Kleve Urlaub neben Gleis 2

Kleve · Der Wohnmobil-Stellplatz an der Van-den-Bergh-Straße ist besonders bei Campern aus Holland beliebt. Dabei liegt er direkt zwischen dem Bahnhof und einer großen Baustelle. Unsere Reporterin suchte nach der Urlaubs-Stimmung.

 Nur wenige Meter hinter dem Stellplatz schaufeln Bagger ab dem frühen Morgen Steine und Sand.

Nur wenige Meter hinter dem Stellplatz schaufeln Bagger ab dem frühen Morgen Steine und Sand.

Foto: Markus van Offern

Von rechts wehen Staubpartikel herüber. Sie landen in den Augen oder krabbeln hoch in die Nase. Oder noch schlimmer: Sie stürzen sich in die Tasse mit dem frisch gebrühten Kaffee. Die Finger reiben durch das Gesicht, immer abwechselnd zwischen Augenlidern und Nasenspitze. Von links kommt kein Dreck, dafür grummelt der Motor des RE 10 auf Gleis 2. Das Alarmsignal der schließenden Zugtüren quiekt pünktlich um 10.51 Uhr.

 Mit aufgebrühtem Kaffee starten die Harnewalds in den Tag.

Mit aufgebrühtem Kaffee starten die Harnewalds in den Tag.

Foto: Markus van Offern

Dort zwischen dem Klever Bahnhof und der Großbaustelle reihen sich die Campingmobile auf dem Stellplatz Van-den-Bergh-Straße. Die meisten Camper bleiben hier aber nicht für eine kurze Rast, sie machen Urlaub. Überwiegend Holländer tummeln sich auf dem Ferien-Areal mit 60 Standplätzen. Manche für mehrere Tage, andere bleiben Wochen oder sogar den ganzen Sommer. Die Klever Stadttouristik wirbt auf ihrer Internetseite mit den Worten: "Hinter dem Bahnhof gelegen, befindet sich der Stellplatz in ruhiger Lage und doch sehr zentral zur belebten Innenstadt."

 "Es ist nicht ruhig, aber gemütlich", sagt Bob Harnewald. Das Ehepaar aus Holland liebt die direkte Nähe des Platzes zur Innenstadt.

"Es ist nicht ruhig, aber gemütlich", sagt Bob Harnewald. Das Ehepaar aus Holland liebt die direkte Nähe des Platzes zur Innenstadt.

Foto: Markus van Offern

Der Bagger entleert seine Schaufel. Kies donnert auf einen riesigen Berg mit noch mehr Kies. Eine neue Staubwolke zieht am Campingstuhl vorbei. Aus einem grauen Mobil steigt ein Mann mit kurzer Hose, Polohemd und Adiletten. Er dreht eine Runde um sein Fahrzeug und kehrt mit einer kleinen Wanne zurück. Mit großen Schritten hievt er sie zu einem Loch, das einem überdimensionalen Küchenabfluss ähnelt. Die gelbliche Flüssigkeit platscht auf das Abflussgitter. Der Duft des frisch gebrühten Kaffees ist wie weggeätzt. Aber was hilft es - schließlich muss auch das Wohnmobil-Klo entleert werden.

"Es ist gemütlich hier", sagt Mieke Harnewald. Seit 2013 kommt die Holländerin mit ihrem Mann aus dem 125 Kilometer entfernten Hilversum einmal im Jahr, mindestens für zehn Tage. "Wir können von hier mit den Fahrrädern wegfahren oder direkt zu Fuß in die Innenstadt gehen", sagt Bob Harnewald. Auch der Preis ist für die 79-Jährige und den 81-Jährigen ein Argument für den Platz neben dem Bahnhof. Fünf Euro kostet eine Übernachtung. "Hier ist es günstig, in Holland viel zu teuer", sagt die vierfache Großmutter.

Regentropfen fallen auf die Markise. Wie Ameisen flitzen die Camper aus ihren Bauten, klappen Stühle und Tische zusammen, ziehen Bezüge über die Fahrradsättel. Ein Mitarbeiter vom Ordnungsamt streckt sich bis auf die Zehenspitzen. Er lugt in die Fensterscheibe eines Wohnmobils. Gültiger Schein? Alles korrekt. Bei seiner Runde um den Platz federt der Schotterrasen seine Turnschuhe ab. Fast graziös gleitet er von Fahrzeug zu Fahrzeug. In den ersten beiden Jahren nach der Eröffnung im Juni 2010 stieg die Zahl der Übernachtungen zunächst an. So waren es Zählungen der Stadt Kleve zufolge im Jahr 2012 insgesamt 5195 Übernachtungen (2011: 4521). Die Jahre darauf blieb die Zahl konstant um die 4000 bis 4300. Im vergangenen Jahr dürfte das schlechte Sommerwetter für die vergleichsweise schwache Zahl verantwortlich sein: Nur 3220 Übernachtungen kommen für das Jahr 2017 zusammen. Das Ehepaar Harnewald mag es, wenn es nicht ganz so voll ist. Dann können sie sich mit ihrem 18 Jahre alten Wohnmobil richtig ausbreiten. "Über Pfingsten wird hier wieder die Hölle los sein", prognostiziert Bob Harnewald und beißt in seinen "Stroopkoeken". Zeitgleich zieht er einen Handstaubsauger, um die frischen Keks-Krümel vom Teppichboden seines Mobils zu entfernen. Hier auf dem Platz sei es natürlich nicht vollkommen ruhig, sagt Mieke Harnewald und zeigt Richtung Straße und Baustelle. "Aber die Züge sind leise, davon hören wir gar nichts." Wo sonst könne man schon so nah mit dem Wohnmobil an einer Fußgängerzone halten?

Bahnfahrer steigen aus dem Zug und schlurfen über den Campingplatz. Für sie ist die Abkürzung praktisch. Genauso wie für die Camper der Stellplatz Van-den-Bergh-Straße praktisch ist. Und eben gemütlich.

(laha)
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