Kleve Über den Dächern Kleves

Kleve · Wissen Sie, wie die Glocken im Speicher der Schwanenburg aussehen? Sehenswürdigkeiten besucht man oftmals nur auf Städtereisen. Warum eigentlich? Auch unsere lokalen Plätze sind durchaus einen Blick wert.

 Diese Gruppe des ADFC aus Köln erkundete mit ihren Rädern das Kleverland. Als Abschluss kamen sie zur Schwanenburg-Führung nach Kleve.

Diese Gruppe des ADFC aus Köln erkundete mit ihren Rädern das Kleverland. Als Abschluss kamen sie zur Schwanenburg-Führung nach Kleve.

Foto: Isabell Hülser

Es ist doch so: Meist begibt man sich anderswo auf Entdeckungstour. Im Urlaub und auf Städtereisen interessieren uns plötzlich Kirchen, Schlösser und andere Sehenswürdigkeiten. Doch waren Sie schon einmal am höchsten begehbaren Punkt der Schwaneburg und haben die Glocken nicht nur schlagen gehört, sondern auch schlagen gesehen? "In der eigenen Stadt macht man sowas irgendwie nie", sagt Monika Reinders, die dies nun ändern will. Und trotzdem bestimmen das Bild, zumindest an diesem Tag, vor allem Gäste aus anderen Städten. So wie die 10-köpfige Radlergruppe des ADFC aus dem "fernen" Köln, die die Schwanenburg-Führung als Highlight ihrer Radtour durch das Kleverland besucht.

 Blick auf den Schwanenturm, wie er heute über Kleve thront. Der obere Teil wurde während des Krieges zerstört. Obenauf: der original Schwan.

Blick auf den Schwanenturm, wie er heute über Kleve thront. Der obere Teil wurde während des Krieges zerstört. Obenauf: der original Schwan.

Foto: Hülser

Gemeinsam erkundet sie mit Stadtführerin Wiltrud Schnütgen die Schwanenburg. "Die Linden, die den Parkplatz an der Burg begrenzen, deuten die Raumwirkung des früher dort befindlichen Rittersaals an, der 1770 eingestürzt ist", erklärt Wiltrud Schnütgen, ein gemaltes Bild des ursprünglichen Rittersaals in der Hand.

Wenig später geht es durch die schwere Tür mit alten Beschlägen hinein in den Spiegelturm. "Wenn sie den Fuß durch die Tür setzen, werden sie direkt ein paar Jahrhunderte zurückversetzt", so Schnütgen. Das können die rund 20 Teilnehmer der Führung, als sie die modrige Luft im ehemaligen Gefängnisraum einatmen, nur bestätigen.

Eine Etage höher, in der ehemaligen Schreibkammer des Herzogs, in der nun auch standesamtlich geheiratet werden kann, ist die Atmosphäre wesentlich freundlicher. In einer Nische in der Wand zeigt sich, wie die Toiletten vor einigen Jahrhunderten aussahen. Durch ein Loch "rutschten" die Exkremente durch die Mauer bis vor die Burg. Und auch Toilettenpapier gab es damals noch nicht. "Zum Säubern nahm man den kleinen Finger. Den hat man deswegen beim Essen und Trinken abbespreizt. Wer bei uns eine Führung mitgemacht hat, hält sein Glas anders" erklärt die Stadtführerin.

Apropos Glas, hinter dem sieht man im Burghof den vor gut 10 Jahren entdeckten mehr als 800 Jahre alten Burgbrunnen, der 45 Meter in die Tiefe reichte. Für die Gruppe ging es jedoch hoch — um genau zu sein 206 Stufen den Schwanenturm hinauf. Während es im Inneren des Turmes Ausstellungsstücke, unter anderem zur Zerstörung während des Krieges, gibt, besticht vor allem die Aussicht über die Stadt und das Klever Umland. Ein Blick, der sicher nicht nur die Gäste, sondern auch die Klever selbst beeindruckt.

Zum Ende muss es jedoch schnell gehen. "In vier Minuten gehen die Glocken, das wollen wir nicht verpassen", erklärt Wiltrud Schnütgen und führt die Gruppe auf den Speicher zu den zwei in Kleve 1570 gegossenen Glocken. Zur vollen Stunde bietet sich hier ein klanggewaltiger Abschluss der Führung.

(RP)
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