Bezirksregierung Köln will nur "Härtefälle" entschädigen Ämter-Streit um Pannen-Blitzer auf der A3

Köln · Der Streit um die Entschädigung von tausenden Autofahrern, die zu Unrecht auf der A3 geblitzt wurden, geht weiter. Erst hatte die Stadt Köln mitgeteilt, es gebe eine Lösung. Die Bezirksregierung Köln will jetzt aber nur "Härtefälle" entschädigen.

 Die Autobahn 3. 400.000 Autofahrer sind von der Panne betroffen. (Symbolfoto)

Die Autobahn 3. 400.000 Autofahrer sind von der Panne betroffen. (Symbolfoto)

Foto: uwe miserius

Das bestätigte eine Sprecherin unserer Redaktion. Grundlage dafür sei der sogenannte NRW-Gnadenerlass auf dem Jahr 2002. Wie genau diese Härtefälle definiert seien, werde jedoch erst noch geklärt. Als Beispiel nannte die Sprecherin den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Bezirksregierung informiert über die Angelegenheit auf ihrer Website. Am Mittag twitterte die Behörde eine E-Mail-Adresse sowie eine Telefonnummer, an die sich Betroffene wenden können.

Auf Nachfrage teilte die Sprecherin mit, die Anwendung des Gnadenerlasses betreffe nur Fälle, in denen das festgesetzte Bußgeld höher als 250 Euro liege, in denen das normale Bußgeldverfahren aber nicht wieder aufgenommen werden konnte. In so einem Fall könnten Autofahrer ein Gnadenersuchen an die Stadt Köln stellen, die dann die Unterlagen an die Bezirksregierung weiterleite. Für den Fall, dass das Bußgeld eines Bescheids unter 250 Euro liegt und bereits bezahlt worden ist, bestehe aus Sicht der Bezirksregierung keine Chance für Autofahrer, ihr Geld zurückzuerhalten, sagte die Sprecherin. Grundlage dafür sei die geltende Rechtssprechung für Bagatelldelikte.

Zunächst hatte es von der Bezirksregierung geheißen, die Anwendung des Gnadenerlasses betreffe nur die Fälle, in denen der Bußgeldbescheid zwar zugestellt worden sei, die Autofahrer aber noch nicht gezahlt hätten. Sei das Knöllchen dagegen schon bezahlt, sei die Stadt Köln zuständig, denn bei der liege das Geld. "Wir würden es begrüßen, wenn die Stadt das Geld erstatten würde", sagte die Sprecherin.

Vorher hatten die "Kölnische Rundschau" und der "Kölner Stadtanzeiger" übereinstimmend berichtet, dass die Bezirksregierung nicht — wie von der Stadt Köln kommuniziert — jeden Einzelfall prüfen wolle. Wer nur ein geringes Bußgeld entrichten musste, habe keine Aussichten auf Erfolg, zitiert der "Kölner Stadtanzeiger" einen Sprecher der Bezirksregierung.

Die Aussagen der Bezirksregierung stehen teils in direktem Widerspruch zu einer Meldung der Stadt Köln vom Montagabend, die eine Sprecherin auf Nachfrage unserer Redaktion am Dienstag so auch noch einmal bestätigte. Demnach habe sich die Stadt mit der Bezirksregierung geeinigt. Grundlage sei der NRW-Gnadenerlass. "So kann in jedem Einzelfall geprüft werden, ob das zu viel gezahlte Bußgeld erstattet werden kann", heißt es in der Mitteilung. Die Stadt Köln werde das Verfahren ihrerseits "durch eine unbürokratische Entgegennahme der Anträge der betroffenen Fälle unterstützen". Dafür will sie ein Online-Formular einrichten. Wann dieses veröffentlicht wird, war am Dienstagnachmittag nicht bekannt.

Alle Unterlagen, die für einen Gnadenerlass notwendig seien, würden an den zuständigen Entscheidungsträger weitergeleitet. In einem Großteil der Fälle sei das die Bezirksregierung Köln. Ob diese zu dem beschriebenen Verfahren jedoch wirklich ihre volle Zustimmung gibt, scheint derzeit unklar. Insbesondere die Frage, welche Fälle überhaupt für den Gnadenerlass in Frage kommen und ob nicht einige Autofahrer ganz leer ausgehen werden, ist nicht geklärt.

Es geht um insgesamt 400.000 Fälle, in denen Autofahrer von Februar bis Dezember auf der A3 am Heumarer Dreieck in Fahrtrichtung Oberhausen zu Unrecht geblitzt wurden. Erlaubt war an der Stelle laut Beschilderung Tempo 80, die Anlage war aber auf Tempo 60 eingestellt. Die Ausfahrt der Baustelle war nicht korrekt beschildert. Dort hätte nach Auffassung des Amtsgericht Köln ein weiteres Tempo-60-Schild stehen müssen.

Alle noch laufenden Verfahren in dieser Sache waren bereits eingestellt worden. Insgesamt kamen durch den fehlerhaften Blitzer etwa 13 Millionen Euro an Bußgeldern zusammen.

(hebu)
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