Fußball "Es ergab sich eine Diskrepanz"

Dem zurückgetretenen 2. stellvertretenden FC-Vorsitzenden Oliver Luerweg fehlte der Mut zu unbequemen Entscheidungen.

Geboren wurde er in Bottrop, 2000 kam er nach Kleve: Oliver Luerweg, der vergangene Woche sein Amt als 2. stellvertretender Vorsitzender des 1. FC Kleve niederlegte. Der 41-Jährige ist Geschäftsführer der Firma Luerweg & Brinkmann, die sich mit EDV-Lösungen und Büro-Organisation für Steuerberater und Unternehmen beschäftigt. Zum 1. FC Kleve kam er, als Fred Bockholt Trainer der Rot-Blauen war. Bockolts Sohn ist ein Klassenkamerad von Luerweg. Über Sponsoring und den Wirtschaftsbeirat des 1. FC, dem Luerweg ab 2006 angehörte, kam er 2007 in den Vorstand. Mit dem zurückgetretenen 2. stellvertretenden Vorsitzenden unterhielt sich RP-Redakteur Peter Janssen.

Warum steht der 1. FC Kleve derzeit so miserabel in der Tabelle, wurden da vor der Saison zu viele Spieler aus dem Hause "Bunt und Billig" eingekauft?

Oliver Luerweg Ich bin weit davon entfernt, mich zu sportlichen Fragen zu äußern. Davon habe ich im Vergleich zu wenig Ahnung. Und das akzeptiere ich auch so. Ich weiß nur, das, was wir derzeit haben, macht es dem Verein in allen Bereichen schwer. Was ich jedoch für unangemessen halte, ist der Gebrauch von Kraftausdrücken wie: Wer nicht mitzieht, wird rausgeschmissen. Aber das ist eine rein persönliche Einstellung zur Frage des Umgangs mit Mitarbeitern, denn das sind die Spieler.

Sie sind als 2. stellvertretender Vorsitzender zurückgetreten, sind Sie damit auch aus der Haftung für bestimmte Vorgänge?

Luerweg Zunächst mal bin ich weiter Sponsor des Vereins. Ich kann und will nur nicht mehr die Entscheidungen mittragen, die einzelne treffen. Zumal die Möglichkeit der Einflussnahme zusehends geschwunden ist. Was die Haftung betrifft, so bin ich natürlich wie jedes Vorstandsmitglied mitverantwortlich auch wenn ich meine Standpunkte nicht durchsetzen konnte. Es gibt ohnehin unterschiedliche Haftungstatbestände. Entscheidend war für meinen Entschluss, das Amt niederzulegen, dass ich irgendwann für etwas verantwortlich gemacht werden könnte, was ich nicht mitgestaltet habe – ganz egal wie ich persönlich zu diesen Entscheidungen stehe.

Was ist im Vorstand des 1. FC falsch gelaufen?

Luerweg Viele gute Leute sind begeistert losgelaufen und haben alles für die Zielereichung unternommen. Dabei ist leider eine ruhige Abstimmung der einzelnen Bereiche ins Hintertreffen geraten.

Wie beurteilen Sie die finanzielle Situation des Vereins auch vor dem Hintergrund, dass Vorsitzender Uwe Dönisch-Seidel im Dezember noch von der drohenden Insolvenz gesprochen hatte?

Luerweg Wir haben vor der Saison gemeinsam eine solide Planung erarbeitet. Im Verlauf der Saison ergab sich eine Diskrepanz zwischen wirtschaftlichen Möglichkeiten und sportlichen Begehrlichkeiten. Dafür ist Kleve halt nicht Düsseldorf. So schön das auch wäre. Ich halte die Situation vor allem für die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer sowie die anderen Abteilungen und die Jugend für nicht richtig. Denn der 1. FC Kleve besteht nicht nur aus der 1. Mannschaft, auch wenn diese in der Öffentlichkeit am stärksten wahrgenommen wird.

Ihre Vorstellungen für die laufende und wenn möglich auch die nächste Saison?

Lurerweg Ich habe die Hoffnung, dass die Spielzeit vernünftig beendet wird und dann in der nächsten Saison nur das gemacht wird, was wirtschaftlich vertretbar ist. Der Verein muss wie ein Unternehmen geführt werden. Auch in der NRW-Liga kann es Spaß machen, zum 1. FC Kleve zu kommen, gute Spiele zu sehen und zusammen eine gute Zeit zu haben. Zudem sollte auf der nächsten Jahreshauptversammlung der Versuch eines Neustarts unternommen werden. Der 1. FC braucht grundsätzlich einen Vorstand, der Strukturen schafft und den Mut hat, rechtzeitig auch unbequeme Entscheidungen zu treffen. Die sportliche Expertise ist da zweitrangig. Dafür hat der Verein in jedem Bereich Experten.

(RP)
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