Fußball Von der Oberliga in die Düffel

Kleve · Simon Berressen stand beim 1. FC Kleve vor dem Sprung in die fünfthöchste Spielklasse. Nun kickt er in der B-Liga für Keeken/Schanz.

 In der Saison 2015/2016 kickte Simon Berressen für den FC in der Landesliga. Hier verlor sein Team beim FSV Duisburg mit 0:2.

In der Saison 2015/2016 kickte Simon Berressen für den FC in der Landesliga. Hier verlor sein Team beim FSV Duisburg mit 0:2.

Foto: Thorsten Tillmann

Simon Berressen, so viel steht fest, ist ein moderner Linksverteidiger. Der 22-Jährige kann Angriffe über die linke Außenbahn initiieren, als Anspielstation für das defensive Mittelfeld fungieren und in der Hintermannschaft absichern. Die Konsequenz: Beim Oberliga-Aufsteiger 1. FC Kleve wäre er als Stammspieler unter Trainer Umut Akpinar gesetzt gewesen, ein sportlicher Traum wäre in Erfüllung gegangen. Doch Berressen entschied sich anders und fokussierte sich auf seinen Werdegang abseits des Fußballplatzes. „Der 1. FC Kleve hat mir damals signalisiert, dass sie keinen weiteren Linksverteidiger holen würden und auf mich bauen. Das hat mich geehrt“, sagt Berressen.

Seine Ausbildung genoss er in der Talentschmiede der Rot-Blauen, dort gelang ihm in der Spielzeit 2015/2016 auch der Schritt in den Seniorenbereich. Unter dem damaligen Cheftrainer Thomas von Kuczkowski erhielt er in der Rückrunde die ersten Spielminuten in der Landesliga. Im Jahr darauf war er unter „Kucze“ gesetzt. Und dennoch gilt als offenes Geheimnis: Unter dem mittlerweile beim SV Hönnepel-Niedermörmter wirkenden Übungsleiter war Berressen nicht unumstritten. Dessen Vertrag aber wurde in Kleve nicht verlängert, FC-Urgestein Umut Akpinar übernahm die Erstvertretung zur Saison 2017/2018. „Vom ersten Tag an hat es mit Umut richtig gut geklappt. Er war immer ehrlich und hat gesagt, was ist. Umut hat immer jedem einzeln erklärt, wenn man nicht gespielt hat. Ich habe immer ein großes Vertrauen gespürt“, sagt Berressen rückblickend.

Dieses Vertrauen zahlte der Linksfuß zurück, stand in 33 Begegnungen des FC auf dem Platz und hatte maßgeblichen Anteil am langersehnten Aufstieg in die Oberliga. „Damit ging ein Traum in Erfüllung“, sagt der 22-Jährige. Simon Berressen sollte Protagonist der Erfolgself bleiben. Zum Ende der Aufstiegsspielzeit, als die Schwanenstädter auf die Zielgerade gen Aufstieg eingebogen waren, verkündete der damalige Sportchef Georg Kreß die Vertragsverlängerung des Eigengewächses um ein Jahr. Berressen aber machte kurz vor Saisonende einen Rückzieher und teilte dem Verein mit, für eine weitere Zusammenarbeit nicht zur Verfügung zu stehen. Der Grund: Der Keekener hatte zuvor seine Ausbildung zum Sportkaufmann abgeschlossen, er orientierte sich um. „Ich wollte zur Polizei in Deutschland, dann zum Militär in den Niederlanden, oder zur Polizei dort. Auch bei der Bundeswehr habe ich mich beworben“, sagt Berressen. Eine unruhige Zeit im Leben des 1,90 Meter langen Kickers. „Es war ein großes Hin und Her“, sagt er.

