Analyse Zwei Millionen Euro für den Airport Weeze?

Weeze · Die wirtschaftlich dramatische Entwicklung des Airport Weeze hat dazu geführt, dass selbst die Betreiberseite erstmals andeutete, ohne öffentliche Hilfe sei der weitere Flugbetrieb gefährdet. Redakteure argumentieren.

Zwei Millionen Euro Finanzhilfe für den Airport Weeze?
Foto: Kreis-WfG

Weil Sie’s ja doch erraten: Ich reise leidenschaftlich gern, durchaus auch ins etwas fernere Ausland. Neuerdings, das gebe ich zu, fliege ich etwas seltener, weil nicht von der Hand zu weisen ist, dass Fliegen der Umwelt nicht gut tut. Das wusste ich auch schon vor Greta, aber sie hat es geschafft, dass ich meine Bedürfnisse öfter mal kritisch überdenke und auf den einen oder anderen Kurztrip verzichte. Aber eben nicht auf Flugreisen generell.

Fürs Frühjahr zum Beispiel ist eine vorgesehen, und diesmal muss ich ab Düsseldorf fliegen, weil es das gewünschte Ziel ab Weeze nicht mehr gibt. Immerhin muss ich mir dadurch nicht vorwerfen lassen, die Luft über dem Kreis Kleve zu verpesten – sollen doch die Städter ächzen, die kennen’s ja nicht anders. Hoffentlich dauert die Abfertigung nicht so lange; was man so hört, kriegt der große Airport die Sache mit der Sicherheit ja nicht hin. Es fehlt dauerhaft Personal. Wenn ich mit Leuten, die froh sind, am Airport und in seinem Umfeld einen Job gefunden zu haben, rede, sagt jeder von denen: Warum verlagern die Düsseldorfer mit ihren Kapazitätsprobleme nicht einen Teil des touristischen Geschäfts nach Weeze? Allen wäre geholfen.

 Redakteurin Anja Settnik, Mitglied der Lokalredaktion Kleve, spricht sich für die Unterstützung des Airports aus.

Redakteurin Anja Settnik, Mitglied der Lokalredaktion Kleve, spricht sich für die Unterstützung des Airports aus.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Dank günstiger Tickets ab Weeze haben in den vergangenen Jahren viele Menschen fremde Länder und interessante Menschen kennengelernt, auch Unternehmen setzen auf Weeze. Daran, dass die Preise für jeglichen Verkehr steigen, sollten wir uns gewöhnen. Ganz ehrlich: Wer will uns Bewohnern des linken Niederrheins ernsthaft nahelegen, mit der Bahn nach Italien zu fahren? Allzu oft schafft es der Niersexpress doch nicht einmal bis Krefeld.

 Dirk Möwius, Leiter der Lokalredaktion Geldern, argumentiert gegen die Finanzspritze.

Dirk Möwius, Leiter der Lokalredaktion Geldern, argumentiert gegen die Finanzspritze.

Foto: WfG KK

Schon mitgekriegt? Es scheint wahrscheinlich, dass die Kosten für die Flugsicherung, die bisher nur die Regionalflughäfen, nicht aber die großen Airports selbst zu tragen haben, künftig von der DFS übernommen werden. Damit dürfte Weeze pro Jahr etwa eine Million Euro sparen. Und die Ticketsteuer, die die grenznahen Airports wettbewerbsschädlich belastet, bekommen die Niederländer, wie es aussieht, ein Jahr später auch wieder. Zumindest die Effekte dieser Änderungen sollte man abwarten, bis man die Reißleine zieht. Es würde uns so viel fehlen.

Keine Frage: Auch ich hielt es für richtig, nach dem Abzug der britischen Luftwaffe auf dem Gelände in Laarbruch ein Euregionales Zentrum für Luftverkehr, Logistik und Gewerbe zu entwickeln. Was für eine große Chance für die Region! Allerdings gab es für meine Hoffnungen schon einen erheblichen Dämpfer, als durch das strenge Nachtflugverbot Frachtflug quasi ausgeschlossen wurde. Gerade in diesem Bereich hätte ich für Weeze hervorragende Perspektiven gesehen. Umso erfreulicher, dass es dann eine Zeit lang Erfolgsmeldungen des Passagierflughafens gab.

Doch das ist leider lange vorbei. Seit längerem befindet sich der Airport Weeze im steilen Sinkflug. Alle Zeichen stehen auf Notlandung, im schlimmsten Fall Absturz.

Die Geschäftsführung hatte in den vergangenen Jahren nur eine zentrale Aufgabe: Sie musste andere Anbieter als die eher auf Subventionen bedachte Ryanair für den Standort Weeze begeistern. Die München-Verbindung mit Eurowings war ein vielversprechender Ansatz, doch statt des erhofften Ausbaus des gut gebuchten Angebots kehrte die Lufthansa-Tochter Laarbruch wieder den Rücken. Und Ryanair selbst zieht sich immer mehr zurück. Doch wofür braucht man noch einen Flughafen, auf dem niemand starten und landen möchte? Nun bleibt nur noch der Hoffnungsschimmer, dass bei einer Zusammenarbeit mit Düsseldorf Ferienflieger regulativ gezwungen werden, von Weeze aus zu fliegen. Aus marktwirtschaftlicher Sicht ist das ein Weezer Offenbarungseid.

Niemand auf der Welt dürfte den Flughafen Weeze bis zum letzten kleinen Geheimnis in den Büchern so gut kennen wie sein Eigentümer Herman Buurman. Der Niederländer ist Kaufmann durch und durch. Wenn er nach langen Überlegungen entscheidet, dass es keinen Sinn mehr macht, weiteres Geld in das Projekt zu investieren, wie sollte da ein Kreistagsmitglied mit weitaus weniger Fachwissen auf die Idee kommen, den Finger zu heben, um weitere zwei Millionen Euro auszugeben? Dabei geht es schließlich um Steuergelder, also unser aller Geld. Deshalb sollte man lieber ehrlich genug sein und das Experiment Flughafen Niederrhein für gescheitert erklären.

Das ist traurig und bitter, aber Augen zu und durch ist keine Alternative. Für den Airport Niederrhein heißt es „Bitte anschallen“.

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