesubstanzen.

Es gebe weiter keine abschließende Klarheit, ob Patienten und Kunden noch die Substanz zu Hause hätten, sagte Koch. Allerdings hätten die Ermittler nach ihrer Warnung vor der Einnahme von Glukosepräparaten aus der Longericher Apotheke zunächst keine Hinweise darauf erhalten, dass solche Präparate sich noch im Besitz weiterer Patienten befinden könnten.

Der Obduktion zufolge starb die 28-Jährige am vergangenen Donnerstag an einem multiplen Organversagen. Neben der verstorbenen Frau und ihrem Kind hatte auch eine andere Frau bei dem Diabetestest in der Schwangerschaft Symptome gezeigt. Diese Frau brach den Test jedoch wegen eines eigenartigen Geschmacks der Glukose ab. Sie kam ins Krankenhaus, konnte die Klinik aber einen Tag später wieder verlassen.

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall nun gegen Unbekannt wegen eines Tötungsdelikts. Noch sei unklar, ob die giftige Substanz fahrlässig oder aber vorsätzlich der Glukose zugesetzt worden sei, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Um welchen toxischen Stoff genau es sich handelte, wollte Bremer mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen.

Die Todesfälle stellen den Inhaber der Apotheke nach eigenen Angaben vor ein Rätsel. „Ich bin fassungslos, ich kann es mir nicht erklären“, sagte der Apothekeninhaber Till Fuxius der Deutschen Presse-Agentur. Er vertraue auf die Ermittlungen der Polizei. „Dabei bin ich Zeuge, nicht Beschuldigter“, betonte der Apotheker.

Die 28-jährige schwangere Kölnerin war nach der Einnahme des Traubenzuckers im Zuge eines Glukosetoleranztests ins Kölner Universitätsklinikum eingeliefert worden und dort gestorben. Die Ärzte nahmen bei der Frau noch einen Notkaiserschnitt vor, das Neugeborene starb jedoch am Freitag ebenfalls.

Die Leiche der Frau wurde am Freitag obduziert. Laut vorläufigem Obduktionsergebnis konnte die genaue Ursache für das multiple Organversagen aber nicht geklärt werden, wie Koch sagte.

Ebenfalls am Freitag beauftragten die Ermittler demnach die Rechtsmediziner mit der Untersuchung des Glukosebehältnisses aus der Apotheke. Dabei wurde dann der toxische Stoff nachgewiesen.

Das entsprechende Untersuchungsergebnis lag den Behörden nach deren Angaben am Montagnachmittag vor. Wenige Stunden danach gaben Stadt und Polizei die Warnung an die Kunden der Apotheke heraus.

Der Apothekerverband sieht nach dem Fall in Köln keinen Grund, selbsthergestellte Arzneien aus Apotheken generell in Misskredit zu ziehen. „Apotheken stellen regelmäßig Arzneimittel her, und das in sehr hoher Qualität“, sagte der Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Mathias Arnold, am Dienstag. Der Vorfall in einer Kölner Apotheke sei „fatal“, sagte er. „Es tut uns unheimlich leid für die betroffenen Menschen, aber wir müssen die Fakten genau aufklären.“ Jeden Tag stellten Apotheken große Zahlen von Rezepturen her. „Kriminelle Energie und menschliches Versagen kommt in allen Hochrisikoprozessen vor.“

Bei der Herstellung von Individualrezepturen haben Apotheken nach Angaben Arnolds eine umfangreiche Dokumentationspflicht. Jede Apotheke müsse die Identität der Wirkstoffe prüfen. Für jede Rezeptur müsse eine Plausibilitätskontrolle gemacht und ein Protokoll erstellt werden. Die Anforderungen für die Herstellung von Rezepturen seien „sehr deutlich nach oben gegangen.“

Apotheken stellen nach Angaben Arnolds Individualrezepturen vor allem im Bereich der Dermatika zur Anwendung auf der Haut sowie Kinderarzneimittel mit geringeren Wirkstärken oder Mittel ohne Konservierungsmittel her. „Das ist ein tägliches Geschäft in den Apotheken.“

(ham/mba/dpa/rtr)
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