Leichtathletik "Mein großer Traum ist ein Start bei Olympia"

Kleve · Lea Halmans (17) erzählt über ihren Hochsprung-Start bei der U18-EM in Tiflis und ihren Vereinswechsel zum SV Sonsbeck. Außerdem verrät die Kevelaererin, wie sie ihre sportliche Zukunft plant und wer bei den Olympischen Spielen gute Chancen hat.

 Lea Halmans ist zurück: Rund eine Woche verbrachte die 17-jährige Kevelaererin in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Im heimischen Garten erzählt die Mehrkämpferin des SV Sonsbeck von ihren Erlebnissen.

Lea Halmans ist zurück: Rund eine Woche verbrachte die 17-jährige Kevelaererin in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Im heimischen Garten erzählt die Mehrkämpferin des SV Sonsbeck von ihren Erlebnissen.

Foto: Cadel

Die Olympischen Spiele in Rio beginnen bald. Am 20. August um 1.30 Uhr (MEZ) steigt das Hochsprung-Finale der Frauen, welches Sie sicherlich verfolgen werden, oder?

Lea Halmans Ich glaube, dass ich zu diesem Zeitpunkt im Bett liegen werde. An diesem Wochenende bin ich nämlich bei der Deutschen U18-Meisterschaft im Mehrkampf am Start. Da sollte ich lieber schlafen.

Sie sind jetzt 17 Jahre jung. Besteht die Chance, Sie bald auch mal bei Olympischen Spielen zu erleben?

Halmans Diesen Traum hatte ich schon als Kind. Zukünftig kann ja noch viel passieren. Ich träume aber immer noch davon, irgendwann mal eine Olympionikin zu sein.

Den ersten Schritt haben Sie ja auch schon gemacht. Sie gehörten zum deutschen Kader bei der U18-Europameisterschaft in Tiflis. Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie als Hochspringerin mitreisen dürfen?

Halmans Das war während eines Testwettkampfes in Walldorf. Bei einem Wettkampf zuvor hatte ich meine Bestleistung im Hochsprung auf 1,76 Meter geschraubt. In Walldorf habe ich dann noch mal 1,73 Meter übersprungen. Allerdings war ich im ersten Moment unsicher, ob meine Leistungen für eine EM-Teilnahme reichen würden. Dann kam der Bundestrainer auf mich zu und sagte nur: 'Komm' gleich mal mit, um das EM-Dress anzuprobieren.' Als ich das hörte, habe ich mich einfach nur gefreut, zumal es meine erste Teilnahme bei einer großen internationalen Meisterschaft sein würde.

Dann ging's ja auch ganz schnell. Zusammen mit dem deutschen Kader flogen Sie in die georgische Hauptstadt Tiflis. Fühlt man sich nicht irgendwie einsam und verloren? Schließlich geht es mit fremden Menschen in ein fremdes Land.

Halmans Nein, einsam und verloren habe ich mich nicht gefühlt. Ich bin zunächst von Düsseldorf nach München geflogen, wo die Sammelstelle des Kaders war, und habe währenddessen schon einige Athleten kennengelernt. Von München ging es dann in Richtung Tiflis. Insgesamt war die Stimmung recht locker.

In Tiflis angekommen, mussten Sie noch einige Tage "ausharren", bevor es in den Wettkampf ging. Wie haben Sie sich die Zeit vertrieben?

Halmans Täglich gab es eine Mannschaftssitzung. Zudem habe ich mit einigen Sportlern eine Tour durch Tiflis gemacht. Und da unser Hotel direkt am Stadion lag, konnte man von einem Balkon aus andere Wettkämpfe super beobachten.

Währenddessen gab's auch noch eine kleine Überraschung für Sie.

Halmans Ja, mein Trainer beim SV Sonsbeck, Werner Riedel, hatte doch noch ein Flugticket ergattert, und mich überrascht - und natürlich auch angefeuert.

Zunächst stand die Qualifikationsrunde im Hochsprung an. Welche Ziele hatten Sie sich dafür gesetzt?

Halmans Zusammen mit dem Bundestrainer hatte ich mir ein Minimalziel und ein Optimalziel gesetzt. Grundsätzlich wollte ich die Sprünge im ersten Versuch nehmen. Insgeheim habe ich aber schon an den Finaleinzug gedacht.

Und diesen haben Sie ja auch geschafft - mit einer neuen persönlichen Bestleistung.

Halmans Ja, erstmals habe ich 1,78 Meter übersprungen. Ich war total happy. Auch mein Trainer Werner Riedel hat laut aufgeschrien vor Freude.

