Vorsitzende der ehemaligen „Frechener Negerköppe“ „Die Probleme gingen in dem Jahr los, als Pegida gegründet wurde“

Düsseldorf/Köln · Vier Jahre lang wurde der Karnevalsverein „Frechener Negerköppe“ wegen seines Namens bedroht. Jetzt hat er ihn in „Wilde Frechener“ umbenannt. Wir haben mit den beiden Vorsitzenden darüber gesprochen, was genau passiert ist.

 Karnevalisten beim Rosenmontagszug in Köln (Archivbild).

Karnevalisten beim Rosenmontagszug in Köln (Archivbild).

Foto: Andreas Krebs/dpa, mjh fpt

Seit 1978 gehört die Karnevalsgruppe Frechener „Negerköpp“ zum Kölner Karneval. Seit 2014 stehen die Mitglieder wegen dem Vereinsnamen immer stärker in der Kritik. Telefondrohungen und ein Facebook-Shitstorm führten letztlich zur Namensänderung des Vereins. Die erste Vorsitzende Sandra Oberzier und Günter Cöllen, der zweite Vorsitzende, berichten im Gespräch, wie es dazu kam.

Wie ist der Name Frechener Negerköppe entstanden?

Sandra Oberzier Das lässt sich leider nicht genau sagen, weil die Gründer des Vereins nicht mehr leben. Es gibt aber den Mythos, dass sich ein paar Männer vor dem Karneval zusammengesetzt haben und die Idee hatten, ihre Frauen zu überraschen. Dafür haben sie sich schwarz angemalt. Die Frauen fanden das so lustig, dass sie das im nächsten Jahr auch machen wollten. Und so soll dann Name und Brauch entstanden sein. Aber, ob das wirklich so wahr, weiß ich nicht.

Die Vereinsmitglieder erhalten seit geraumer Zeit Drohungen. Wann hat das angefangen?

Günter Cöllen Das hat 2014 angefangen. Damals war ich erster Vereinsvorsitzender und habe deshalb meine Kontaktdaten auf unserer Webseite veröffentlicht. Zuerst haben sie nachts bei mir Telefonterror gemacht. Es wurde angerufen und wieder aufgelegt. Andere haben wilde Beschimpfungen wie „Nazi“ oder „Blödmann“ losgelassen und gefordert, dass wir den Namen des Vereins ändern.

Haben Sie etwas unternommen?

Cöllen Zunächst habe ich versucht, mit den Anrufern ins Gespräch zu kommen. Ich wollte ihnen erklären, dass wir keine politische Gesinnung haben, sondern nur ein Karnevalsverein sind, der eine gute Zeit haben will. Aber das hat nichts gebracht. Wir haben auch versucht, die Anrufer zum Gespräch zu uns einzuladen. Aber gekommen ist keiner.

Sie konnten aber nicht verstehen, dass der Name für manche Menschen beleidigend sein kann?

Oberzier Wie Herr Cöllen schon sagt, so weit haben wir gar nicht gedacht. Wir haben einfach einen Namen und einen Brauch übernommen. Die bunten Kostüme sind bei den Zuschauern des Zuges auch immer sehr gut angekommen.

Herr Cöllen, Sie sagen, Sie haben wegen des Namens Drohbriefe bekommen. Hatten Sie Angst, das Haus zu verlassen?

Cöllen Ja. Irgendwann kamen zu den Anrufen auch Briefe. Darauf waren Hakenkreuze zu sehen, wir wurden als Mörder beschimpft und man hat uns Gewalt angedroht. Natürlich geht man dann morgens aus dem Haus und fragt sich, ob jemand im Gebüsch versteckt ist oder vor der Tür steht.

Aber Sie haben nie jemanden gesehen?

Cöllen Nein. Wir haben 2016 zwei Anzeigen gestellt, eine wegen Morddrohungen und eine wegen Rassismus. Aber die Polizei hat niemals einen Verdächtigen gefunden.

Sie haben eine Anzeige wegen Rassismus gestellt?

Cöllen Ja, auf den Briefen, die wir bekommen haben waren ja auch Hakenkreuze und andere Symbole aus der NS-Zeit zu sehen.

Haben Sie eine Vermutung was der Auslöser für die Kritik 2014 war?

Cöllen Ich glaube zum einen, dass der vorherige Vorsitzende und auch der Schriftführer schon Probleme hatten, aber nichts gesagt haben. Denn sie haben ihre Ämter gleichzeitig und sehr spontan aufgegeben. Zum anderen, war es auch das Jahr in dem Pegida gegründet wurde. Wir haben wenig später von anderen Karnevalsvereinen gehört, dass sie auf einmal ähnliche Probleme hatten.

Trotzdem wurde der Name erst jetzt geändert. Warum?

Oberzier Er gehört nun mal zu unserem Brauchtum dazu. Es war schwer, sich davon zu trennen. Aber dann wurde es immer schlimmer. Wir haben 2016 auf unserer Facebook-Seite einen Shitstorm mit rund 10.000 Kommentaren gehabt. 2017 kam dann noch die Drohung, dass man uns auf dem Zug mit Ziegelsteinen bewerfen würde. Die Polizei hat deshalb sogar extra Sicherheitspersonal positioniert. Das war der Punkt an dem uns klar wurde, dass das kein Spaß mehr ist, und dass wir uns von dem Namen verabschieden müssen.

Drei Vereinsmitgleidern hat das nicht gefallen. Sie sind ausgetreten. Warum?

Oberzier Ja, das war so. Sie sind alle schon etwas ältere Semester und gehören zu den ältesten Vereinsmitgliedern, die wir haben. Für sie ist damit die Tradition des Vereins gestorben. Deshalb sind sie ausgetreten.

Jetzt haben Sie sich in „Wilde Frechener“ umbenannt und wollen in Tierkostümen auftreten. Warum?

Oberzier Es ist noch nicht sicher, dass wir Tierkostüme nehmen. Unser Thema ist Afrika, dazu würden natürlich auch Tierkostüme passen. Das Wort „wild“ im Namen lässt uns ja zum Glück viele Möglichkeiten für Kostüme offen.

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