Jahresbericht veröffentlicht So viele antisemitische Vorfälle gab es im letzten Jahr in Köln

Köln · Die Stadt Köln legt zum ersten Mal einen Jahresbericht zu antisemitischen Vorfällen vor. Im Jahr 2021 wurden von der dafür eingerichteten Meldestelle im NS-Dokumentationszentrum insgesamt 55 antisemitische Vorfälle in Köln dokumentiert.

  Ein Bürger aus Bonn demonstriert auf dem Marktplatz mit einer Kippa auf dem Kopf (Symbolbild).

Ein Bürger aus Bonn demonstriert auf dem Marktplatz mit einer Kippa auf dem Kopf (Symbolbild).

Foto: dpa/Federico Gambarini

Das teilte die Stadt am Mittwoch mit. Dabei handelt es sich um zwei Angriffe, drei Bedrohungen, fünf Sachbeschädigungen, vier Massenzuschriften und 41 Vorfälle der Kategorie „verletzendes Verhalten“. Zur letzten Kategorie zählen den Angaben nach insbesondere Anfeindungen, die keinen Straftatbestand erfüllen.

Mit 40 Prozent können die meisten der gemeldeten Vorfälle der Meldestelle zufolge dem sogenannten Post-Schoa-Antisemitismus zugeordnet werden. Dazu gehörten etwa Äußerungen, die den Holocaust leugnen oder verharmlosen, hieß es. Darauf folgten Vorfälle im Zusammenhang mit „antisemitischem Othering“, etwa wenn Jüdinnen und Juden als fremd beziehungsweise einer Gruppe nicht zugehörig beschrieben werden. Auch der israelbezogene Antisemitismus zähle dazu, zum Beispiel, wenn Jüdinnen und Juden für die Politik Israels verantwortlich gemacht werden oder der „moderne Antisemitismus“, wenn eine angebliche jüdische Weltverschwörung behauptet wird.

Von den 55 dokumentierten Vorfällen richteten sich die antisemitischen Taten oder Aussagen gegen mindestens 24 Einzelpersonen sowie gegen elf Kölner Institutionen, wie die Meldestelle berichtete. In Bezug auf den politischen Hintergrund der Täter und Täterinnen wurden demnach die meisten dokumentierten Vorfälle einem rechtsextremen Hintergrund zugeordnet (zwölf). An zweiter Stelle standen verschwörungsideologische Vorfälle (sieben), gefolgt von jeweils drei islamistischen und antiisraelischen Motiven. 30 Fälle konnten nicht zugeordnet werden, weil entsprechende Informationen nicht vorlagen.

„Die Frage, von welchem politischen Hintergrund die größte antisemitische Gefahr in Köln ausgeht, kann anhand dieser ersten Zahlen noch nicht beantwortet werden“, erklärte der für die Meldestelle verantwortliche Mitarbeiter Daniel Vymyslicky. Insgesamt zeige sich aber deutlich, dass Antisemitismus auch in Köln ein Milieu übergreifendes Problem darstelle, das nicht auf eine bestimmte politische Motivation reduziert werden dürfe.

Nach der Dokumentation und Auswertung antisemitischer Einzeltaten widmet sich der Jahresbericht auch der Analyse ausgewählter Themen. Dies sind die Rolle des Antisemitismus in der verschwörungsideologischen Szene in Köln, antisemitische Inhalte auf einer pro-palästinensischen Demonstration am 15. Mai 2021 auf dem Heumarkt sowie der Umgang eines jungen Kölner Juden mit einem gegen ihn gerichteten antisemitischen Shitstorm im Internet.

Die Meldestelle für antisemitische Vorfälle in Köln ist eine von drei Kompetenzbereichen der Fachstelle m2-miteinander mittendrin. Sie kooperiert mit dem Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus e.V. (Bundesverband RIAS) sowie mit der neuen landesweiten Meldestelle für antisemitische Vorfälle (RIAS NRW).

(bsch/epd)
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