Bedburg-Hau Staunen in der "Wunderkammer"

Bedburg-Hau · Das ArToll-Kunst-Labor in Bedburg-Hau eröffnet morgen eine Ausstellung zum Wundern und Staunen. 19 Künstler schaffen seit drei Wochen "Wunderkammern" mit allerlei ausgefallenen Kunstwerken.

Was wundert einen bei all der Reizüberflutung, täglichen Schreckensnachrichten und globaler Vernetzung eigentlich noch? Es gilt, die kleinen Wunder des Lebens für sich wieder zu entdecken. Das haben sich auch die 19 Künstler gedacht, die seit drei Wochen im ArToll-Kunst-Labor Projekte zum Thema "Wunderkammer" entwickelt haben. Die insgesamt 18 "Wunderkammern" beherbergen Fantastisches und Außergewöhnliches. Da gibt es eine im Freien stehende Waschmaschinenwand, die bei genauerer Betrachtung ihr interessantes Innenleben offenbart, zauberhafte Kunstwerke aus Sperrmüll, einen Pusteblumen-Himmel, Tierprozessionen oder eine Glühbirnenfabrik. "Unsere Ausstellung ist sehr vielseitig, schließlich ist auch das Wundern individuell", sagt Friedefrau Deutsch, die in ihrem "Ichspeicher (Affe+Vogel+Ich)" das präsentiert, worüber sie sich am meisten wundert: sich selbst. Ria Gerths Wunderkammer mit dem Titel "Mich wundert nix mehr" ist eine "Mischung aus Kuriositäten, Kabinett und Heimatmuseum", wie die Künstlerin erklärt. Sie besteht hauptsächlich aus Kreidezeichnungen, die das Flüchtige betonen solle, das jeder "Wunderkammer" innewohne, sagt Gerth.

Internationales Arbeiten

Die 19 Künstler kommen aus Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Großbritannien, Kuratorin für das Projekt war Dini Thomsen, die auch für die sechs bis zehn anderen Projekte im Jahr als zentrale Figur fungiert. "Das hier ist ein toller Ort, um Kunst zu schaffen", sagt Hedley Roberts aus London. Seine Kunstwerke zeigen meist sich küssende Paare. "Ich versuche, mich an meine eigenen Küsse zu erinnern, sie festzuhalten und die unterschiedlichen Gefühle herauszustellen", erklärt der Brite. Einen Tag braucht er in etwa, um eines seiner Werke fertigzustellen, als Vorbilder dienen ihm Filmstars, andere bekannte Persönlichkeiten oder Freunde und Zufallsbekanntschaften. Er übernachtet, wie die anderen Teilnehmer, im oberen Geschoss des Jugendstilhauses, in dem das "ArToll" seit 1994 beherbergt ist. Das Arbeiten auf dem Psychiatriegelände beeinflusse auch ihre Arbeiten, erzählen die Künstler. Zum Einen sei das ungestörte, ruhige Arbeiten sehr angenehm, außerdem inspirieren die Patienten und die Räumlichkeiten die Künstler. Pat van Boeckel aus den Niederlanden hat einen Film mit der Vorgängertechnik des 3D-Films mit dem Titel "Wer ist der Künstler?" gedreht, um zu zeigen, wie schmal der Grat zwischen Wahnsinn und Außergewöhnlichkeit ist. Auch übergebliebene Utensilien der ehemals psychiatrischen Einrichtung des Hauses haben hier und da ihren Platz in Kunstwerken gefunden — wo genau, davon müssen sich kunstinteressierte Besucher ab 15 Uhr am Sonntag, 14. August, selbst überzeugen.

Info zum "ArToll-Kunst-Labor", Zur Mulde 10, Haus 6, Rheinische Kliniken in Bedburg-Hau, und der Ausstellung im Internet unter www.artoll.de. Dauer: bis 4. September. Öffnungszeiten: Do.-So. 11-18 Uhr.

(iho)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort