Fußball Holger Tripp: „Die Saison irgendwie zu Ende bringen“

Kreis Kleve · Das Mitglied der Spielkommission im Verband Niederrhein und Vorsitzender des Fußballausschusses des Kreises Kleve-Geldern spricht darüber, wie es im Fußball weitergehen könnte. Er hofft, dass eine Annullierung der Spielzeit verhindert werden kann.

 Holger Tripp ist Vorsitzender des Fußballausschusses im Kreis Kleve-Geldern und Mitglied der Kommission Spielbetrieb im Verband Niederrhein.

Holger Tripp ist Vorsitzender des Fußballausschusses im Kreis Kleve-Geldern und Mitglied der Kommission Spielbetrieb im Verband Niederrhein.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)/Stade,Klaus-Dieter (kds)

Der Fußball-Verband Niederrhein hat den Spielbetrieb wegen der Corona-Krise erst einmal bis Sonntag, 19. April, ausgesetzt. Doch dass der Ball schon Ende April wirklich wieder rollen kann, daran glauben selbst die allergrößten Optimisten nicht. Die Rheinische Post sprach mit Holger Tripp, Vorsitzender des Fußballausschusses im Kreis Kleve-Geldern und Mitglied der Kommission Spielbetrieb im Fußball-Verband Niederrhein, darüber, welche Chancen es noch gibt, die Saison überhaupt zu beenden, bis wann das geschehen müsste und welche Möglichkeiten laut Spielordnung überhaupt existieren.

Herr Tripp, glauben Sie, dass im April schon wieder Fußball gespielt werden kann?

Holger Tripp Ehrlich gesagt, nein. Wir müssen jetzt abwarten, welche Wirkung die von Bund und Ländern getroffenen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus haben. Wenn man sieht, wie viele neue Fälle täglich gemeldet werden, können wir nicht davon ausgehen, dass wir die Saison ab dem 26. April fortsetzen können. Ich hoffe aber, dass dies zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist. Wann das sein wird, kann man heute nur schwer sagen. Wir können nur abwarten und haben deshalb auch die Vereine gebeten, Geduld zu haben. Die Gesundheit steht jetzt an erster Stelle. Der Fußball-Verband wird deshalb kein Risiko eingehen. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass jeder dafür Verständnis hat.

Wann wird der Verband entscheiden, wie es nach dem 19. April weitergeht?

Tripp Spätestens bis Ostern muss eine Entscheidung her. Wir sind natürlich bemüht, das so rechtzeitig wie möglich kundzutun. Doch im Moment ist es schwierig, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, weil sich die Voraussetzungen teilweise täglich ändern. Als wir am 13. März beschlossen haben, die Saison erst einmal zu unterbrechen, war die Lage in Deutschland noch relativ entspannt. Und wo stehen wir ein paar Tage später? Sicher ist, dass die Vereine eine Vorlaufzeit von wenigstens 14 Tagen benötigen, wenn die Saison fortgeführt werden sollte.

Gibt es eigentlich einen Zeitpunkt, bis zu dem entschieden werden muss, ob die laufende Spielzeit fortgesetzt werden kann?

Tripp Den gibt es noch nicht. Wenn sich herausstellen sollte, dass erst im September wieder gespielt werden kann, muss man überlegen, was dann noch geht. Wenn erst in einem Jahr wieder gespielt werden könnte, wäre es eine Option, mit dem jetzigen Spielstand weiterzumachen. Es gibt im Moment zu viele Unbekannte, mit denen wir rechnen müssen. Der Idealfall ist für mich, dass wir die Saison irgendwie und irgendwann zu Ende bringen können. Und der schlimmste Fall wäre, wenn wir die Saison annullieren müssten. Das müssen wir verhindern. Deshalb müssen wir alle Möglichkeiten nutzen und Ideen entwickeln, um dem entgegenzuwirken.

Wie lange könnte die Saison denn allein von der Spielordnung her gehen?

Tripp Notfalls könnten wir ein Jahr Pause machen. In der Spielordnung steht, dass die Saison in der Regel am 1. Juli beginnt und am 30. Juni endet. Durch die Formulierung in der Regel hat man sich eigentlich alles offen gehalten. Außerdem heißt es in der Spielordnung: Wenn für den Rahmenterminkalender durch den DFB andere Regelungen getroffen werden, sind diese auch für die Landesverbände gültig.

