Ein Tag mit einem Domschweizer Zwischen Bikini und Bratwurst am Kölner Dom

Köln · Eines der bekanntesten Bauwerke Deutschlands und die meistbesuchte Kirche des Landes ist der Kölner Dom mit 20.000 bis 30.000 Besuchern täglich. Dort Ordnung zu halten, ist Aufgabe der Domschweizer. Ein Ortsbesuch. 

 Der Kölner Dom (Symbolfoto).

Der Kölner Dom (Symbolfoto).

Foto: KNA/dpa, obe cul idt

Fabian Frerich traut seinen Augen nicht. Er schaut zu seinem Kollegen, doch der sieht das gleiche: Einige Damen im Bikini wollen den Kölner Dom betreten. Das verstößt natürlich gegen die Kleiderordnung des Gotteshauses – und Domschweizer Frerich spricht die Frauen an. Die zeigen sich überrascht – sie kommen von einem Footballspiel, bei dem sie ihre Männer angefeuert haben. Jetzt wollen sie zur Messe und haben ganz vergessen, wie leicht sie immer noch bekleidet sind. Die Kirche können sie heute nicht besuchen.

Bereits seit acht Jahren ist Fabian Frerich als einer von rund 30 Domschweizern in der Kölner Kathedrale tätig. Bei Messen führt er den Priester zum Altar, ansonsten entzündet er Kerzen, unterstützt den Küster und sorgt vor allem für Ruhe und Ordnung. Bekleidet ist er dabei stets mit dem rot-schwarzen Talar der Domschweizer, der von Ortsfremden schon mal mit einer Kardinalsrobe verwechselt wird. Dann muss Frerich erklären, kein Priester zu sein und daher keinen Segen spenden zu können.

Gerade im Sommer kommen viele leicht bekleidete Menschen, manche aus Sicht der Dom-Verantwortlichen eben zu leicht. Knie und Schultern sollten bedeckt sein, immerhin geht es in eine Kirche. Zuweilen werden die Besucher dann abgewiesen, obwohl die Domschweizer abwägen: Kommt eine Mutter mit kleinen Kindern, denen sie die Kirche zeigen will, wird sie hereingelassen, auch wenn sie vielleicht unbedeckte Schultern hat. Sonst kämen die Kinder ja gar nicht in den Dom.

Erst kürzlich gaben die Kathedral-Wächter auch bunte Tücher aus, die man sich um die Schultern legen konnte. Schließlich wolle man ja niemanden abweisen. Aber die Tücher wurden als Gastgeschenk gedeutet oder aus anderen Gründen nicht zurückgegeben. Jetzt sind fast alle fort. Neue sind bestellt; man hofft, dass sie diesmal länger im Dom bleiben.

Immerhin, erzählt Frerich, hätten die Menschen zumeist Verständnis, wenn sie nicht mit dem Hund in die Kirche könnten oder die Kappe abnehmen müssten. Tragen dürfen Männer nur Turban, Kippa oder Pileolus – also eine religiöse Kopfbedeckung. Frauen ist Kopfbekleidung grundsätzlich erlaubt, eine blinkende Weihnachtsmütze geht aber beispielsweise gar nicht. Überhaupt hat auch der Winter seine ganz eigenen Tücken: Bratwurst, Liebesapfel und Glühwein vom benachbarten Weihnachtsmarkt gehören nicht in den Dom.

Sowohl im Sommer wie auch in der Adventszeit tummeln sich im Dom die Menschen. Frerich gefällt das: „Es ist schön, die Kirche voll zu sehen.“ Er geht auf die Fragen der Besucher ein: Wo ist eigentlich das Richter-Fenster? Wo der Dreikönigsschrein und wie kommt man zur Turmbesteigung? „Ich finde es schön, wenn man mit Leuten aus anderen Ländern ins Gespräch kommt.“

Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihm die Begegnung mit einem US-Amerikaner, dessen Vater nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland stationiert war. Sie kamen ins Gespräch über die Kriegsschäden am Dom. Gleich mehrfach habe sich der Amerikaner für die Bomben entschuldigt, die auf Köln fielen. Auch habe er erklärt, sein Vater und dessen Kameraden hätten den Dom sicher stehen lassen, weil sie gläubig gewesen seien.

Weniger schön findet Frerich Menschen, die provozieren wollen. Für Störenfriede bekomme man mit der Zeit ein Auge. Dann warnt er über Funk die Kollegen vor. Für viel mehr Ruhe ist gesorgt, seitdem die Domschweizer auffällige Personen bereits vor den Domtüren und nicht erst in der Eingangshalle abweisen. Somit wird die Diskussion vor der Kirche geführt, und drinnen bleibt es still.

In der Kathedrale sorgen häufig Missgeschicke oder Unwissenheit für Chaos, berichtet Frerich. Wenn etwa eine Frau beim Anzünden einer Kerze versehentlich ihren Mantel in Brand steckt – alles kein Problem. Frerich weiß, wie er mit seinem Domschweizer-Talar Brände löscht. Und für andere kleinere und größere Pannen findet er auch stets eine Lösung.

(KNA)
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