Den Klever Vereinsverantwortlichen hatte der Außenverteidiger mitgeteilt, dass es ihn zur Polizeiausbildung ins Nachbarland ziehen würde. Doch daraus wurde nichts, Berressens berufliche Qualifikationen wurden im Ausland nicht vollends anerkannt. Es sei extrem kompliziert und unübersichtlich gewesen, erklärt er. Die Rot-Blauen hatten seine Position rasch wieder neubesetzt, Fatih Duran kam von Mitaufsteiger FSV Duisburg. Der Deutsch-Türke ist unterdessen auch wieder Geschichte, nun wurde für die linke Defensivseite Nils Hermsen von der Kalkarer Düffelsmühle abgeworben. Die Türe in der Getec-Arena ist für Berressen vorerst geschlossen. Es folgte das Comeback im Dorf. „Ich wollte mich in Keeken fithalten“, sagt er. Für die Spielgemeinschaft Keeken/Schanz lief er im vergangenen Jahr in der Kreisliga B auf, in 18 Partien gelangen ihm vier Treffer. Das allerdings in einer ganz anderen Rolle: In der Düffel ist der Nachwuchskicker in erster Linie auf der „Sechs“ unterwegs, auch als Linksaußen wird er eingesetzt.

„Ich kenne all die Jungs hier in Keeken von früher. Das macht richtig Spaß. Aber es ist klar, dass ich bald wieder höher spielen will“, sagt Berressen. Die ersten Wochen im Dress der Rot-Weißen aber seien, so erklärt er, ganz besondere gewesen: „Bei Keeken spielt man natürlich ganz anders. Erst einmal geht es körperlicher zu. Anfangs spielte ich auch durchaus mal einen Ball zum Torwart zurück. Da wurde ich sofort vom Trainer angeschrien: ´Simon, das kannst du überall machen, aber nicht bei uns´“, erinnert sich der Ex-FC-ler. Seit vier Wochen befindet sich Berressen nun in der Grundausbildung bei der Bundeswehr im thüringischen Sonderhausen. Die Konsequenz: Zum Training schafft er es unter der Woche beinahe nie. Und dennoch dürfte Berressen am Wochenende sein Startelfmandat erhalten. Unter Umut Akpinar undenkbar, in der B-Liga kein Problem.

Noch bis zum Winter befindet sich der Keekener in der Intensivschulung. Dann, so sagt er, würde er seine Laufbahn im Heer anderswo fortsetzen, voraussichtlich in Bremen. „Bremen ist knapp drei Autostunden von Kleve entfernt. Vielleicht ist es dann auch wieder möglich, bei einem höherklassigen Verein in der Region zu spielen“, sagt Berressen. Auch sei es für ihn vorstellbar, sich einen Verein im Norden Deutschlands zu suchen. Reges Interesse gab es an seiner Person schon in diesem Sommer. Die Landesligisten SV Hö.-Nie. und SGE Bedburg-Hau klopften bei ihm an, sogar der FC soll sich dem Vernehmen nach wieder bei dem verlorenen Sohn gemeldet haben.

„Ich habe ihn angeschrieben, er wollte sich bei mir melden. Das hat er aber nicht getan“, sagt Hö.-Nies sportlicher Leiter Georg Kreß. Ein interessanter Spieler sei Berressen zwar, doch Kreß sagt weiter: „Er hat sich bewusst für die Kreisliga B entschieden. Wenn er das so meint, soll er das so tun.“ Auch die SGE soll an ihn herangetreten sein. Dort habe man ihm, so sagt der Spieler, gar das Angebot gemacht, nur freitagsnachmittags zu trainieren. Schließlich kicken einige Studenten in dem Hasselter Aufgebot, daher seien solche Modelle nicht unüblich. Doch auch der SGE musste Berressen absagen. „Ich hätte die Gespräche anders führen und abwarten sollen, wie es beruflich weitergeht“, sagt er. Von Freunden sei ihm gar berichtet worden, dass der SV Straelen Interesse an ihm bekundet habe. Kontakt aber gab es zu den Blumenstädtern nicht.

 Simon Berressen hatte die Zusage für die Oberliga gegeben.

Simon Berressen hatte die Zusage für die Oberliga gegeben.

Foto: Markus van Offern

„Nachdem ich zu Keeken gewechselt bin, habe ich viele Nachrichten bekommen. Alle schreiben einen an und fragen: Wieso spielst du denn jetzt in der B-Liga?“, sagt Berressen. Bis zum Winter wolle er sich nun darauf fokussieren, körperlich fit zu bleiben. Dann sei auch ein Engagement bei einem neuen Fußballklub denkbar. Außer Frage steht: Wenn es soweit ist, wird sein Telefon erneut ununterbrochen schellen. Moderne Linksverteidiger sind auch in der Fußballszene am unteren Niederrhein begehrt.

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