Buch-Tipp 500 Jahre Kölner Protestanten

Köln · Fünf Jahrhunderte Stadtgeschichte vom Mittelalter bis zur Jetztzeit werden vom Theologen Klaus Schmidt aus einem besonderen Blickwinkel betrachtet.

Buch-Tipp: 500 Jahre Kölner Protestanten
Foto: Eppinger, Stephan

Es gibt in der Geschichte Kölns nur wenige Momente, in denen Konfession und Religionen einmal keine Rolle spielen. Ein Beispiel dafür ist die Eisflut im Jahr 1784, die sehr schwere Zerstörungen hinterließ. Damals hielten die Menschen, Juden und Christen, Katholiken und Protestanten in der Not zusammen.

 Die Antoniterkirche an der Schildergasse war das erste Kölner Gotteshaus, das den Protestanten offiziell zugesprochen wurde. Zuvor fanden ihre Gottesdienste meist im Geheimen statt.

Die Antoniterkirche an der Schildergasse war das erste Kölner Gotteshaus, das den Protestanten offiziell zugesprochen wurde. Zuvor fanden ihre Gottesdienste meist im Geheimen statt.

Foto: Stephan Eppinger

Die längste Zeit bestimmen aber Spannungen und die daraus resultierende gnadenlose Verfolgung das Leben der Protestanten in Köln. 1520 wurden Luthers Schriften vor dem Dom verbrannt. 1529 starben der Magister Adolf Clarenbach und der Student Peter Fliesteden den Feuertod auf Melaten. Der Reformation zugewandte Erzbischöfe wie Kurfürst Hermann von Wied oder Gebhard Truchseß von Waldburg entmachtete Rom rigoros. Wiedertäufer wurden gejagt und neun von ihnen umgebracht. Nur in der Verborgenheit konnten die Gemeinden in dieser Zeit in Köln bestehen.

Das gilt aber nicht für das gesamte heutige Stadtgebiet, wie der Theologe Klaus Schmidt in seiner jetzt erschienenen Geschichte der Protestanten in Köln aufzeigt. Im zum Herzogtum Berg gehörenden Mülheim, wo die Reformation schon früh Fuß fassen konnte, bringen es evangelische Unternehmer und Kaufleute zu Reichtum und Ansehen. Im "hillije Köln" bleiben die Protestanten bis ins 18. Jahrhundert hinein Bürger zweiter Klasse, werden als gute Steuerzahler aber geduldet.

Erst die Franzosenzeit ab 1792 bringt den Protestanten in Köln die völlige Freiheit in Sachen Religion und Berufsausübung. Ihnen wird die Antoniterkirche zugesprochen und 1805 als erstes eigenes Gotteshaus eingeweiht. Nach dem Wiener Kongress im Jahr 1815 übernehmen die protestantisch orientierten Preußen die Herrschaft im Rheinland und 1870 wird die Trinitatiskirche als "protestantischer Dom" eingeweiht.

Während der Nazizeit werden "die Protestanten in Köln wie im übrigen Deutschland mehrheitlich nazifiziert. Ehemals verfolgt, gehören sie nun zu den Verfolgern", schreibt Schmidt. Wer sich wie der pazifistische und religiöse Sozialist Georg Fritze gegen die Nazis wehrt, hat es schwer in der Stadt. Er wird als Pfarrer der Kartäuserkirche entlassen. Dem vom Judentum konvertierten Krankenhauspfarrer Ernst Flatow wird von der Gemeinde die Unterstützung entzogen. Er stirbt im Warschauer Ghetto. Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmen auf protestantischer Seite Namen wie der Adenauer-Vertraute, Bankier Robert Pferdmenges, oder die streitbare Theologin Dorothee Sölle mit ihren "politischen Nachtgebeten" als Persönlichkeiten die Stadtgeschichte auf evangelischer Seite. Projekte wie Kirchenasyl für Flüchtlinge, der "Überlebensraum Gulliver" für Obdachlose, das Kabarett "Klüngelbeutel" oder das Ferienprojekt Höviland hinterlassen ihre Spuren in Köln. Das letzte Wort im in der Reihe "Kirchengeschichte regional" erschienenen Band hat mit Pfarrer Franz Meurer ein Katholik.

Info Klaus Schmidt: Aufstieg einer Minderheit - 500 Jahre Protestanten in Köln, LIT-Verlag, 175 Seiten, 19.90 Euro. Stephan Eppinger

(RP)
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