Geiselnahme in Köln Generalbundesanwalt übernimmt Ermittlungen wegen Terror-Verdachts

Köln · Zwei Tage nach dem Brandanschlag und der Geiselnahme im Kölner Hauptbahnhof ist das Motiv des Täters noch unklar. War es eine IS-Tat - oder ein verwirrter Einzeltäter?

Die Ermittler prüfen weiter einen terroristischen Hintergrund nach dem Angriff eines 55-jährigen Syrers am Kölner Hauptbahnhof. Denn mit dem Brandanschlag wollte der Täter offenbar möglichst viele Menschen treffen. Wie die Kölner Polizei in der Nacht auf Mittwoch auf Nachfrage bestätigte, übernahm mittlerweile der Generalbundesanwalt in Karlsruhe die Ermittlungen zu dem Fall.

Die Bundesanwaltschaft selbst war zunächst allerdings nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Am Dienstagabend hatte der Südwestrundfunk (SWR) unter Berufung auf eine Sprecherin der Behörde berichtet, dass diese die Ermittlungen wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernommen habe.

Der Syrer ist laut Polizei als Asylberechtigter anerkannt und besitzt eine Aufenthaltserlaubnis bis Juni 2021. In Deutschland lebte er nach Polizeiangaben seit 2015, fast ausschließlich in Köln. Seine Frau lebt noch in Syrien, sein Sohn und sein Bruder sind in Deutschland. Der Mann ist 13 Mal straffällig geworden, unter anderem wegen eines Rauschgiftdelikts, Betrugs, Ladendiebstahls und Hausfriedensbruchs. „Die Strafbarkeit führt nicht zu einer Ausreisepflicht, solange jemand als Flüchtling vom BAMF anerkannt ist“, teilte die Stadt Köln dazu mit. Psychisch sei der Mann nicht in der Lage gewesen zu arbeiten, hieß es weiter. BAMF ist die Abkürzung für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Bei dem Anschlag auf das Fast-Food-Restaurant hatte der Mann große Mengen Benzin über den Boden gekippt. Eine Überwachungskamera hielt dies fest. „Das Video macht deutlich, wie viel Glück die Kunden gehabt haben“, sagt Kölns Kripo-Chef Klaus-Stephan Becker einen Tag nach der Tat im Polizeipräsidium in Kalk. Im Koffer des Täters waren noch mehr Flaschen, die er zu Molotowcocktails mit Benzin und Tüchern präpariert hatte. „Es hätte verheerende Auswirkungen gehabt, wenn er sie eingesetzt hätte.“ Das 14 Jahre alte Mädchen erlitt starke Verbrennungen und wurde am Dienstag operiert. Die Jugendliche wird von Psychologen des Opferschutzes betreut. Die kümmern sich auch um die Angestellte einer Apotheke gegenüber der McDonald’s-Filiale, die der Täter Minuten später als Geisel nahm.

Der schwer verletzte Mann war am Dienstag nach einer mehrstündigen Operation außer Lebensgefahr. „Er liegt aber weiter im Koma“, sagte Miriam Brauns, die stellvertretende Polizeipräsidentin von Köln.

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Foto: Polizei Köln

Noch am Montag wurde die Wohnung des Syrers in einer Flüchtlingsunterkunft im Kölner Stadtteil Neuehrenfeld durchsucht. Dort entdeckte die Polizei weiteres Benzin.„An der Wand waren Zeichen in arabischer Schrift, die einen muslimischen Bezug haben – aber keinen Bezug zum IS“, sagt Becker. „Gott ist groß“ und „Mohammed ist sein Prophet“ habe an der Wand gestanden. Die Ermittler erhoffen sich mehr Erkenntnisse zum Motiv durch die Auswertung zweier Handys, die sie in der Wohnung sichergestellt haben.

(hsr/dpa)
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