Kleve-Materborn Sterbekasse Materborn vor dem "Aus"

Kleve-Materborn · Ende des Jahres löst sich der Verein mit 900 Mitgliedern auf, weil der Vorstand keine Nachfolger findet. Eine mehr als 100-jährige Tradition geht zu Ende.

 Petra Groenen und Marlies Hendricks von der Sterbekasse Materborn bei der Sichtung der Akten.

Petra Groenen und Marlies Hendricks von der Sterbekasse Materborn bei der Sichtung der Akten.

Foto: Gottfried Evers

Es gibt Materborner, die sind direkt nach ihrer Geburt Mitglied der Sterbekasse geworden. "Früher war das ganz normal, dass die Eltern ihr Neugeborenes bei uns angemeldet haben", sagt Petra Groenen, die Schriftführerin der Nachbarschaftlichen Sterbekasse Materborn Kleverberg. Auch heute noch mangelt es ihrem Verein nicht an Mitgliedern, doch es findet sich keiner mehr, der Vorstandsarbeit leisten will. Die Folge: Ende dieses Jahres löst sich die Sterbekasse Materborn auf.

Mehr als 100 Jahre lang hatte die Sterbekasse, deren Einzugsbereich sich über den Treppkesweg, Schweizer Straße, Königsallee und Poststraße erstreckt, Bestand. 900 Mitglieder zählt der Verein zur Stunde.

 Grabstein auf dem Friedhof in Kleve-Materborn - dahinter die erleuchtete Kirchenfenster.

Grabstein auf dem Friedhof in Kleve-Materborn - dahinter die erleuchtete Kirchenfenster.

Foto: Gottfried Evers

Vor zwei Jahren setzte der "Todeskampf" der Sterbekasse ein. "Da zeichnete sich ab, dass wir keinen Nachfolger für den Vorstand mehr finden. Wir haben zwei Jahre lang gesucht, doch es hat sich keiner gemeldet. Das ist schon bedauerlich, da es uns an Mitgliedern ja wirklich nicht mangelt. Wir hätten noch etliche Jahre weitermachen können", berichtet Groenen. Doch die Kassenführung sei aufwendig, damit wolle sich heute keiner belasten.

Die Mitglieder der Sterbekasse Materborn Kleverberg zahlen einen Beitrag von sechs Euro pro Jahr. Ab 15 Jahren wird man beitragspflichtig, ab 80 Jahren ist man davon entbunden. Tritt der Sterbefall ein, zahlt die Sterbekasse an die Hinterbliebenen aus - 600 Euro für einen verstorbenen Erwachsenen, 300 Euro für ein Kind. "Früher war die Ausschüttung höher, aber in Zeiten von Niedrigzinsen können wir nicht mehr erwirtschaften", sagt Groenen. In diesem Jahr sind 18 Menschen gestorben, deren Hinterbliebene ausgezahlt wurden. "Das ist mehr als sonst. Im Durchschnitt haben wir 14 Sterbefälle", berichtet die Schriftführerin. Nur noch bis zum Ende dieses Jahres zahlt die Sterbekasse aus - dann wird sie aufgelöst.

Nach einem Sperrjahr soll die Auszahlung der Mitglieder ab Januar 2018 erfolgen. Das Prinzip: Das Vereinsvermögen wird unter den Mitgliedern nach Anzahl der Mitgliedsjahre aufgeteilt. Der Vorstand der Sterbekasse bittet die Mitglieder, die keinen Bankeinzug genehmigt haben, ihre Daten schriftlich mitzuteilen.

Der Materborner Pfarrer Christoph Grosch weiß, dass es viele ältere Menschen gibt, die sich Gedanken machen um das, was nach ihrem auf ihre Hinterbliebene zukommt. "Für sie ist die Sterbekasse eine gute Möglichkeit, den Hinterbliebenen etwas von der finanziellen Last zu nehmen." Aber er hat auch festgestellt, dass immer mehr Menschen das Thema Tod aus ihrem Leben verdrängen. "Da gibt es einen gesellschaftlichen Wandel", sagt Pfarrer Grosch. Vielleicht sei auch dass ein Grund dafür, dass es kaum noch Menschen gibt, die sich in einer Sterbekasse engagieren.

Für den Klever Bestatter Wilfried Hendricks steht fest, dass es immer mehr Familien gibt, die sich die Bestattung ihrer Angehörigen kaum noch leisten können. "Die Tendenz ist steigend. Viele wollen eine möglichst schlichte Bestattung", sagt Hendricks. Aber auch die ist nicht gerade preiswert. "4000 Euro kommen da schnell zusammen", sagt Hendricks. Es sei sinnvoll, eine finanzielle Vorsorge zu betreiben. "Da können Sterbekassen eine Möglichkeit sein", sagt Hendricks.

Zur jüngsten Jahreshauptversammlung der Sterbekasse Materborn, bei der es um die Auflösung ging, kamen 88 Mitglieder. Normalerweise sind es höchstens 15. Groenen: "Dass die Sterbekasse aufgelöst wird, wollte eigentlich keiner. Aber für einen Vorstandsposten gemeldet hat sich auch niemand."

(RP)
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