Fußball-Oberliga Sehnsucht nach Stadion-Atmosphäre

Kleve · Mehr als sieben Monate hat der 1. FC Kleve keine Partie mehr bestritten. Seine Fans vermissen die Stimmung bei den Spielen. Warum sie auch während des Lockdowns regelmäßig in der Getec-Arena waren.

  Norbert Lange (links) und Jens Nalewaja haben als Fans harte Zeiten hinter sich.   RP-Foto: Markus van Offern

Norbert Lange (links) und Jens Nalewaja haben als Fans harte Zeiten hinter sich. RP-Foto: Markus van Offern

Foto: Markus van Offern (mvo)

Obwohl die letzte Begegnung des Fußball-Oberligisten 1. FC Kleve in der Getec-Arena bereits mehr als sieben Monate zurückliegt, ist der Gang ins Stadion für Jens Nalewaja noch immer vertraut. Schließlich steuert er den Bresserberg weiter mehrfach in der Woche an. „Dieses Stadion ist für mich ein besonderer Ort. Nach der Arbeit fahre ich gerne nochmal hierhin, schaue mir den Rasen und die Tribüne an. Ich will sicher gehen, dass hier noch alles in Ordnung ist. Das ist mein Ausgleich, den ich mir nicht nehmen lasse“, sagt der 29-Jährige, der als LKW-Fahrer in ganz Europa unterwegs ist.

So wie Jens Nalewaja geht es zahlreichen Anhängern des Oberligisten. Der Lockdown hat an den Nerven gezehrt. Kaum ein Amateurverein in der Region kann auf eine so treue Anhängerschaft setzen wie der 1. FC Kleve. Bei Auswärtsspielen folgen nicht selten mehr als 50 Zuschauer dem Tross um Trainer Umut Akpinar. In Meerbusch, Ratingen oder Mönchengladbach sind die Klever meist in der Überzahl – und machen sich mit lauten Sprechchören bemerkbar. „Auswärts in der Überzahl zu sein – das ist immer ein geiles Gefühl“, sagt Nalewaja. Wenn die Rot-Blauen im eigenen Stadion spielen, sitzen im Durchschnitt knapp 400 Zuschauer auf den Tribünen, die Tendenz war zuletzt deutlich steigend.

Auch Norbert Lange zählt zu den passioniertesten Anhängern des 1. FC Kleve. Früher drückte er dem SC Kleve die Daumen, heute steht er hinter dem Fusionsklub. Während seine Schalker in die Zweitklassigkeit abgerutscht sind, konnte er zumindest in den ersten zehn Liga-Begegnungen des 1. FC Kleve in der abgebrochenen Saison Erfolge feiern. Dann war Schluss.

„In diesem Stadion kann man den Alltag vergessen, ihn für einige Stunden hinter sich lassen. Ohne Live-Fußball wird es langweilig. Es gut, dass jetzt wieder Leute in den Stadien sitzen dürfen“, sagt Norbert Lange, der seit zwei Jahren auch jede Auswärts-Begegnung des 1. FC begleitet. Für ihn sei völlig unverständlich, dass nicht mehr Publikum den Weg in die Getec-Arena findet. „Früher kamen hier bis zu 4000 Leute zu den Spielen, das war damals ganz normal. Heute spielen die Jungs tollen Fußball, bis zur Unterbrechung standen wir auf Platz fünf. Das war doch super stark. Und trotzdem kommen die Leute nicht. Warum, dass weiß ich nicht“, sagt Lange.

Jens Nalewaja, der sich bei Heimspielen auch im Ordnungsdienst des 1. FC Kleve engagiert, fährt schon seit mehr als sieben Jahren auch zu Auswärtspartien mit. In der Zeit hat er nicht eine Begegnung verpasst. „Bei einem Spiel nicht dabei zu sein, kommt für mich nicht infrage. Wenn Kleve unter der Woche spielt, dann beantrage ich Urlaub, sodass ich mitfahren kann. Ich will die Jungs immer unterstützen“, sagt der Familienvater. Einst gab der Bayern-Fan sogar seine Auswärtskarte mitsamt Hotelbuchung für die Champions-League-Partie gegen Sporting Lissabon ab, um beim 1:1 des 1. FC Kleve gegen die Sportvereinigung Odenkirchen im Stadion zu sein. Damals ging es für den 1. FC Kleve noch in der Fußball-Landesliga um Punkte. „Das gegen Odenkirchen war damals ein ganz bitteres Ding. Bis kurz vor Schluss lagen wir 1:0 vorne, haben dann aber noch einen unnötigen Ausgleich kassiert. Und dafür bin ich nicht mit den Bayern nach Portugal geflogen“, erinnert sich Jens Nalewaja.

Der 29-Jährige war es auch, der einen kleinen Fanclub rund um den 1. FC Kleve gründete. Zwölf Aktive zählt die inoffizielle Vereinigung nun. Gemeinsam zeigen sie bei Heim- und Auswärtsspielen mit Fangesängen, Trommeln und Bannern Flagge für den Fusionsklub. Außerdem würden sie klare Werte verkörpern, so Jens Nalewaja. „Wir würden die Mannschaft oder den Trainer niemals auspfeifen. Wir stehen immer hinter dem Team – in guten wie in schlechten Zeiten“, sagt der Klever.

Schließlich pflege man enge Verhältnisse zu Spielern wie Fabio Forster, Niklas Klein-Wiele oder Pascal Hühner. Zudem würden die Verantwortlichen rund um den Vorsitzenden Christoph Thyssen seit Jahren hervorragende Arbeit leisten. Düstere Tage rund um die Insolvenz seien daher längst vergessen. „Es gibt wohl auch keinen Verein, bei dem der Vorsitzende vor den Spielen auf dem Rasenmäher sitzt. Das, was Christoph Thyssen da leistet, ist gelebte Vereinsliebe“, sagt Lange.

Jens Nalewaja, Norbert Lange und Kollegen fehlt seit Monaten insbesondere auch die Lokalrivalität mit Viktoria Goch, dem SV Straelen oder dem 1. FC Bocholt – wenngleich nur die Westmünsterländer aktuell mit dem 1. FC Kleve in einer Klasse kicken. „Goch ist kein Gegner mehr für uns, das haben wir im Kreispokal gesehen. Und Straelen ist mittlerweile in der Regionalliga unterwegs. Die Duelle gegen Bocholt sind also unser Saison-Höhepunkt“, sagt Nalewaja. Für die Fahrten dorthin organisierten die Fans zuletzt gar Busse, um im Kollektiv aufzutreten – und der Mannschaft auf dem Feld so Rückenwind zu geben. Und tatsächlich: Nicht selten hat man das Gefühl, dass die Kicker des 1. FC Kleve von der Unterstützung der Fans angetrieben werden, bis zur letzten Minute weiterzukämpfen.

Die Zeit ohne Spiele des 1. FC Kleve wird jetzt bald ein Ende haben. Umut Akpinar trainiert mit seiner Mannschaft seit einigen Tagen wieder auf dem Platz. Und erste Freundschaftsspiele sind geplant. Am Samstag, 26. Juni, will der 1. FC beim Landesligisten VfR Krefeld-Fischeln testen. Und am Sonntag. 4. Juli, soll der Ball wieder in der Getec-Arena rollen. Dann soll der Oberligist gegen den Landesligisten Fichte Lintfort spielen. „Wir können es wirklich kaum erwarten. Ich will wieder Leben im Stadion sehen“, sagt Jens Nalewaja.

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