Kleve Wiege der Freizeitgesellschaft

Kleve · Der "Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2009" wurde gestern im Kreishaus vorgestellt und überzeugt wieder mit seiner Vielzahl von Geschichten und Themen rund um den Norden des Kreises.

Die Krise ist in aller Munde. Dr. Prick, Chef der Landwirtschaftsschule, macht es sich mit der Bewältigung des Problems recht einfach: Er fordert, man solle der Jugend in den Schulen lehren, wie einfach unsere Altvorderen gelebt haben und dass sich die dekadenten Römer doch erst an die genügsamen Germanen gewöhnen mussten, die fast ausschließlich von Haferbrei lebten. Von wegen Fleisch auf den Tisch . . .

Das war vor mehr als 90 Jahren. Viel geändert hat sich anscheinend nicht, wenn es darum geht, Krisen zu meistern. 1911 riet der Herr Dr. Prick, Haferbrei zu essen, wenn das Fleisch zu teuer ist, 2008 warb der Herr Finanzsenator Sarrazin für warme Pullover, wenn's Öl unbezahlbar wird.

1911 fand man dann natürlich auch eine vernünftige Lösung: Auf dem kleinen Markt wurden Schellfisch und Kabeljau zum Selbstkostenpreis abgegeben, um der deutschen Fleischkrise, die damals noch hausgemacht war, Herr zu werden. Die Klever Zeitungen berichteten, dass der Fisch bis "zum letzten Schwänzchen" weg ging. Insgesamt verkaufte die Stadt 36.500 Kilogramm Fisch in den beiden Jahren dieses besonderen Marktes. Verdienst: 83 Mark.

Fisch für alle

Dr. Bert Thissen, Leiter des Klever Stadtarchivs, hat diese Anekdote aus der Klever Geschichte im neuen "Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2009" beschrieben. Der Kalender wurde gestern im Kreishaus vorgestellt. "Wenn wir gemeinsam den neuen Heimatkalender für den Nordkreis Kleve vorstellen, weiß man, dass Weihnachten nicht mehr weit ist", freute sich Landrat Spreen. Es sei wichtig, mit diesem im Boss-Verlag erschienen Werk wieder ein Stück Kreis Klever Heimat transportieren zu können.

Aufgelegt wird das 256 Seiten starke und mit vielen schwarz-weißen und farbigen Bildern versehene Buch in einer Auflage von 4000 Stück, sagt Verleger Heinz Sack, der hofft, in diesem Jahr die 4000 Stück allesamt zu verkaufen. Gerade jetzt in der Weihnachtszeit.

Wiltrud Schnütgen und Wilhelm Diedenhofen, die mit Bert Thissen und Gochs Stadtarchivar Hans-Joachim Koepp das Redaktionsteam bilden, wiesen auf die Vielfalt des Bandes hin, der Geschichten aus allen Ortschaften des alten Kreises Kleve und Rees und Emmerich bringt.

Da ist der Reisebericht der Adele Schopenhauer, einer Schwester des berühmten Philosophen, die Xanten und Kalkar beschrieb. Wunderbar Hans-Joachim Koepps Geschichte der "Öffentlichen Lustbarkeiten" über Vergnügungen in früherer Zeit. Ein breites Spektrum gilt dem Denkmal des Großen Kurfürsten und einer damaligen Alternative von Gerd Brüx mit Jungfrau Kleve.

Ursula Geisselbrecht-Capecki schreibt über das "Hohenzollern-Denkmal", das an 1609 erinnert. Und nicht zu vergessen die Hochwasserkatastrophe von 1809. Nicht zu vergessen Sigrun Hintzens Erinnerung an Walter Gieseler. Wiltrud Schnütgen hätte die Vielfalt nicht besser beschreiben können: "Jeder wird etwas finden — viele finden vieles!".

(RP)
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