Kalkar "Verlust schwer zu verkraften"

Kalkar · Interview mit Kalkars Bürgermeister Gerhard Fonck über die Folgen der Schließung von Campina. Die gute Vermarktung von Gewerbeflächen und Betriebserweiterungen stimmen Fonck dennoch hoffnungsvoll.

 Kalkars Bürgermeister Gerd Fonck im Gespräch mit RP-Redakteur Ludger Distelkamp.

Kalkars Bürgermeister Gerd Fonck im Gespräch mit RP-Redakteur Ludger Distelkamp.

Foto: Evers

Sie ist jetzt Geschichte, die Molkerei Campina, einst Milchwerke Wöhrmann. 235 Menschen haben beim größten Arbeitgeber in Kalkar gearbeitet. Über die Auswirkungen der Schließung auf die Stadt sprach RP-Redakteur Ludger Distelkamp mit dem Bürgermeister Gerhard Fonck.

Die Stadt hat versucht, mit der Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft des Kreises, einen Nachfolge-Betrieb für die Molkerei zu finden, um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Warum ist der Plan gescheitert?

Gerhard Fonck Um für den Standort eine Perspektive zu entwickeln und um diesen zu erhalten, hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Kleve mit Geschäftsführer Hans-Josef Kuypers zusammen mit der Wirtschaftsförderin der Stadt Kalkar, Brigitte Jansen, eine umfassende Analyse für das Molkereigelände erstellt. Es fanden zahlreiche Gespräche mit Fachleuten der Milch- und Ernährungswirtschaft statt.

In einer branchenspezifischen Mailing-Aktion wurden potenzielle Investoren auf den Standort aufmerksam gemacht. Kontaktiert wurden auch Unternehmen der Saft- und Getränkeherstellung. Weiterhin wurde der Standort auf der Immobilienmesse ExpoReal in München beworben. Daraus folgend wurden auch mit potenziellen Investoren Einzelgespräche geführt, selbst ein Unternehmer aus China interessierte sich für die Molkerei. Die Unterstützung der Verwaltung und der Wirtschaftsförderung war allzeit gegeben.

Was unternimmt die Stadt, um den Verlust von Arbeitsplätzen aufzufangen?

Fonck Die Schließung eines Unternehmens bedeutet zunächst einmal für jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer einen bitteren Einschnitt. Dazu hoffe ich, dass sich auch für diejenigen, die noch keine Folgebeschäftigung gefunden haben, alsbald eine neue berufliche Perspektive auftut. Der Verlust von über 200 Arbeitsplätzen ist zugleich auch für Kalkar schwer zu verkraften und wird nur mit großer Anstrengung aufzufangen sein.

Überdies gehen aber nicht nur die Molkereiarbeitsplätze verloren, sondern die Schließung zieht außerdem einen wesentlichen Anteil an Wirtschaftskraft ab, woran ebenfalls Arbeitsplätze hängen. Da nenne ich einmal nur die örtlichen Handwerksbetriebe, die ihre Reparatur- und Wartungsaufträge verlieren. Hoffnungsvoll stimmt mich jedoch die gute Vermarktung von Gewerbeflächen.

Die Stadt Kalkar konnte neue Firmen ansiedeln bzw. ansässige Unternehmen haben Erweiterungen vorgenommen. Verbunden ist damit auch die Schaffung neuer bzw. Sicherung bestehender Arbeitsplätze, was den nun entstehenden Verlust wiederum etwas abmildert. Beispielhaft nenne ich hier die Betriebserweiterung beim Unternehmen SILESIA oder auch die Ansiedlung der Firma Schwevers & Raab. Zu nennen ist aber auch der weitere Aufbau und die Stärkung des Bundeswehr- und NATO-Standortes.

Werden die Abwassergebühren jetzt steigen, weil die Molkerei nicht mehr produziert? Und wenn ja, wie hoch werden sie steigen?

Fonck Da die Molkerei nennenswerte Wassermengen benötigt hat, sind folglich durch die Produktion auch große Abwassermengen angefallen und eingeleitet worden. Inwieweit sich bei der Berechnung nach dem Wegfall dieser Abwassermengen das in der künftigen Gebührenfestsetzung niederschlägt, kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkret beziffert werden.

Gewerbesteuer-Einnahmen fallen durch das Ende der Molkerei für die Stadt Kalkar weg. Wie kann die Stadt den Verlust auffangen und wird es deshalb höhere Steuern geben?

Fonck Die Gewerbesteuereinnahmen bilden eine tragende und wichtige Säule der kommunalen Finanzen. Mit der Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) und der damit verbundenen Kürzung der Schlüsselzuweisungen ist für Kalkar zusätzlich ein herber finanzieller Einschnitt eingetreten.

Mit dieser gesetzlichen Anpassung wurde aber auch der fiktive Hebesatz für die Gewerbesteuerfestsetzung erhöht, was in der Folge zu Steuererhöhungen bei den Unternehmen führt. Diese Mehreinnahmen gleichen aber nicht die durch Betriebsschließung wegbrechenden Einnahmen aus.

Dennoch aber möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt keine weitere Gewerbesteuererhöhung ins Auge fassen, sondern gehe davon aus, dass die Wirtschaft weiter Wachstum abbildet und sich über die daraus höher fällig werdenden Steuern andere Verluste ausgleichen lassen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort