Fußball Der Verein, der aus der Tiefe kam

Fußball: Heute Abend empfängt der 1. FC Kleve um 19 Uhr Lokomotive Leipzig zum Testspiel in der Volksbank-Arena. Der ostdeutsche Klub musste in der 11. Liga neu starten und ist nach einigen Meisterfeiern sowie einer Fusion in der Oberliga angekommen.

Was kann man von einem Verein halten, der vier Mal hintereinander umbenannt worden ist, für den mal René Adler und Lothar Matthäus gespielt haben und der, um Lizenzvorgaben verwirklichen zu können, die Hilfe von Fans braucht, um das Stadion zu renovieren?

Die Geschichte des heutigen Klever Testspielgegners (Anstoß 19 Uhr in der Volksbank-Arena) — Lokomotive Leipzig — ist eine der kuriosesten und buntesten im deutschen Fußball überhaupt. Und passend dazu weiß noch nicht einmal der Pressesprecher des Vereins, Dirk Sanders, wohin die Reise in der neuen Oberliga-Saison gehen soll: "Wir wollen uns in den nächsten Wochen, nachdem unser neuer Trainer mit der Mannschaft im Trainigslager gearbeitet hat, zusammensetzen und das Ziel für die Saison bekannt geben."

Rauswurf nach Platz drei

Das wird spannend, denn der langjährige Erfolgstrainer der Leipziger, Rainer Liesewicz, wurde trotz eines dritten Platzes in der Oberliga entlassen. Er führte die Mannschaft, die das Erbe des kurzzeitig wiederbelebten und dann insolventen 1. deutschen Fußballmeisters VfB Leipzig antrat, zu vier Aufstiegen hintereinander.

In der Saison 2004/05 startete sie in der letzten deutschen Spielklasse, in der 11. Liga(!), und schaffte in einem Rekordtempo durch Aufstiege und eine Fusion mit dem SSV 52 Torgau den Weg in die Oberliga des Nordostdeutschen Fußballverbandes Süd (NOFV). Dort wird es in der kommenden Saison zu spannenden Leipziger Stadtduellen kommen. Neben dem aus der Regionalliga abgestiegenen historischen, großen Rivalen FC Sachsen werden vor allem die Duelle mit dem kürzlich neugegründeten RB Leipzig mit Spannung erwartet.

Das RB steht allerdings nicht für den neuen Sponsor Red Bull, der mit Investitionen von 100 Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren wieder für Bundesliga Fußball in der bevölkerungsreichsten Stadt Sachsens sorgen möchte, sondern für Rasen Ballsportverein.

Dirk Sanders interessiert dieser Verein aber nur wenig: "Wir sind das absolute Gegenmodell von diesem Wirtschaftsvorhaben. Lok Leipzig ist ein traditionell gewachsener Verein, wir haben eine lokale und regionale Verwurzelung. Bei uns wird solide und nachhaltig gewirtschaftet."

Als Beleg dieser Aussage kann man die Auszeichnung des DFB für eine erfolgreiche und gute Jugendarbeit vom vergangenen Jahr ansehen. Nicht ganz so erfolgreich läuft die Arbeit mit den Fans. Lok Leipzig musste in der vergangenen Saison einige seiner Heimspiele vor begrenzter Zuschauerkulisse austragen. Einige Anhänger, die den Namen nicht verdient haben, sorgten bei Auswärtsspielen regelmäßig für Ausschreitungen.

Die "schlagenden Verbindungen" von Leipzig haben an ihrem Image hart gearbeitet. Und obwohl es der Verein in intensiver Zusammenarbeit mit den Behörden geschafft hat, dass es im heimischen Bruno-Plache Stadion ruhig blieb, ließen sich Ausschreitungen nicht ganz verhindern. "Wir sind kein Verein für Chaoten, sondern für Fans", gibt sich Dirk Sanders kämpferisch. Die Fans danken es dem Verein, indem sie sich aktiv bei Umbaumaßnahmen des Stadions beteiligen.

Wie die Geschichte des von seinem einstigen Fanbeauftragten Steffen Kubald als Präsidenten geführten Vereins weitergehen wird, weiß man nicht, aber eines wird sie bestimmt nicht: langweilig.

(RP)
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