Lokalsport "Unsere Freizeit hieß Viktoria"

Lokalsport · Auf dem Fußballfeld war der eine Torwart, der andere "eigentlich Mittelstürmer, später auf vielen Positionen Zuhause". Doch beide sehen beim Blick auf ihre hundertjährige Viktoria nicht ansatzweise ihre Kicker-Qualitäten im Mittelpunkt dieser "Liebschaft" zwischen Mensch und Verein. Willi van Sommeren, heute 74 Jahre und einst Keeper in der damaligen Lehrmannschaft, war über zwanzig Jahre Platzwart im Hubert-Houben Stadion und damit in der verdienstvollen Riege eines Api Stift, eines Gerd Weigand, eines Gerd Meurs und eines Gerd Pieper. Kabinen putzen, die Derbystar-Bälle aufpumpen, Tornetze aufhängen, die Linien auf den Plätzen nachziehen, gegebenenfalls für das Flutlicht sorgen - das waren über zwei Jahrzehnte seine Aufgaben. Und nett und freundlich zum Schiedsrichter sein, der schließlich seine Unterschrift unter jeden Spielbericht zu setzen hat. Das war und ist Willi van Sommeren - nett und freundlich - bis heute. Und hat sich damit als echter Typ in den Köpfen kleiner und größerer Kicker verewigt.

Ein Mann für alle Fälle

Der andere: Erich Schmitz, ein Mann mit Herz und deutlicher Stimme. 1958, also vor 54 Jahren, wechselte der gebürtige Uedemer vom SV zur Gocher Viktoria. Walter Schreiber hatte dem heute 76-Jährigen den Transfer nahe gelegt. Und Erich dankte es mit vielen Fußballer-Jahren zum Wohl aller Senioren-Mannschaften, mit tragenden Rollen als Begleiter, Betreuer, als Trainer in der ihm stets nahe stehenden Jugendabteilung.

"Ich habe bei der Viktoria in meinen Jahren wirklich jede Jugend-Mannschaft trainiert", betont Erich Schmitz seine Liebe zum Verein und erinnert sich an die ganz großen Zeiten des Viktoria-Jugendfußballs, als mit den Mannschaften der C-, der B- und A-Jugend gleich drei Teams in der mitreißenden Niederrhein-Liga ihre Schuhe schnürten.

Für die beiden Viktoria-Freunde steht ein Mensch wie der viel zu früh verstorbene Hans Zeegers für eine Jugendfußball-Phase, in der das Spiel auf grünem Rasen oder der Viktoria eigenen schwarzen Asche der einzig wahre Ausgleich war.

Das Oster-Jugendturnier

In diesen Jahren, die auch Jahre des noch jungen Vorsitzenden Bruno Völling waren, ist das traditionsreiche Oster-Jugendturnier in die Terminkalender der A-Jugend-Fußballer geschrieben worden. Bundesligisten wie Borussia Mönchengladbach, Fortuna Düsseldorf, MSV Duisburg oder die Hertha aus Berlin schickten einst ihren Nachwuchs in die Weberstadt, um in der Reichswaldkaserne zu schlafen, zu essen, um auf der Asche der legendären Gaesdoncker Straße ihre Spielzüge zu zeigen und zwischendrin das Gocher Nachtleben in Diskotheken wie Pam Pam, Longin oder Backes zu prüfen.

"Werder Bremen war der letzte Bundesligist, mit dem man über die Einladung zu uns sprechen konnte, ohne gleich über Geld reden zu müssen", erinnert sich Erich Schmitz noch heute an die Zeit, zu der sich der Abschied von diesem Oster-Ereignis in kleinsten Schritten bereits anbahnte.

"Unsere Freizeit hieß stets Viktoria" überschreiben Willi van Sommeren und Erich Schmitz ihr Hobby, von dem sie eines genau wissen: Sie haben ihren Ehefrauen damit über Jahre manches abverlangt. Freitagabends Training, samstags um zehn das erste Jugendspiel, mittags gegen vier das letzte Match, dann noch einen Blick auf die Alten Herren werfen, bevor der Sonntag dann der A-Jugend und natürlich der ersten Mannschaft gehörte. Die Ehefrauen brachten häufig genug selbst gebackenen Kuchen, halfen, wo sie gerade gebraucht wurden oder rieben sich einfach die Hände, wenn junge Leute wie Rolf van Genabith, Erwin van Stiphout, Helmut van de Wouw und Hansi Schoofs das Tor trafen. Und ein Mann wie Jochen Esser gegen die Erstliga-Fohlen aus Mönchengladbach das Spiel seines Lebens machte.

(RP)
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