Tennis „Wir sind stolz – mit einer Portion Demut“

Kleve-Reichswalde · Der ehemalige Vorsitzende des mittlerweile größten Klever Tennisvereins blickt auf Jahrzehnte im Sport um die gelbe Filzkugel zurück.

 Der Reichswalder Kurt Stynen ist zu einem Urgestein der hiesigen Tennis-Szene geworden.

Der Reichswalder Kurt Stynen ist zu einem Urgestein der hiesigen Tennis-Szene geworden.

Foto: TC Reichswald/TC Reichswalde

Über 14 Jahre hinweg war Kurt Stynen Vorsitzender des TC GW Reichswalde. Nun übergab er den Staffelstab an Carsten Brammen. Die Grün-Weißen sind entgegen dem Trend gut aufgestellt. Einzig die erste Herrenmannschaft fehlt noch.

Knapp anderthalb Jahrzehnte leitete der pensionierte Oberstudiendirektor Stynen die Geschicke des Reichswalder Tennisvereins. Mittlerweile hat dieser 307 Mitglieder.

Wie sind Sie vor 14 Jahren zum Vorsitz gekommen, Herr Stynen?

Kurt Stynen Ich war damals sportlich auf lokaler Ebene ganz gut unterwegs. Der Vorsitzende Charly Scheuvens war nach vielen Jahren etwas amtsmüde geworden. So kamen Mitglieder auf mich zu und signalisierten, die Nachfolge liefe auf mich hinaus. Man traute mir zu, ein paar Sätze fehlerfrei geradeaus sprechen zu können. Und es ist nicht so, dass sich die Leute um ein solches Amt schlagen, Ruhm und Ehre sind dabei doch eher übersichtlich.

Wie verlief Ihre Laufbahn als Tennisspieler?

Stynen Meine aktive Zeit ist schon einige Jahre her. Ich war der typische Späteinsteiger der 80-er-Jahre und kam ursprünglich als Tischtennisspieler von Bayer Uerdingen. Mit 1,93 Metern Körpergröße und dem Ballgefühl eines Schlägersportlers war die Umstellung leicht. Trainerstunden hatte ich so gut wie nicht, ich war Autodidakt

Wie würden Sie Ihren Spielstil beschreiben?

Stynen Aufgrund meiner Körpergröße war ich der Serve-and-Volley-Typ. Für lange Grundlinienrallyes war ich einfach zu faul. In Verbandsligazeiten war meine beste Leistungsklasse die zwölfte. Das reichte für Medenspiele, aber lokale Größen wie Herbert Muckel, Heribert Akkerman oder Hermann Hendriksen spielten in einer ganz anderen Liga. Da der Rücken streikte, war meine aktive Zeit als Spieler 2014 vorbei.

Warum ist der TC GW Reichswalde seit einigen Jahren so erfolgreich?

Stynen Ich reibe mir selbst manchmal die Augen, wenn ich unsere Mitgliederzahlen sehe. Wir sind stolz - allerdings mit einer Portion Demut. Diese Erfolgsgeschichte ist auf viele Faktoren zurückzuführen. Wir haben davon profitiert, dass einige Neubaugebiete in Reichswalde entstanden sind, denn das hat uns junge Familien und Nachwuchs zugespielt.

Hat der Verein auch von den vielen Vereinen der Region profitiert, die in schweres Fahrwasser geraten sind?

Stynen Sicherlich, das Unglück anderer Clubs war für uns ein Glück. Das beste Beispiel sind unsere Herren-40-Mannschaften, die sich zu großen Teilen aus ehemaligen Spielern von Merkur Kleve zusammensetzen. Vor ein paar Jahren war man dort nicht mehr zufrieden mit den Spielbedingungen und klopfte bei uns an. Im Rückblick war das ein positiver Wendepunkt für unseren Club, weil wir auf einen Schlag deutlich jünger wurden. Ich möchte aber klarstellen: Nie haben wir durch aktive Abwerbung andere Clubs beschädigt.

Wie haben Sie Ihre Arbeit als Vorstandschef interpretiert?

