Delegat legt Zahlen vor Missbrauchs-Untersuchungen kosten Erzbistum Köln 2,8 Millionen Euro

Köln · Das Kölner Erzbistum habe nach den Worten von Delegat Markus Hofmann bei der Untersuchung sexuellen Missbrauchs reichlich Lehrgeld bezahlen müssen. Für die Diplomtheologin Maria Mesrian liefert das Erzbistum den Beweis dafür, dass „eine Täterorganisation“ niemals in der Lage sein wird, die Taten sexualisierter Gewalt und die Vertuschung in ihren eigenen Reihen selbst aufzuklären.

 Rechtsanwältin Kerstin Stirner und Anwalt Björn Gercke übergeben im März 2021 dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki ein Exemplar ihres Gutachtens zum Umgang des Erzbistums Köln mit sexuellem Missbrauch.

Rechtsanwältin Kerstin Stirner und Anwalt Björn Gercke übergeben im März 2021 dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki ein Exemplar ihres Gutachtens zum Umgang des Erzbistums Köln mit sexuellem Missbrauch.

Foto: dpa/Ina Fassbender

2,8 Millionen Euro sollen dem Kölner Erzbistum die unabhängigen Untersuchungen 2019 bis 2021 zur Aufklärung sexuellen Missbrauchs gekostet haben. Diese Summe legte Delegat Markus Hofmann jetzt dem Kölner Kirchensteuer-und Wirtschaftsrat vor. Dieser, so hieß es, habe die Zahlen zur Kenntnis genommen. Darin enthalten sind Kosten für die zwei juristischen Hauptgutachten von gut 1,27 Mio. Euro, für weitere rechtliche Beratung von 588.000 Euro sowie die Kosten für Krisenberatung von knapp 820.000 Euro. Allein das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) soll nach Bild-Informationen 770.000 Euro gekostet haben. Das Erzbistum hatte eine Veröffentlichung des WSW-Gutachtens wegen vermeintlich „methodischer Mängel“ erst verschoben, dann aber ganz ausgesetzt, und schließlich den Kölner Strafrechtler Björn Gercke mit einem zweiten Gutachten beauftragt. Diese wurde dann in diesem Jahr veröffentlicht wurde. Zuvor hatte die Kanzlei WSW ein andere Gutachten ohne Beanstandung für das Bistum Aachen vorgestellt. Und sie wird im Januar eine Untersuchung auch für das Erzbistum München und Freising präsentieren.

Hofmann erinnerte daran, dass das Erzbistum mit seiner Unabhängigen Untersuchung sowohl juristisch als auch publizistisch Neuland betreten und dafür auch Lehrgeld bezahlt habe: „Das war ein schmerzhafter und teurer Prozess“, so Hofmann. Insbesondere habe sich in der Diskussion um das WSW-Gutachten, das nach seinen Worten auch mit Nachbesserungen nicht veröffentlichungsfähig gewesen sei, „eine mediale Ausnahmesituation ergeben“, die ohne externe Hilfe nicht mehr zu handhaben gewesen sei.

Markus Hofmann war unter Kardinal Rainer Maria Woelki als Generalvikar tätig. Nachdem Woelki auf Anordnung des Papstes in eine Auszeit bis Anfang März 2022 geschickt wurde, setzte Rom Markus Hofmann als sogenannten Delegaten ein - gegen den Willen von Weihbischof Rolf Steinhäuser, der in Abwesenheit von Kardinal Woelki als Apostolischer Administrator das Bistum leitet.

Hofmann betonte, dass die 2,8 Millionen Euro nicht aus Kirchensteuer-Mitteln finanziert wurden, sondern aus einem Sondervermögen der Diözese stammen. Dieser „Fonds für Bedürfnisse des Bistums“ ist im Wesentlichen durch Abgaben von Klerikern aus vergangenen Jahrzehnten gebildet worden. Auch die Leistungen zur Anerkennung des Leids für die Betroffenen sexualisierter Gewalt sind aus dem Fonds bestritten worden. Insgesamt hat das Erzbistum nach Angaben Hofmanns seit 2010 knapp 1,5 Millionen Euro an Anerkennungsleistungen ausgezahlt. Für die Sicherstellung der Ansprüche der Betroffenen hat das Erzbistum im Jahresabschluss 2020 eine Rückstellung von insgesamt sechs Millionen Euro gebildet. Außerdem wurden an drei Personen im Kontext eines dienstrechtlichen Verhältnisses Rechtsberatungskosten von 43.000 Euro erstattet.

Für die Kölner Diplomtheologin Maria Mesrian liefert das Erzbistum den Beweis dafür, dass „eine Täterorganisation niemals in der Lage sein wird, die Taten sexualisierter Gewalt und die Vertuschung in ihren eigenen Reihen aufzuklären. Die mächtige Institution ist gescheitert an der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs. Sie wird es nicht schaffen, Gerechtigkeit für die Betroffenen herzustellen. Zu sehr ist sie selbst verstrickt in Machtgier und Männerbünde“, schreibt die 46-Jährige in einem theologischen Feuilleton für die Plattform Feinschwarz. Das sei nicht nur in Köln so. Nach ihren Worten könne keine Gerechtigkeit hergestellt werden, wenn die Kirchen die Aufklärung und Aufarbeitung selbst verantworten. „Das ist die große Lehre, die für die Weltkirche aus dem Desaster von Köln zu ziehen gewesen wäre und die einzige Botschaft nach Rom“, so Maria Mesrian, die eine Sprecherin von Maria 2.0 im Rheinland ist.

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