Fußball Mehr Disziplin am Rand

Kreis Kleve · Der DFB hat vor der Saison 19/20 einige Regeln geändert. Trainer, die sich nicht sportlich verhalten, sehen jetzt die gelbe oder rote Karte. Ab wann sie gesperrt werden, entscheidet sich heute. Reaktionen im Kreis gehen auseinander.

Szene an der Seitenlinie aus dem Spiel FC Liverpool gegen Manchester City. Trainer Pep Guardiola (M) sieht die gelbe Karte sieht.

Szene an der Seitenlinie aus dem Spiel FC Liverpool gegen Manchester City. Trainer Pep Guardiola (M) sieht die gelbe Karte sieht.

Foto: dpa/Martin Rickett

Thomas von Kuczkowski ist Trainer des Fußball-Landesligisten SV Hönnepel-Niedermörmter. Wer den Übungsleiter an der Seitenlinie schon erlebt hat, weiß, wie emotional er während der 90 Minuten mitgeht. Doch könnte ihm jetzt ein extrem engagierter Einsatz zum Verhängnis werden.

Der Deutsche Fußball-Bund hat mit der aktuellen Saison eine neue Regel eingeführt. Die sorgt dafür, dass auch Trainer gelbe oder rote Karten erhalten können. Grund für die Neuerung ist, dass Teamverantwortliche sich sportlicher verhalten.

Thomas von Kuczkowski war wohl der ersten Trainer im Kleverland, der Gelb-Rot sah. „Es war eine Nichtigkeit und kaum der Rede wert“, sagt von Kuczkowski und erklärt: „Es ging um einen Einwurf, der eindeutig für uns war.“ Nach einer in der Vergangenheit handelsüblichen Kritik an der Entscheidung, zückte der Unparteiische sofort Gelb. Von der neuen Regel wusste von Kuczkowski. Aber offenbar nicht, wie schnell es jetzt Verwarnungen gibt. Im zweiten Abschnitt hatte er ein Foulspiel anders bewertet und entsprechend kommentiert. Der Hinweis reichte für Gelb und ergab Gelb-Rot. Es kostete von Kuczkowski die gute Sicht vom Innenraum aus und 100 Euro Strafe.

Dabei werden Trainer, die mit einem extrem niedrigen Ruhepuls auf der Bank sitzen, in der Regel von Fans verschmäht. Aus der Serie: „Der geht ja überhaupt nicht mit.“ Irgendwann dürfe man seine Mannschaft nicht mehr coachen und etwas aufs Feld rufen, klagt der Coach der SV Hö.-Nie.

Der neue Strafenkatalog des DFB ist hart. Schon das Treten gegen eine Trinkflasche wird jetzt gehandet. Bei extremeren Vergehen wird Rot gezückt. Damit einher geht eine Sperre aus dem Innenraum für das nächste Spiel. Das gilt ebenso für drei gelbe Karten.

Trainer aus den höheren Liegen bewerten diese Änderungen „als größten Schwachsinn aller Zeiten“, so Friedhelm Funkel von Fortuna Düsseldorf. Julian Nagelsmann (RB Leipzig) räumte ein, dass er dann wohl nur 15 Spiele an der Seitenlinie stehe. Den Rest würde er dann von der Tribüne aus erleben.

Der Klever Landesliga-Schiedsrichter Elias Papke begrüßt hingegen die Regelreform ausdrücklich: „Nun ist es für den Trainer und die Zuschauer transparenter, wann der Schiedsrichter ermahnt und wo Grenzen überschritten werden“, erklärt er. Mit der Änderung wurde zuletzt auch Umut Akpinar, Trainer des Oberligisten 1. FC Kleve, konfrontiert. Als seine Kicker unter der Woche beim 1. FC Monheim gastierten, fuhr ihn der Assistent an der Seitenlinie an: „Noch so´n Ding und Sie sehen die gelbe Karte.“ Zuvor hatte der Übungsleiter eine Entscheidung des Unparteiischen lautstark kommentiert, zudem wutentbrannt gegen die Plexiglasscheibe der Trainerbank geschlagen. Doch die Ermahnung wirkte. Zwar quittierte er den Ordnungsruf des Linienrichters nur mit einem Kopfschütteln, in der Folge aber agierte er in seiner Coachingzone wesentlich ausgeglichener.

Jan Kilkens, Trainer des Bezirksligisten Viktoria Goch, sagt: „Von all den Regeländerungen in diesem Jahr bin ich nicht begeistert.“ Zwar müsse sich ihm zu Folge jeder auf der Bank „normal verhalten“, insbesondere der Cheftrainer habe eine Vorbildfunktion. „Doch Fußball ist ein Emotionsspiel. Es wird nicht gelingen, die Emotionen aus dem Spiel zu holen. Wir Trainer müssen jetzt noch viel mehr aufpassen, was wir sagen und tun“, sagt Kilkens weiter. Schon in der vergangenen Saison habe er die Hartnäckigkeit von Unparteiischen kennengelernt. Bei der Begegnung seiner Elf gegen den Ligakonkurrenten TSV Wachtendonk-Wankum wurde er des Feldes verwiesen. Damals trat er mit dem Schiedsrichter in eine hitzige Debatte. „Er schickte mich runter, obwohl ich nur gesagt hatte: ´Hallo, das war Einwurf für uns´. In der Halbzeitpause hat dann auch der Trainer von Wa.-Wa. gesagt, dass diese Entscheidung falsch war. Doch der Schiri antwortete stur: ´Die Entscheidung steht.´“ Die Konsequenz für Kilkens: der Gang auf die Tribüne und eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro.

Sein Kollege Lukas Nakielski, der die Reserve des 1. FC Kleve betreut, vertritt da einen anderen Standpunkt: „Die Regel kann für ein faireres Miteinander auf und neben dem Feld sorgen. Wir haben da in den vergangenen Jahren eine Verrohung des Miteinanders erlebt. Da wir Trainer nun Karten sehen und für das Verhalten anderer auf der Bank haften, könnte wieder mehr Respekt auf den Fußballplätzen herrschen.“

Klar ist jedenfalls: Wenn ein Trainer Rot sieht, verbringt er das nächste Spiel auf der Tribüne. Da gibt es keinen Handlungsspielraum. Spielverzögerungen reichen dafür ebenso, wie dass mehrmalige absichtliche Verlassen der Coachingzone. Da setzt die Kritik von Thomas von Kuczkowski wieder ein: „Es gibt bei Spielen Bereiche, in denen wir uns bewegen dürfen, die sind nur ein paar Meter lang. In mehreren Stadien sind überhaupt keine Coachingzonen eingezeichnet.“

Eine weitere Neuerung ist für ihn ebenfalls nicht nachvollziehbar. Wenn etwas aufs Feld gerufen wird, und der Schiedsrichter nicht genau weiß, von wem die Äußerung stammt, wird immer der ranghöchste Trainer verwarnt. Nicht allein für Hönnepels emotionalen Coach könnte dadurch jedes Spiel ein spannendes werden. Nicht nur, was das Ergebnis betrifft.

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