Stynen Meine Funktion bestand eher darin, zu moderieren und den Verein nach außen zu vertreten. Ich hatte immer das Glück, Leute an meiner Seite zu haben, die engagiert und kompetent ihre Funktion ausgefüllt haben. Der mit mir jetzt ausscheidende Wilfried Brey mit seinen technisch-handwerklichen Fähigkeiten ist nur ein Beispiel dafür, wie der Verein von einzelnen Personen profitiert hat.

Ist es ein Vorteil, dass der Verein in dörfliche Strukturen eingebettet ist?

Stynen Aber sicher, viele Mitglieder leben fußläufig von der Platzanlage in Reichswalde. Das schafft Bindung und Identifikation. Wir versuchen immer, Teil des Dorfes zu sein, machen Angebote für Schulen und Kindergärten oder sind bei der Kirmes dabei.

Wie sehen Sie die Zukunft des Tennissports?

Stynen Zu den allgemeinen Problemen in Deutschland ist schon genug von Expertenseite gesagt worden. Was unseren Club angeht, bin ich für die Zukunft optimistisch. Wir werden nicht mehr unbedingt wachsen, weil wir viel mehr Mitglieder nicht verkraften können. Es wird wohl wichtig sein, den Verein weiter zu verjüngen, denn die Generation der Gründer wird in nicht allzu ferner Zeit von Bord gehen.
Sehen Sie die Gefahr, dass der TC Reichswalde so groß wird, dass das Persönliche und der Charakter des Dorfklubs verloren gehen?

Stynen Das beschäftigt mich. Wir müssen weiter ein Clubklima bewahren, in dem der Einzelne sich für die Belange der Gemeinschaft verantwortlich fühlt. Es braucht im Vorstand weiter eine Kultur der Kooperation. Besserwisser und Alleingänger sind für jeden Vereinsvorstand kontraproduktiv.

Warum konnte noch keine erste Herrenmannschaft in Reichswalde etabliert werden?

Stynen Das ist ein leidiges Thema. Wir hatten wieder eine erste Herrenmannschaft für ein paar Jahre, aber richtig stabil war das nicht. Junge Leute in Tennisclubs verlassen oft, wenn sie die richtige Spielstärke haben, die Region, um irgendwo zu studieren.

Erkennen Sie einen Mentalitätswandel der Jugendlichen?

Stynen Sicherlich, wenn man früher 16-Jährigen gesagt hätte, sie könnten in der nächsten Saison in der ersten Herrenmannschaft den Verein repräsentieren, wären sie stolz gewesen. Heute überlegen sich viele, ob sie denn wirklich einen ganzen Samstag auf dem Platz verbringen wollen.

Wie blicken Sie auf Ihren Amtsnachfolger?

Stynen Ich bin sehr froh, dass wir Carsten im Vorfeld meines Rückzugs nach einigen Gesprächen gewinnen konnten. Er ist ein Reichswalder, hat mit dem Tennis bei uns angefangen, ist gut vernetzt und als Person hoch geschätzt. Das sind gute Voraussetzungen. Er bekommt den Verein in sehr gutem Zustand übergeben und kann darauf aufbauen.“

 Der Reichswalder Kurt Stynen ist zu einem Urgestein der hiesigen Tennis-Szene geworden.

Der Reichswalder Kurt Stynen ist zu einem Urgestein der hiesigen Tennis-Szene geworden.

Foto: TC Reichswald/TC Reichswalde

Gibt es ein Leben nach dem Vorsitz?

Stynen Ich gebe zu, gerade im Sommer macht die Vorstandsarbeit einen ziemlich großen Teil meines Lebens aus. Wenn das wegfällt, entsteht ein Loch, das sinnvoll gefüllt werden muss. Vielleicht ist meine Frau traurig, die jetzt nicht mehr mit selbstironischem Unterton sagen kann, sie sei „die Frau des Präsidenten“. Und wenn alle Stricke reißen: Der Gang zum Tennisclub ist nach wie vor drin.

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