"Dom trifft Gamer" Tausende Besucher bei Lichtshow im Kölner Dom

Köln · Zur Spiele-Messe Gamescom erstrahlt die Kathedrale in neuem Licht: Eine eigens für den Dom kreierte Musik- und Licht-Installation verwandelt Fassade und Innenraum in einen Kosmos für alle Sinne. Tausende Besucher standen am ersten Abend Schlange.

 Die Lichtinstallation "Silent Mod" verwandelte den Kölner Dom.

Die Lichtinstallation "Silent Mod" verwandelte den Kölner Dom.

Foto: Thilo Schmülgen

"So haben wir unseren Dom noch nicht erlebt." - "Wir auch nicht", möchte man Dompropst Gerd Bachner zurufen. Aber Worte sind in dieser Nacht im Kölner Dom nebensächlich. Im Mittelpunkt steht das Projekt "Silent Mod". Mit der multimedialen Installation aus Licht, Musik und Duft möchte das Domkapitel vor allem junge Menschen ansprechen.

Es ist eine Einladung an die Besucher der Computerspielmesse "Gamescom". Mit der Aktion "Dom trifft Gamer" möchte sich die Kathedrale ihren Gästen in einem neuen Licht zeigen. Nicht zum ersten Mal wird im Dom eine Lichtinstallation gezeigt. So gab es zum Beispiel die "Lux Eucharistica" im Rahmen des Eucharistischen Kongresses 2013. Aber in seiner Wucht und Intensität sowie seiner Komplexität ist "Silent Mod" unvergleichlich.

Am ersten Tag der Lichtshow strömten mehr als 10.000 Menschen auf die Domplatte. Eine lange Warteschlange wand sich um den Brunnen neben dem Domhotel. Alle 20 Minuten wurde einer Gruppe von rund 2.000 Besuchern Einlass gewährt. Allerdings musste einige Besucher noch vor dem Eingang enttäuscht abziehen.

Wie der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet, sei vielen Besuchern das Transparent neben dem Portal nicht aufgefallen. Darauf steht, dass große Rucksäcke und Taschen aus Sicherheitsgründen im Dom nicht erlaubt sind. Lediglich Taschen, die kleiner sind als Din-A4-Format, dürfen mit hinein genommen werden. Dies habe teils für Ärger und Frust unter den Wartenden geführt.

Um Punkt 22 Uhr öffnet sich das Hauptportal der Kathedrale. 50 Schritte weiter ist der Besucher Teil eines neuen Kosmos, der alle Sinne fordert. Die Augen brauchen im abgedunkelten Dom eine Weile, um sich zu orientieren. Das Deckengewölbe leuchtet hellblau. Aus dem Altarbereich strahlt ein intensives blaues Licht und saugt die Gäste förmlich in den Raum hinein. Das Langhaus des so vertrauten Kirchenraums wird im Mittelschiff und in den Seitenschiffen in den Farben blau, rot und grün hervorgehoben.

Laser lassen drei Lichttunnel entstehen, die in künstlich erzeugten Nebel getaucht sind. Der wabert durch den Raum, sinkt langsam zu Boden und verschwindet. Sekunden später ziehen die feinen Nebelschwaden wieder auf. Diese entweichen aus zehn an verschiedenen Stellen im Triforium angebrachten Rohren. Das Triforium ist der schmale Laufgang im mittleren Geschoß des Domes, der um den Innenraum führt.

Dann sausen grüne Lichtpunkte durch den Raum. Sie sind Suchende, die schließlich einen Punkt finden: das zentrale Kreuz in der Apsis. Die Laserpunkte im Osten des Doms konzentrieren sich auf die Kreuzigungsgruppe hinter dem Dreikönigenschrein. Die Gruppe wird angestrahlt, die Beleuchtung des Schreins heruntergefahren. "Wir möchten zeigen, um wen es im Dom theologisch geht: um Christus und die Botschaft vom Reich Gottes", sagt Dompropst Bachner.

"Die Laserpunkte suchen Christus im Kirchenraum. Wenn sie ihn gefunden haben, bildet sich der Stern von Bethlehem aus bunten Lichtstrahlen", ergänzt Professor Matthias Sellmann, Direktor des pastoraltheologischen Instituts "Zentrum für angewandte Pastoralforschung" an der Ruhr-Universität Bochum und Ideengeber für das Projekt. Die Punkte lassen sich zu drei kleinen Industrierobotern, die in der Nähe des Hauptaltares auf Podesten stehen, zurückverfolgen. Die Roboter sehen aus wie kräftige Arme mit Taschenlampen in den "Händen". Aus diesen Lampen schicken sie die Laserstrahlen auf die Reise. Da die Roboter ständig in Bewegung sind, entsteht der Eindruck, als würden sie tanzen.

Begleitet wird die Licht- und Laserinstallation von Musik, die die Kölner DJs Blank & Jones von der Orgelempore an der Altarvierung in den Raum schicken. Nein, gleiten lassen. Der eigens für "Silent Mod" komponierte Soundtrack verbindet gregorianische Gesänge und elektronische Musik in der Tradition von Karlheinz Stockhausen. Harmonisch fließen Sequenzen aus den Soundtracks, die Piet Blank und Jaspa Jones schon für Computerspiele komponiert haben, ein.

Am gewöhnungsbedürftigsten ist der neue Duft des Domes. Das Parfüm ist eine Mischung aus traditionellen Kirchengerüchen mit Weihrauch und Myrrhe und Zitrusnoten. Komponiert hat ihn Professor Hanns Hatt, Zellphysiologe an der Ruhr-Uni Bochum. Geschaffen hat ihn der Parfümeur Marc vom Ende vom Unternehmen "Symrise" in Holzminden. Die Vorgabe des Domkapitels sei ein Duft gewesen, der gut riechen, entspannend wirken, zum Denken anregen und geistige Frische erzeugen sollte, sagt Hanns Hatt. Der Duft solle nicht aufdringlich sein. Das ist er bisweilen leider doch. Aber vielleicht ist das mit der "geistigen Frische" gemeint.

Wer dem künstlichen Licht folgt, sich in den fünf Kirchenschiffen Zentimeter für Zentimeter, Nische für Nische vortastet, erlebt eine Welt, in der sich die Atmosphäre und die Verhältnisse permanent verändern. Die prächtigen Glasfenster und die Kostbarkeiten der gotischen Kathedrale tauchen kurz ins Licht und verschwinden wieder im Dunkel. Begegnungen mit anderen Menschen sind Momentaufnahmen.

Die Dauer bestimmt der Lichtpunkt des Lasers. Der kennt keine Hierarchien. Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies und die Besucherin mit dem orangen Schal sind so lange zu sehen, bis der Laser abdreht. Der verliert nach Zehntelsekunden das Interesse. Der Star im Licht ist allein der Dom.

Installation "Silent Mod" im Kölner Dom, auch am Freitag- und Samstagabend, ab 22 Uhr

(RP)
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