Lokalsport Die doppelte Ladung Temperament

Kleve · Ein Jahr lang waren zwei junge Mexikanerinnen fester Bestandteil der U17-Mädchen-Mannschaft der DJK Rhenania Kleve. Ein Austauschprogramm führte sie hierher, nun kehren sie zurück in ihr Heimatland.

 Fühlten sich wohl in Kleve: Ana Sofiá Otero (10) und Mariella Wollersen.

Fühlten sich wohl in Kleve: Ana Sofiá Otero (10) und Mariella Wollersen.

Foto: Markus van Offern

Die U17-Juniorinnen der DJK Rhenania Kleve dürfen auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken: Bei noch zwei ausstehenden Partien werden die Mädchen die Spielzeit auf dem zweiten Rang beenden, ihre Tordifferenz ist mit 74 Toren im Plus und auch in der Mannschaft herrscht tolle Stimmung: "Die Mädels sind wirklich ein Team. Sie machen viel gemeinsam, stehen für einander ein und halten zusammen. Daher ist es schade, dass Mariella und Ana wieder nach Mexiko zurückkehren", sagt Toni Urban, Trainer der Kreisklassen-Mannschaft.

Die Mexikanerinnen Mariella Wollersen (13) und Ana Sofiá Otero (17) haben im Zuge eines Austauschprogramms nun ein Jahr in Deutschland verbracht. In zwei Wochen kehrt Mariella zurück, Ana sitzt erst im August wieder im Flieger. "Wir haben eine großartige Zeit erlebt. Für das Austauschprogramm haben wir uns entschieden, um einfach mal Neues auszuprobieren. Dennoch freuen wir uns nun natürlich auf die Heimat", sagt Ana. Die Mädchen besuchten das Konrad-Adenauer-Gymnasium, wohnten bei der Mutter von Urbans Tochter und waren als Kreativakteure im U17-Team unverzichtbar. "Wir haben großen Spaß mit ihnen gehabt. Sie waren beim Training und im Spiel immer motiviert. Außerdem zeigten sie uns immer wieder Übungen aus Mexiko", sagt Luca Ingensand (16), Spielführerin der DJK-Kickerinnen. Was die deutsche Nationalmannschaft bei der WM bereits hat spüren müssen, bestätigt auch Luca: "Mexikaner gehen härter rein, sind physisch stärker und trainieren auch intensiver."

Während Mariella die Position der Rechtsverteidigerin bekleidete, traf Ana als Torjägerin mit eiskaltem Abschluss 43 Mal ins gegnerische Gehäuse. "Meine große Stärke ist das Dribbeln und meine Schussgenauigkeit. Gleichzeitig muss ich aber an meinen Kopfbällen noch arbeiten", sagt Ana. "Die Schnelligkeit ist meine Stärke. Zudem verteidige ich kompromisslos. Beim Dribbeln kann ich mir bei Ana aber noch Einiges abschauen", erklärt Mariella. "Sie haben diese Mannschaft zweifelsfrei besser gemacht und das Niveau des ganzen Teams angehoben", erklärt Urban. Der Erfolg der Mannschaft hat sich herumgesprochen, sodass immer mehr Mädchen zu Urbans Balltreterinnen stoßen. Während sie also bisher in der 6+1-Formation von Strafraum zu Strafraum spielten, ist für die kommende Saison auch ein Elfer-Team denkbar.

Als die Freundinnen vor einem Jahr nach Deutschland kamen, war die Integration problemlos möglich. In Mexiko nämlich besuchen sie eine internationale Schule, in der alle Fächer auf Deutsch unterrichtet werden. Mariella hat gar einen deutschen Vater, der in Kleve wohnt und am KAG Lehrer ist. "Es ist hier etwas schwieriger, Freunde zu finden. Die Menschen sind super nett, anfangs aber etwas verschlossener als Mexikaner. Da wir beide fließend Deutsch sprechen, wurden wir aber schnell gut aufgenommen", sagt Ana, deren Eltern zuletzt für drei Wochen zu Besuch waren. "Der größte Unterschied zu Mexiko aber ist die Pünktlichkeit", sagt Ana. Auch sei die Freiheit, einfach überall mit dem Fahrrad ohne Angst vor Diebstahl und Bedrohung fahren zu können, ein Genuss. "Dennoch habe ich manchmal auch den Eindruck, dass Mexikaner liebevoller sind: Wenn wir am KAG am Valentinstag Rosen anbieten, werden nur Einzelne gekauft. Bei uns sind es Hunderte", erklärt Mariella. "Ana ist etwas ruhiger, aber sehr neugierig. Mariella dahingegen ist ein Wirbelwind. Sie kann auf dich sauer sein und dir zwei Minuten später um den Hals fallen. Beide bringen viel Temperament und Passion mit. Trainer dieser Mannschaft zu sein, ist daher der schönste Job der Welt", sagt Urban. "In der Halbzeitpause kommt es mit der Mannschaft, insbesondere mit Ana und Mariella, zu sehr hitzigen Diskussionen", fügt er an. Auch außerhalb der zwei Trainingseinheiten und des Spiels am Wochenende unternehmen die Teamkameradinnen viel gemeinsam; schauen Bundesliga und zuletzt auch das Spiel Deutschlands gegen Mexiko. Während Ana mit voller Leidenschaft ihr Heimatland unterstützte, war Mariella zwiegespalten: "60 Prozent meines Herzens schlug für Mexiko, 40 Prozent für Deutschland."

Dass die Mädchen hervorragend zur DJK und zum KAG passen, sei kein Zufall, meint Urban. Das Gymnasium habe beispielsweise bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Turnhalle Weltoffenheit bewiesen und die DJK sei bei der Integration ohnehin sehr bemüht.

"Sie sind in ein warmes Umfeld gekommen", sagt Urban. Dennoch ist das Austauschjahr bald vorüber. Ein wichtiger Termin aber steht noch an: Die Abschiedsfeier. Sie wird sicher eine emotionale werden.

(RP)
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