Kreis Kleve Von der anderen Anna und den Gecken

Kreis Kleve · Der "Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2014" wurde jetzt von Verleger Heinz Sack und Landrat Wolfgang Spreen vorgestellt. Er enthält 45 Beiträge über Geschichte und Gegenwart der Region, vielen Fotos und natürlich Kleefs Platt.

 Das Bildnis der Pfälzer Anna von Cleve wird Antonius Claeissens zugeschrieben und zeigt die Kleverin 1577.

Das Bildnis der Pfälzer Anna von Cleve wird Antonius Claeissens zugeschrieben und zeigt die Kleverin 1577.

Foto: Kalender

Sie heißen beide Anna von Cleve. Die eine ist berühmt: Sie ist die Anna von Cleve, Gemahlin des englischen Königs Heinrich VIII. Die Berühmte galt als hässlich und überlebte, weil der König sie nicht wollte. Die andere Anna ist die Nichte der Königin und wurde 1551 geboren. Später heiratete sie den Pfalzgraf zu Neuburg, Philipp Ludwig — wie ihre Tante war auch die jüngere Anna bei der Hochzeit nur zweite Wahl. Denn der Pfälzer hatte bereits um ihre Schwester Maria Eleonora angehalten, war aber abgewiesen worden. Von der Pfälzer Anna gibt es ein Gemälde im Besitz der Sammlung des Kurhauses Kleve und ein stattliches Standbild vor Schloss Neuburg an der Donau. Einmal als junger Twen und dann in Stein gehauen als fast 60-jährige Regentin. Wilhelm Diedenhofen stellt im neuen "Kalender für das Klever Land auf das Jahr 2014" (12,80 Euro im Buchhandel) die unbekannte Anna vor — zeigt ihre Bilder und erzählt die Geschichte der Frau.

240 Seiten umfasst der vom Kreis Kleve herausgegebene und bei Boss in Kleve verlegte Band. Er blickt in seinen Beiträgen tief in die Geschichte, vergisst aber auch die Gegenwart nicht. Manchmal vermischen sich Gegenwart und Geschichte — wie bei den Ankäufen des Freundeskreises für das Museum Kurhaus, den Büchern des Moritz von Nassau und dem Bild von Frans de Hulst. Dr. Roland Mönig und Beate Kolodziej stellen die beiden Werke (die erste Naturgeschichte Brasiliens und das Bild) vor. In der Gegenwart per Ankauf nach Kleve gekommen und präsentiert, erzählen sie von der Geschichte des Ortes.

Wie gewohnt hat der Kalender wieder seine klare Ordnung, startet mit der Beschreibung der Titelzeichnung von Fritz Poorten, Haus Zelm, es folgt das Kalendarium für das kommende Jahr. Dieses Mal schmücken Postkarten aus dem Besitz von Verleger Heinz Sack die Monate. Spannend, dass zur Jahrhundertwende fast alle Orte, auch kleine wie Hönnepel, ihre eigenen Grußkarten hatten. Dann folgen die Beiträge, die im Anhang noch nach Fach- und Sachgebieten geordnet sind: Geschichte, Kunst und Wissenschaft sowie Natur, Erinnerungen, Mundart und die Gedichte und Erzählungen, die über die Seiten des Kalenders verstreut sind.

Spannend ist die Untersuchung von Georg Cornelissen über mundartliche Begriffe in Keppelner Familiennamen. Zu den Mundartgeschichten hat der Kellener Franzose Pierre Theunissen wieder seine lesenswerten Erinnerungen beigesteuert. Dieses Mal seine dritte Lehre als Künstler beim Bildhauer Sabisch und den "mojjsten Dag en min Lääve", als er von Sabisch endlich die erlösenden Worte hört: "Peter (...) ich kann Dir sagen und versichern, dass du eine (...) Begabung zum Bildhauer hast". Er wolle ihn für die Werkkunstschule vorbereiten. Theunissen trifft auch dieses Jahr mit feiner Ironie die Kämpfe in seinem Inneren und weckt zugleich den Geist der frühen Nachkriegszeit.

Den Geist, der sich ändert, entdeckt Heimatkalender-Redaktionsmitglied Wiltrud Schnütgen im Klever Karneval: Sehr schön erklärt sie die Geschichte und Bedeutung der Klever "geselscap van den gecken". Sie berichtet zudem vom Kurfürsten, der im Februar 1631 das Fastnachtsspiel und das dabei "gepflegte Saufen und Fressen" als heidnisch verbieten wollte. Es fruchtete nicht — denn Karneval wird weiter gefeiert. Bis 2013 sogar der Klever Traditionsclub Schwanenfunker modern wurde: Seit Herbst dürfen hier sogar Frauen Mitglieder werden, schreibt sie. Gochs Stadtarchivar Hans-Joachim Koepp erzählt die Geschichte der Gocher Dächer und wie sie mit vereinten Kräften nach dem Krieg wieder Ziegel bekamen.

Insgesamt hat das Redaktionsteam — Wilhelm Diedenhofen, Ursula Geisselbrecht-Capecki, Hans-Joachim Koepp, Wiltrud Schnütgen und Bert Thissen — rechtzeitig vor Nikolaus und Weihnachten wieder ein rundes Stück Geschichte zusammengestellt. Mit der wichtigen Agenda aller Ereignisse des Jahres 2013, die Bert Thissen pflegt. Landrat Wolfgang Spreen freute sich wieder, dass der Kreis dieses Buch unterstützen kann.

(RP)
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