Prozess in Köln 60-Jährige stalkt Ex-Partner seit Jahren

Köln · Eine 60 Jahre alte Frau musste sich vor dem Kölner Amtsgericht verantworten, weil sie ihren Ex-Partner seit fünf Jahren terrorisiert. Sie stand wegen des Vorwurfs bereits das vierte Mal vor Gericht. "Mir sind die Sicherungen durchgebrannt", sagt die Frau.

 Eine 60-Jährige stand in Köln erneut wegen Stalkings vor Gericht. (Symbolfoto)

Eine 60-Jährige stand in Köln erneut wegen Stalkings vor Gericht. (Symbolfoto)

Foto: dpa, awa kde sup

Silvia H. (Name geändert) ist eine attraktive Frau. Die 60-Jährige ist sorgfältig geschminkt, hat lange dunkle Locken, trägt stilvolle Kleidung und wirkt sehr viel jünger als sie ist. In einer Verhandlung vor dem Kölner Amtsgericht, in der es um Stalking und Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz geht, könnte sie durchaus das Opfer sein. Doch sie nimmt auf der Anklagebank Platz — und das nicht zum ersten Mal. Die Begrüßung des Vorsitzenden Richters fällt wenig freundlich aus: "Wollen Sie Ihre Rente in Ossendorf verbringen?", fragt er die Angeklagte. Silvia H. hat bereits zwei Geld- und eine Bewährungsstrafe erhalten, weil sie den Mann, mit dem sie bis vor fünf Jahren zusammen war, einfach nicht in Ruhe lässt.

28 Jahre waren die beiden ein Paar. "Soll ich die einfach vergessen?", fragt sie den Richter. Der sagt nur: "Wenn Sie so weitermachen, kann es passieren, dass Sie in der Psychiatrie landen." Dieses Mal geht es um zehn weitere Fälle, in denen Silvia H. gegen das Gewaltschutzgesetz verstoßen haben soll, das beinhaltet, dass sie sich ihrem Ex-Lebensgefährten nicht auf mehr als 20 Meter nähern darf, sie darf ihn nicht kontaktieren oder ansprechen. Es geht in allen Fällen um Anrufe und darum, dass sie nachts oder frühmorgens vor der Tür des Mannes gestanden haben soll. Einmal soll sie ihn bespuckt haben. Beide leben in Köln-Sülz, nur wenige hundert Meter auseinander.

"Das kann schon so gewesen sein"

Zu den Vorwürfen sagt die Angeklagte: "Das kann schon so gewesen sein, mir brannten immer mal wieder die Sicherungen durch." Ihr gehe es vor allem um Geld. "Meine Rente steckt in seiner Eigentumswohnung. Der ist wirklich ein Schwein." Als der Richter sie genervt anschaut und die Augenbrauen hochzieht, fügt sie hinzu: "Aber ich hab eingesehen, dass es sinnlos ist."

Ein psychiatrischer Gutachter beschreibt, dass Silvia H. die Trennung nach fast drei Jahrzehnten als sehr kränkend empfand, sie hinter der selbstbewussten Fassade recht verzweifelt sei. "Sie drängte vor der Trennung nach mehr Sicherheit, wollte eine Heirat, er wollte das nicht", sagt der Sachverständige. Er könne nicht ausschließen, dass es psychische Veränderungen bei der Angeklagten gab. "Man könnte deshalb zu der Einschätzung kommen, dass sie vermindert schuldfähig ist." Er legt der Angeklagten eine Therapie nahe. Sie kontert, dass sie nur einmal im Monat zu einem Therapeuten gehen könne, weil sie sonst ihren Job als Verwaltungsangestellte verliere.

Bewährungsstrafe für Stalkerin

Der Staatsanwalt hält eine Freiheitsstrafe "für unumgänglich" und sagt: "Sie nehmen uns doch gar nicht ernst." Silvia H. beteuert, an sich zu arbeiten. "Ich habe auch seine Telefonnummer gelöscht ­— auch aus meinem Kopf." Der Staatsanwalt fordert eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Die Verteidigerin der Angeklagten weist auf die große Enttäuschung ihrer Mandantin hin. "Sie fühlt sich total verarscht", sagt sie.

Am Ende fällt das Urteil milder aus: Sechs Monate Freiheitsstrafe, die der Richter zur Bewährung aussetzt. Seine Worte sind deutlich: "Entweder Sie kapieren das jetzt oder nicht. Sollten wir uns wiedersehen, können Sie Ihre gepackte Tasche gleich mitbringen — dann geht es direkt ins Gefängnis." Und dann, so der Richter, könne die Angeklagte ihr Leben "in die Tonne kloppen". An der Seite ihrer Verteidigerin verlässt Silvia H. zügig den Saal, ohne ihren Ex-Partner anzusehen.

Auch der 59-jährige Elektrikermeister hofft, dass Silvia H. nun ihr eigenes Leben lebt. Am Rande der Verhandlung erzählt er, dass es noch im Dezember 2016 neue Vorfälle gegeben habe. Silvia H. soll plötzlich in seiner Garage gestanden und die Klinke seiner neuen Freundin beschmiert haben. Beweisen kann er das nicht. Er hätte es aber gerne im Zeugenstand erzählt, doch das Schöffengericht verzichtete auf seine Vernehmung, da Silvia H. geständig war.

(hsr)
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