Tennis in Kleve Weißer Sport mit düsterer Aussicht

Kleve · Der VfL Merkur Kleve wird in diesem Jahr 125 Jahre alt. Wir stellen seine Abteilungen vor. Den Tennisspielern fehlt die Zukunftsperspektive. Dennoch wird an der Flutstraße gerne gefeiert.

  Michael Wilms führt die Tennisabteilung des VfL Merkur Kleve.

Michael Wilms führt die Tennisabteilung des VfL Merkur Kleve.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Dieser Tage wirken die Tennisfelder des VfL Merkur verwaist. Verwunderlich ist das nicht. Die Protagonisten des „weißen“ Sports gehen ihrer Leidenschaft im Winter in den Tennishallen der Region nach. Zugegebenermaßen: Allzu hoch sind die zwei Ascheplätze an der Flutstraße auch im Sommer nicht frequentiert. Die Abteilung zählt nur knapp 45 Mitglieder, etwa 15 schlagen regelmäßig gegen den gelben Ball. „Wir sind eine eingeschworene Truppe“, sagt Michael Wilms. Der pensionierte Lehrer ist Abteilungsleiter beim größten Klever Sportverein. „Dazu wird man nicht demokratisch gewählt, aber einer muss es ja machen“, sagt er weiter. Gegründet wurde die Abteilung mit dem Bau des ersten Tennisplatzes am 11. Juni 1927. Abtrünnige des Klever TV Rot-Weiß starteten damals beim VfL neu durch. „Da ging es oben noch sehr elitär zu, doch nicht alle wollten das mitmachen“, sagt der frühere Torwart von Viktoria Goch und BV DJK Kellen weiter.

Die Klever Tennisszene entwickelt sich seit Jahren kontinuierlich abwärts. Zu Zeiten des Becker- und Graf-Booms schossen Vereine wie Pilze aus dem Boden – jedes Dorf brauchte eine eigene Anlage. Anfangs noch ein elitäres Treiben, im Laufe der Jahre ein Sport für jedermann. Ein Zeugnis des Abstiegs: In der laufenden Wintersaison ist in Kleve nicht eine einzige Damen- oder Herrenmedenmannschaft in der offenen Klasse gemeldet. Auch der VfL stellt kein Aufgebot mehr, vom Spielbetrieb haben sich die Merkurianer abgemeldet.

„Wir haben es einfach nicht mehr geschafft, sechs, beziehungsweise vier Männer sicher für die Medenspiele an den Start zu bringen. Bevor wir Strafen zahlen müssen, wenn wir nicht antreten, lassen wir es lieber bleiben“, sagt Wilms. Das Durchschnittsalter seiner Tenniskollegen liege deutlich über 60 Jahre, die älteste Akteurin blickt auf 102 Jahre Lebenserfahrung zurück. Es fehle die Jugend, wichtigster Grund dafür sei der Trend zur Ganztagsschule. „Die Kinder und Jugendlichen haben heute kaum mehr Zeit“, sagt Wilms. Allzu sehr damit beschäftigt scheint Wilms aber nicht zu sein. Schließlich ist die Zukunftsperspektive der Tennisabteilung ohnehin nicht allzu rosig.

Noch bis 2029 besteht der Pachtvertrag der Merkurianer an der Flutstraße. Spätestens bis dahin soll der Klub gen Bresserberg ziehen, vorzugsweise schon eher. Die Planungen ziehen sich seit Anfang des Jahrtausends. Diese sehen keine VfL-Tennisabteilung im neuen Sportzentrum vor. „Es ist also klar, dass wir irgendwann auslaufen. Doch die Gespräche über den Umzug dauern schon so lange. Wer weiß, ob ich dann überhaupt noch auf dem Tennisplatz stehe, wenn es soweit ist“, sagt Michael Wilms. Klar sei allerdings bereits jetzt: Die Aktiven des VfL dürften sich auf die übrigen Vereine aufteilen, zum Rinderner TC und zum TC Grün-Weiß Reichswalde unterhalte man enge Kontakte.

Vor drei Jahren habe man den dritten Tennisplatz bereits den Boule-Spielern überlassen. Die rote Asche wich weißen Kieselsteinchen. „Wir brauchten den dritten Platz nicht mehr und die Boule-Sportler fühlen sich dort pudelwohl“, sagt Wilms. Ohnehin wirkt die Tennis-Infrastruktur beim VfL gewissermaßen skurril. Die zwei heute noch genutzten Felder liegen an der Flutstraße, getrennt vom Rasenplatz befindet sich der „Center Court“ vor dem Klubhaus knapp 100 Meter entfernt. „Das war für die Medenspiele nicht perfekt“, sagt Wilms.

Und dennoch: Die Merkurianer halten zusammen. Trotz sinkender Mitgliederzahlen und trotz des strukturellen Renovierungsstaus, der alle Abteilungen des Traditionsvereins belastet. Letzterem habe man immer mit viel Eigeninitiative entgegengewirkt. Anträge für Renovierungen seien in der Vergangenheit immer mit der Begründung abgelehnt worden, der Verein ziehe ohnehin um.

„Wir fokussieren uns in der Tennisabteilung mittlerweile auf die dritte Halbzeit“, sagt Wilms. Es gebe wohl keinen Verein in Kleve, der so gerne feiert wie die VfL-Tennisabteilung. Zum Grünkohlessen, zu Geburtstagen, Grillabenden, der Saisoneröffnung oder zur Weihnachtsfeier – einen Anlass zum geselligen Beieinandersein finde man immer, sagt Wilms. Vorzugsweise sitze man in der oberen Etage des Vereinsheims zusammen, dem „Wohnzimmer“. Dort gibt’s eine lange Theke, Zapfhähne und Platz für große Gesellschaften. „Wir haben sogar eigene Liederbücher“, sagt Gitarrist Wilms. Die Freunde am Miteinander steht beim VfL Merkur im Fokus. Auch auf dem Platz: „Klar meckern und fluchen wir auch mal. Ums Gewinnen geht es uns aber längst nicht mehr“, sagt Wilms.

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