Die 1,78 Meter waren auch vorgeschrieben, um das Finale sicher zu erreichen. Allerdings hatten sie bei der vorherigen Höhe leichte Probleme. Erst im dritten Versuch haben sie die 1,75 Meter genommen.

Halmans Oh ja. Beim dritten Versuch war ich schon etwas nervös. Ich wusste aber, dass ich in der Lage bin, die Höhe zu schaffen.

Wie motiviert man sich in einer solch nervenaufreibenden Drucksituation?

Halmans Ich mache das ausschließlich im Kopf. Ich gehe den Sprung vorher nochmals durch und laufe dann an.

Das Finale fand dann zwei Tage später statt. Wie groß war die Aufregung während der "Wartezeit"?

Halmans Vor dem Finale bin ich früh ins Bett gegangen, habe dann morgens gefrühstückt und versucht, nicht ans Finale zu denken.

Und hat es funktioniert?

Halmans Ja, eigentlich schon.

Mental waren Sie also gestärkt. Wie sah es mit dem Körper aus. Waren Sie fit genug, um im Finale an den Start zu gehen?

Halmans Aus technischer Sicht war ich fit. Allerdings fehlte mir die Substanz. Da das Essen im Hotel sehr schlecht war, habe ich nur wenig gegessen. Das habe ich während des Finales dann gespürt. Außerdem war es mit 37 Grad auch sehr heiß.

Sie haben die 1,75 Meter dann dreimal gerissen. Mit übersprungenen 1,70 Meter konnten Sie immerhin Platz acht belegen. Wir groß war die Enttäuschung?

Halmans Im ersten Moment war ich schon enttäuscht. Trotzdem bin ich sehr zufrieden. Platz acht ist mehr, als ich vorher gedacht hätte.

Und dann ging's direkt nach Hause?

Halmans Ja. Wir sind noch in der Nacht zurückgeflogen, da es nur einen wöchentlichen Direktflug von Tiflis nach München gibt. Ansonsten hätten wir am nächsten Tag über Istanbul fliegen müssen. Im Angesicht des Putsches, der an diesem Wochenende in der Türkei stattfand, hatten wir Glück, dass wir nicht über Istanbul fliegen mussten.

Ursprünglich sind Sie Mehrkämpferin. Haben Sie schon einmal überlegt, sich auf eine Disziplin zu konzentrieren? Bei der Niederländerin Dafne Schippers hat es schließlich auch funktioniert. Als ehemalige Mehrkämpferin gehört sie nun zu den Top-Sprinterinnen über 100 und 200 Meter.

Halmans Ich denke schon, dass ich mich irgendwann auf eine Disziplin fokussieren werde. Das Positive beim Mehrkampf ist, dass man in der Breite ausgebildet wird.

Vor einigen Jahren waren sie noch in der Leichtathletik-Abteilung beim Kevelaerer SV aktiv. Dann kam der Wechsel zum SV Sonsbeck. Warum?

Halmans Damals ging unser Trainer Ludwig Klaassen nach Düsseldorf. Ich habe dann noch ein Jahr bei den B-Schülern weitergemacht. Die Zukunft beim KSV in Sachen Trainerfrage war damals lange Zeit ungewiss. Deshalb habe ich mich dem SV Sonsbeck angeschlossen.

Hat sich der Wechsel denn gelohnt?

Halmans Auf jeden Fall. Ich bin sehr zufrieden in Sonsbeck.

Wie sieht's mit Ihrer sportlichen Karriere aus? Schließlich sind Sie jetzt in dem Alter, indem man die berufliche Zukunft abstecken sollte.

Halmans Im nächsten Jahr mache ich mein Abitur. Danach plane ich, ein Auslandssemester in den USA. Ich hoffe, dass ich dafür ein Sportstipendium bekomme, damit ich weiter Sport treiben kann.

Und wie geht's dann nach der Rückkehr nach Deutschland weiter?

Halmans Ich möchte gerne Medizin studieren. Leider würden meine Studienleistungen aus den USA hier in Deutschland nicht anerkannt werden. Ich müsste dann ganz neu beginnen. Ich hoffe, dass ich das mit dem Sport vereinbaren kann. Das hängt auch davon ab, wo ich studiere. Genaue Gedanken habe ich mir darüber aber noch nicht gemacht.

Haben Sie sich denn schon Gedanken darüber gemacht, wo die einzige deutsche Hochspringerin bei den Olympischen Spielen, Marie-Laurence Jungfleisch, landen kann? Immerhin ist sie mit 2,00 Metern in diesem Jahr die Zweitbeste weltweit.

Halmans Bei der EM war sie nur Fünfte, obwohl sie sehr wettkampfstark ist. In Rio traue ihr zu, ganz vorne landen zu können.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE CHRIS CADEL

(RP)
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