Fußball Eine Hintertür offen gelassen

Vor zwei Wochen trat Georg Kreß als sportlicher Leiter des 1. FC Kleve zurück. Er wollte mehr Zeit für die Familie.

 Georg Kress; Foto: Manuel Funda

Georg Kress; Foto: Manuel Funda

Foto: Manuel Funda

König Fußball hat mit seinen Emotionen und seiner Schnelllebigkeit mal etwas von einer Daily Soap, mal etwas von großem Theater. Darüber weiß Georg Kreß ein Buch zu schreiben. Der Ex-Trainer von Preußen Münster und dem Wuppertaler SV hat genauso viele sportliche Triümphe wie krachende Abgänge miterlebt.

Als sportlicher Leiter des 1. FC Kleve legte er nun nach zwei Jahren einen leisen, wenn auch überraschenden Abschied hin. Aus seinem Urlaub heraus beendete Kreß vor zwei Wochen telefonisch seine Zusammenarbeit mit dem Bresserberg-Klub. „Ich habe mich von vielen Vereinen mit Pauken und Trompeten verabschiedet. Nun gehe ich mit einem guten Gefühl“, sagt der 55-Jährige.

So sei die Zusammenarbeit mit Trainer Umut Akpinar ausgezeichnet gewesen: „Wir konnten uns herrlich streiten, fanden nach spätestens zwei Tagen aber wieder zusammen. Umut ist ein Alphatier, mit einer klaren Spielidee und viel Führungsstärke.“ Nur deshalb habe Kreß, der ansonsten die erste Reihe gewöhnt ist, so gut mit ihm zusammenarbeiten können.

Dankbar ist der Bochumer auch Hans Noy und Christoph Thyssen: „Sie haben mich vor zwei Jahren trotz einiger Widerstände geholt. Er ist der beste Vorsitzende, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Christoph macht alles für diesen Verein, drängt sich dabei aber nie in den Vordergrund.“ Ohnehin habe der Vorstand das Team um Akpinar, Co-Trainer Lars van Rens und Kreß in Ruhe arbeiten lassen. Mit Lukas Nakielski und Dilek Özden habe er zudem zwei enge Ansprechpartner in der A-Jugend gehabt.

Am vergangenen Sonntag beim 3:0-Traumstart-Sieg gegen den VfB 03 Hilden war Kreß mit seinen drei jüngsten Kindern und seiner Ehefrau im Stadion, doch nur wenige FC-Fans wussten über seine Anwesenheit. Kreß stand auf der Gästetribüne. „Ich kenne die Klever Haupttribüne gar nicht, denn ich schaue Fußballspiele immer in Ruhe“, sagt Kreß. Wer ihn beim Saisonauftakt beobachtete, konnte aber auch den Eindruck gewinnen, dass er noch immer in leitender Funktion unterwegs ist. Niklas Klein-Wiele, Pascal Hühner, Lars van Rens - sie alle herzten den Ex-Sportchef während der Halbzeitpause und zeigten: „Du bist noch immer einer von uns.“

Auch Kreß fieberte mit und sah eine überragende Truppe: „Besser kann man nicht in die Saison starten. Alle Jungs haben richtig stark aufgespielt.“ Für den Ex-Sportdirektor sei das keine Überraschung gewesen: „Schon im vergangenen Jahr haben Nedzad Dragovic und Fabio Forster die Elf hervorragend geführt. Solche Stützpfeiler sind Garanten für den Erfolg.“

Sogar über den VfB Hilden, den er noch von seiner Zeit als Cheftrainer dort kennt, habe er Akpinar vor Spielbeginn mit Informationen versorgt. „Dieses Team des FC ist auch ein Kind von mir.“ Kreß ist noch immer mittendrin. Nur will er das nicht mehr unbedingt. Seinen Fokus wird er in Zukunft auf die Familie legen. Erst vor einem Jahr bekam Kreß nach überstandener Leukämie-Erkrankung mit seiner Frau Christina Zwillinge, zwei Mädchen, und ist damit nun vierfacher Vater. „Im Urlaub wurde mir klar, dass ich durchatmen und meine Kinder beim Aufwachsen begleiten will“, erklärt Kreß. Schon vor einigen Monaten habe er mit Thyssen und Akpinar über seinen möglichen Rückzug gesprochen. Unter der niederländischen Sonne wurde ihm dann klar, dass er einen vorläufigen Schnitt unter seine ehrenamtliche Tätigkeit bei den Rot-Blauen setzen will. Mit dem Nachwuchs zum Spielplatz, mit Freunden ins Bochumer Ruhrstadion, mit der Frau ins Theater - „Ich weiß sehr gut, was ich mit meiner Zeit anfangen werde.“

Ein endgültiger Abschied aus dem Fußballzirkus ist das Ende in Kleve für Kreß nicht. „Ich lebe Fußball. Wenn also ein richtig gutes Angebot käme, würde ich mir meine Gedanken machen.“ Ein gutes Angebot ist für ihn allerdings eines, das mindestens von einem Regionalliga-Verein kommt. Auch eine Rückkehr zum FC ist indes nicht ausgeschlossen: „Wir werden in der nächsten Zeit sicherlich nochmal Gespräche führen. Umut akzeptiert meine Entscheidung noch nicht und sagte zuletzt: „Am nächsten Spieltag sitzt du wieder neben mir auf der Trainerbank“. Erst einmal will ich aber Zeit für mich“, sagt Kreß. Anstatt der kalten Trainerbank nimmt er nun erst einmal Vorlieb mit dem wohligen Sessel des Bochumer Schauspielhauses. Ein Freund von großem Theater bleibt er also.

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