Experten diskutieren So gelingt die Betriebsübergabe

Kleve · Was sollten Unternehmer beachten, wenn sie einen Nachfolger suchen? Diese Frage stellten sich die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt von Rheinischer Post und Volksbank Kleverland. Ein guter Rat lautet: Nicht zu lange warten.

 Achim Zirwes, Hans-Josef Kuypers, Peter Janßen, Marc Cattelaens, Matthias Grass, Holger Schnapka, Lothar Quartier, Marc Wiederuh, Nicolas Bremer und Joachim Rasch (von links) diskutierten über das Thema Betriebsnachfolge.

Achim Zirwes, Hans-Josef Kuypers, Peter Janßen, Marc Cattelaens, Matthias Grass, Holger Schnapka, Lothar Quartier, Marc Wiederuh, Nicolas Bremer und Joachim Rasch (von links) diskutierten über das Thema Betriebsnachfolge.

Foto: Klaus-Dieter Stade (kds)/Stade, Klaus-Dieter (kds)

150.000 Familienunternehmen in Deutschland sind in den nächsten zwei Jahrzehnten „übernahmereif“, sagt Marc Wiederuh, Prokurist der Volksbank Kleverland. Nicht wenige Inhaber haben ein großes Problem: Sie wissen nicht, an wen sie ihre Firma übergeben sollen. Bei der Zukunftswerkstatt haben wir Experten aus der Region gefragt, wie ihre Erfahrungen sind und welchen Rat sie geben können.

Peter Janßen, Geschäftsführer des Malerbetriebs Janßen in Kellen, hat die Unternehmensnachfolge schon vor Jahren geregelt. Sein Vater hatte die Firma nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut, er selbst hat das Unternehmen mit seinem Bruder zu seiner heutigen Größe mit mehr als 50 Mitarbeitern gebracht. „Wir haben frühzeitig überlegt, wie es weitergehen soll. Mein Sohn hat nicht lange überlegt und gesagt, dass er die Firma übernehmen möchte“, erzählt Janßen. Sein Sohn Peter machte zunächst sein Abitur, dann seine Lehre, studierte anschließend Bauingenieurwesen und legte dann noch erfolgreich seine Meisterprüfung ab. Damit war er gut gewappnet für die Firmenübernahme. So sieht eine Ideallösung aus.

„Der Regelfall sieht allerdings anders aus“, betont der Kreis Klever Wirtschaftsförderer Hans-Josef Kuypers. Häufig finde sich in der Familie keiner, der die Firma gerne übernehmen würde. Dann sei man auf einen Käufer angewiesen - und bis der sich findet, das kann dauern. Viele Inhaber würden den Zeitraum, den es braucht, um den idealen Nachfolger zu finden, überschätzen, betont Kuypers. Ein weiteres Problem: Häufig schätzten die Firmenchefs den Wert ihres Unternehmen falsch, sprich zu hoch ein. „Viele müssen dann merken, dass der Markt das so nicht hergibt“, sagt der Wirtschaftsförderer.

Holger Schnapka, Berater für Betriebsnachfolge bei der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer nennt Zahlen, die wenig Mut machen: „Zehn Prozent der Unternehmer ab 55 Jahren denken daran, ihre Firma abzuwickeln, weil sie entweder keinen Nachfolger finden, oder sie den Eindruck haben, dass sich alles nicht mehr lohnt.“ Lothar Quartier, Geschäftsführer der gleichnamigen Metzgerei, hätte diese Quote noch höher geschätzt. „Es zählen Zahlen und Fakten. Oft wird es auch für einen Nachkommen schwierig, eine Firma zu übernehmen, weil die Marktlage alles andere als rosig ist oder weil das Unternehmen nicht gut dasteht“, sagt er. In seiner Branche, gerade am unteren Niederrhein, hätten es junge Menschen besonders schwierig. „Früher haben 18 Prozent der Verbraucher beim Metzger eingekauft. Heute sind es noch sechs Prozent und die essen auch noch weniger Fleisch“, sagt Quartier. Als sein Sohn Daniel in seine Fußstapfen getreten ist, habe beide gemeinsam beschlossen, noch ein zusätzliches betriebliches Standbein aufzubauen und gründeten den Imbiss CurryQ. „Man muss als Unternehmer ständig in Bewegung sein, um attraktiv zu sein“, betont Quartier.

Achim Zirwes, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Kleve, rät Unternehmern, die keinen Nachfolger in der Familie haben, sich an die Betriebsberater der Kammern zu wenden und sich kostenlos bei deren Börsen zu registrieren. Holger Schnapka ist einer dieser Berater, er kommt im Bedarfsfall zu den Betrieben. In der Betriebsbörse der IHK stehen zurzeit 23 Betriebe mit Kennziffern wie Mitarbeiteranzahl und Umsatzgröße. Im Kreis Kleve gebe es, so Schnapka, 222 Unternehmer, die älter als 60 Jahre sind. „Da hängen 7000 Stellen dran“, sagte er.

Kleves Wirtschaftsförderer Joachim Rasch hält die Betriebsnachfolge für ein „emotionales Thema“. Wenn er mit Unternehmern ins Gespräch kommt, fragt er gerne, ob es einen „Notfallplan“ gibt. „Was ist, wenn der Inhaber plätzlich schwer erkrankt? Der Notfallkoffer sollte stes gepackt sein“, betont er. Dazu gehöre es, den Steuerberater ins Boot zu holen. Rasch: „Er kann ganz nüchtern eine Bilanz erstellen.“

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