Kalkar Sturmgeschädigte Gerichtslinde muss fast halbiert werden

Kalkar · Der mehr als 450 Jahre alte Baum, der am Markt in Kalkar steht, hat unter dem stürmischen Sonntag so sehr gelitten, dass er etwa 40 Prozent seiner Höhe verliert. Gestern Morgen maß Dr. Jürgen Kutscheidt, Baumsachverständiger aus Krefeld, noch mal nach: Der Zollstock zeigte 16 Meter. "Sieben Meter sind schließlich eingekürzt worden." Ein gravierender Eingriff, findet der Experte, aber ein unumgänglicher.

 Die gekürzte Gerichtslinde gestern Nachmittag.

Die gekürzte Gerichtslinde gestern Nachmittag.

Foto: Gottfried Evers

Eine starke Böe riss einen großen Ast heraus, mit einem Durchmesser von 30 bis 40 Zentimeter, so Harald Münzner von der Stadtverwaltung Kalkar. "Das hatte natürlich Auswirkungen auf die Statik", sagt er. Damit keine Gefahr für Passanten und Fahrradfahrer besteht, wurde ein großer Bereich um den Baum eingezäunt. Die Lösung des Problems sei ein Stahlgerüst allerdings nicht. Aus diesem Grund beauftragte die Stadt eine Baumkommission. Das Team um Jürgen Kutscheidt stellte fest, dass die Gerichtslinde fast halbiert werden muss, damit die Verkehrssicherheit wieder gewährleistet wird.

Mit einem Steiger kletterten gestern die Baum-Experten in die Krone, um sich ein genaues Bild vom Zustand zu machen. Im Inneren sei der Stamm sehr faul. Ursache dafür ist ein Pilzbefall. Nicht unüblich für einen so alten Baum, aber eben gefährlich. "Ein paar Bereiche sind so geschädigt, dass die Äste nur noch auf der Rinde sitzen", sagt der Baumsachverständige. Dadurch könne die Gerichtslinde gerade noch so ihr Eigengewicht halten, nicht aber gegen Wind bestehen. Der Experte gibt trotzdem Entwarnung: "Gefällt werden muss der Baum nicht." Dafür sei er einfach viel zu vital. "Die Gerichtslinde treibt sehr gut aus, und die Blattgröße ist prima. Ein echtes Altertümchen", sagt Kutscheidt. Vergleiche man die Linde mit einem Menschen, so der Experte, sei sie der Jopie Heesters unter den Bäumen. Der Schauspieler und Sänger wurde immerhin 108 Jahre alt.

Damit sich die Linde erholt und gestärkt wird, hat sie nicht nur an Höhe verlieren müssen. "Und da bewegen wir uns wirklich im Grenzbereich zum Verantwortbaren", sagt Kutscheidt. Damit nicht noch mehr Äste gefällt werden müssen, werden Seile als Stabilisator in die Krone eingebaut. Sollte also ein Ast abbrechen, würde er nicht auf den Boden stürzen und womöglich jemanden verletzen. Außerdem planen Stadt und Baumkommission Maßnahmen, um den Baum aufzupäppeln: "Wir impfen einen Mykorrhiza-Pilz in den Wurzelbereich", sagt der Krefelder. Ganz recht, ein Pilz. Aber ein guter. Er soll bei der Nährstoffaufnahme unterstützen.

(RP)
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