Gerade bei Vereinen in den höchsten Amateurklassen sind viele Spieler als Vertragsamateure angestellt. Deren Verträge laufen am 30. Juni aus. Könnten Sie bei einer Verlängerung der Saison über den 30.Juni hinaus nur dann weiter für ihre Vereine spielen, wenn sie neue Verträge unterschreiben.

Tripp Bei Vertragsamateuren ist das so, da gibt es die Frist 30. Juni. Dann müsste man sehen, wie man damit umgeht. Die Intention ist deshalb natürlich, bis zum 30. Juni fertig zu sein, obwohl ich Stand heute nicht so recht daran glaube, dass dies zu schaffen ist. Wenn es später werden sollte, dann sehe ich für die unteren Amateurklassen keine Probleme, das hinzubekommen. In der Oberliga, in der viele Vertragsamateure auflaufen, aber.

Könnte es da wegen der Coronakrise keine Ausnahmeregelung geben?

Tripp Das kann ich nicht beurteilen. Aber es gibt beim DFB genug Juristen, die sich dann damit beschäftigen könnten, was möglich ist und was nicht.

Wie würde es mit den Spielerwechseln aussehen? Spieler müssen sich bis zum 30. Juni abgemeldet haben, wenn sie einen Klub ablösefrei verlassen wollen. Die Transferperiode beginnt dann am 1. Juli.

Tripp Das ist in der Spielordnung klar geregelt. Wenn nach dem 30. Juni noch Pflichtspiele stattfinden müssen, kann sich ein Akteur fünf Tage nach der letzten Pflichtpartie bei seinem derzeitigen Klub abmelden – und das wird dann so behandelt, als wäre dies zum 30. Juni geschehen.

Bietet die aktuelle Krise vielleicht auch eine Chance, den Spielplan dem Kalenderjahr anzupassen. Es gibt Vereine, die fragen sich, warum im Sommer, wenn beste Bedingungen herrschen, im Fußball immer Pause ist.

Tripp Auch das muss man natürlich diskutieren, wenn wir wissen, wann es weitergeht. Und natürlich könnte man eine Fußball-Saison dem Kalenderjahr anpassen. Dann müsste man aber ohne Sommerpause auskommen. Und die Saison müsste spätestens im Oktober beendet sein, weil anschließend die Zeit beginnt, wo es wegen des Wetters schon zu Spielausfällen kommen könnte. Denn ich sehe Probleme, wenn am letzten Spieltag die Gefahr droht, dass entscheidende Partien nicht stattfinden können, weil Plätze nicht bespielbar sind.

Oberligist SSVg Velbert hat in einem offenen Brief dafür plädiert, die Saison jetzt abzubrechen.

Tripp Jeder darf in der derzeitigen Situation seine Meinung äußern. Ich hätte mir aber gewünscht, dass von Velberter Seite auch Lösungsvorschläge präsentiert werden, wie denn verfahren werden könnte. Was machen wir mit Vereinen wie dem Oberligisten SV Straelen oder dem Bezirksligisten TSV Wachtendonk-Wankum, die mit deutlichem Vorsprung an der Tabellenspitze stehen? Sollen wir sie nicht aufsteigen lassen? Das kann ich diesen Klubs doch nicht antun. Da bin ich ganz bei Hermann Tecklenburg, Präsident des SV Straelen, der gesagt hat, dass er sich mit Händen und Füßen dagegen wehren würde, wenn Strae­len bei einem Abbruch der Saison nicht aufsteigen würde.

Wie könnte man bei einem Abbruch die Auf- und Abstiegsfrage denn entscheiden?. Der Westdeutsche Basketball-Verband arbeitet mit Wildcards für Teams, die den Aufstieg oder Klassenerhalt rechnerisch noch hätten schaffen können. Wäre das ein mögliches Modell?

Tripp Wir müssen, wie gesagt, alles diskutieren. Wobei es im Basketball sicherlich leichter ist, Ligen durch Wildcards aufzustocken. Dort spielen in der Regeln weniger Teams pro Liga. Und bei einer Hallensportart kann es keine Terminprobleme durch eine Periode mit schlechtem Wetter geben. Der Fußball müsste, wenn Wildcards verteilt werden, eventuell Ligen bilden, in denen mehr als 20 Teams spielen. Fakt ist, dass bei einem Saisonabbruch jeder gewisse Opfer bringen müsste. Es würde dann keine gerechte Lösung für alle geben.

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