Erdogan eröffnet Ditib-Moschee Streit, Demos und Kritik prägen Geschichte der Kölner Moschee

Köln · Von der Hinterhofmoschee zu einem modernen Neubau, das war das Ziel. Dass heute eine Moschee mit Kuppel und Minaretten die Skyline der Stadt ergänzt, ist das Resultat eines kontroversen Prozesses, der vom Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan gekrönt wird.

Bilder der Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld
19 Bilder

Das ist die Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld

19 Bilder
Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Vom geplanten Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Samstag erhoffte sich die Ditib offenbar eine glanzvolle Eröffnung ihrer Moschee, die vermutlich eine der größten in Europa ist. Doch dürfte der Festakt getrübt werden durch Anti-Erdogan-Proteste, einen Großeinsatz der Polizei und die Absagen von Politikern, allen voran Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Selbst eine Teilnahme von Vertretern der Lokalpolitik an dem Festakt erscheint immer fraglicher. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD) wollen nur kommen, wenn sie auch sprechen dürfen.

Die Geschichte der Moschee beginnt im Jahr 2001: Damals beantragte die Ditib, auf eigenem Gelände und mit eigenem Geld eine Großmoschee zu bauen. Etwa zeitgleich strebte der Trägerverein Kölner Zentralmoschee e.V., ein Zusammenschluss von zehn muslimischen Vereinigungen, die Errichtung einer Zentralmoschee für alle Nationalitäten an. Doch die beiden Baukonzepte galten vielen in der Lokalpolitik als nicht vereinbar. Der Trägerverein vertrete nur eine Minderheit von Muslimen in der Stadt, hieß es. Einige Mitglieder des Vereins würden von Saudi-Arabien gesteuert, lautete ein weiterer Vorwurf.

Die Ditib als Repräsentantin türkischer Muslime und damit der größten muslimischen Gruppe positionierte sich mit einem integrativen Konzept und betonte dies in einem Schreiben an den damaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU). Die Ditib, so zitierte damals der Grünen-Abgeordnete Arif Ünal aus dem Brief an den OB, sehe das Vorhandensein von verschiedenen Religionen als eine Bereicherung an und setze sich für das „friedliche und tolerante Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Religionen in einem demokratischen und offenen Gemeinwesen ein“.

Schramma wurde daraufhin zu einem zentralen Fürsprecher des Ditib-Vorhabens. 2003 gab der Stadtrat grünes Licht für den Bau im Stadtteil Ehrenfeld. Allerdings wurde die Bauherrin zu einem Architekturwettbewerb verpflichtet. Den Auftrag für das Gotteshaus mit einer 34,5 Meter hohen Betonkuppel und zwei 55 Meter hohen Minaretten erhielt drei Jahre später das Architekturbüro Paul Böhm. Das Gemeindezentrum sollte Räume für Integrations- und Sprachkurse sowie ein Einkaufszentrum beherbergen. Die Kosten wurden auf 15 Millionen Euro geschätzt.

Die öffentliche Präsentation des Entwurfs markierte den Auftakt zu massiver Kritik. Demonstrationen und Gegendemonstrationen folgten. Die rechtspopulistische Organisation „Pro Köln“ scheiterte mit einem Bürgerbegehren, den Bau zu verhindern.

Zu den Kritikern der Moschee zählte der Schriftsteller Ralph Giordano, er bezeichnete die Entscheidung für den Moscheebau als integrationsfeindlich. Die Größe der Moschee verkörpere einen Machtanspruch. Er kritisierte, dass der Bau zum großen Teil von der türkischen Religionsbehörde in Ankara finanziert werde. Damit regiere die türkische Behörde in Deutschland hinein, warnte er. Giordano war nicht der einzige, der Hassbriefe und Morddrohungen erhielt.

Als überdimensioniert betrachteten auch andere den Entwurf, unter ihnen der damalige Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider. Er kritisierte die in seinen Augen „triumphierend angelegte“ Architektur und forderte eine zurückgenommenere Gestaltung, die „mehr den integrierenden Charakter von Religion zum Ausdruck bringt“. Er befürworte den Moscheebau, aber es gebe Diskussionsbedarf.

Ein Entwurf mit reduzierter Fläche erhielt schließlich die Baugenehmigung. 2009 folgt die Grundsteinlegung, die Bauarbeiten begannen. Doch die Kontroversen gingen weiter, auch über die politische Nähe der Ditib zum türkischen Staat.

Im Jahr 2011 eskalierte ein Streit zwischen der Ditib und Architekt Böhm. Die Ditib sprach von Baumängeln, stellte die Zahlungen an Böhm ein und kündigte schließlich den Vertrag mit ihm und der Rohbaufirma. Die ursprünglich für 2012 vorgesehene Eröffnung der Moschee verschob sich. Am 9. Juni 2017 wurde der Kuppelsaal während des Ramadans schließlich zum ersten Mal genutzt. Inzwischen lagen die Baukosten bei rund 30 Millionen Euro.

Die dann für 2017 geplante Eröffnung wurde erneut verschoben. Mit dem nun anstehenden Erdogan-Besuch sieht die Ditib anscheinend den richtigen Moment für die offizielle Einweihung gekommen. Auch wenn die Stadt Köln eine vollständige Nutzung des Moscheekomplexes noch gar nicht genehmigt hat.

(epd/jeku)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort