Fußball-Niederrheinpokal Verlierer 1. FC Kleve ist auch ein Gewinner

Essen · Der Oberligist kassiert im Finale des Niederrheinpokals eine 1:3-Niederlage gegen Rot-Weiss Essen. Die Enttäuschung ist groß und verdrängt zunächst, dass Team und Klub in dem Wettbewerb beste Werbung in eigener Sache gemacht haben.

 Die Enttäuschung war direkt nach dem Anpfiff bei den Klever Kickern – hier Sezai Kezer – groß.

Die Enttäuschung war direkt nach dem Anpfiff bei den Klever Kickern – hier Sezai Kezer – groß.

Foto: Klaus-Dieter Stade (kds)

Die Spieler des 1. FC Kleve ließen sich beim Abpfiff auf den Rasen im Stadion Essen fallen. Dort verharrten sie einige Zeit – enttäuscht, frustriert, am Ende ihrer Kräfte. Sie waren Verlierer und dachten in diesem Moment nicht ansatzweise daran, dass sie eigentlich auch Gewinner waren. Denn sie haben so viel erreicht für sich und ihren Verein. Doch in diesen Momenten zählte für die Klever Kicker beim ersten Auftritt des Fusionsklubs auf großer Fußballbühne nur, dass sie das letzte Spiel des Wettbewerbs eben nicht gewonnen hatten: das Finale. Im Endspiel des Niederrheinpokals, das in der ARD übertragen wurde, gab es für den Oberligisten am Samstag eine 1:3 (0:1)-Niederlage gegen Regionalligist Rot-Weiss Essen. Der große Favorit durfte jubeln, darf nun in der ersten Runde des DFB-Pokals, die eine Einnahme in sechsstelliger Höhe garantiert, ein Heimspiel gegen Bundesligist Arminia Bielefeld bestreiten. Der 1. FC Kleve musste dagegen Frust schieben – erst auf dem Rasen, dann auf der Tribüne, wo sich die Kicker die Medaille für Platz zwei abholten.

Auch dem Klever Trainer Umut Akpinar war unmittelbar nach der Siegerehrung anzumerken, wie tief der Stachel der Enttäuschung saß, den Coup im Cup im Stadion von Rot-Weiss Essen nicht geschafft zu haben. „Es ist immer bitter, wenn man das letzte Spiel eines Wettbewerbs verliert. Die Enttäuschung darüber wird auch noch etwas anhalten. Wir hatten uns viel vorgenommen, sind nach Essen gefahren, um hier zu gewinnen“, sagte Akpinar. Daraus wurde nichts, weil der Gegner eben die Klasse besser war, die beide Mannschaften auch in der Meisterschaft trennen. Der Sieg von RW Essen war verdient. Daran gab es auch für Akpinar nichts zu deuten. Trotzdem hatte der Trainer und seine Spieler daran zu knabbern, dass es nicht zum großen Wurf gereicht hatte.

 Trainer Umut Akpinar war nach dem Spiel auch erst einmal geknickt.

Trainer Umut Akpinar war nach dem Spiel auch erst einmal geknickt.

Foto: Klaus-Dieter Stade (kds)

Die Stimmung wurde erst einige Minuten nach der Siegerehrung etwas besser, als Umut Akpinar das Team um Kapitän Fabio Forster noch einmal auf den Rasen versammelt hatte. Vielleicht hat der Trainer seinem Personal dort noch einmal gesagt, was er kurz zuvor schon einmal mit Stolz in der Stimme verkündet hatte. „Die Mannschaft hat Großartiges geleistet“, sagte Akpinar. Und der Verein habe dies, so der Übungsleiter, ebenfalls getan, weil es ihm gelungen war, das Halbfinale gegen den 1. FC Bocholt für derzeit erlaubte 300 Zuschauer perfekt zu organisieren. „Dafür können wir uns als Mannschaft nur bedanken“, so Akpinar. Das Erlebnis mit dem im Elfmeterschießen gegen den 1. FC Bocholt gewonnenen Heimspiel wird wie das Finale in der Erinnerung haften bleiben, auch wenn er nur von 240 Klever Fans statt der erhofften mehr als 1000 Anhänger am heimischen Bresserberg bejubelt werden durfte.

Auch beim Endspiel in Essen waren einige Klever dabei, da der 1. FC ein gewisses Kartenkontigent erhalten hatte. Sie honorierten den vor allem in der zweiten Halbzeit sehr couragierten Auftritt der Mannschaft während der Begegnung mit Anfeuerungsrufen. Und nach der Siegerehrung sangen sie „Wir sind stolz auf unser Team“, während die Klever Kicker derweil mit hängenden Köpfen und den Medaillen in den Händen zurück auf den Rasen schlichen.

Dort hatte der Oberligist in der Anfangsphase erhebliche Probleme gehabt. RWE hatte in den ersten 20 Minuten ein halbes Dutzend guter Torchancen, wobei der Klever Verteidiger Kai Robin Schneider gleich viermal auf der Linie rettete. Der Regionalligist erzielte seine Tore dann aber zu denkbar ungünstigen Zeitpunkten für den 1. FC Kleve

 Der Moment der Hoffnung: Der 1. FC Kleve bejubelt den Ausgleichstreffer durch Nedzad Dragovic.

Der Moment der Hoffnung: Der 1. FC Kleve bejubelt den Ausgleichstreffer durch Nedzad Dragovic.

Foto: Klaus-Dieter Stade (kds)

Die Mannschaft hatte sich nach der Essener Anfangsoffensive gerade etwas berappelt und Ruhe in die eigenen Aktionen gebracht, als Simon Engelmann (38.) die Führung für RWE gelang. Nachdem Nedzad Dragovic (52.) den forscheren Auftritt des Außenseiters zu Beginn der zweiten Halbzeit mit dem Ausgleich belohnt hatte, den er mit einem Elfmeter nach Foul an Kai Robin Schneider erzielte, ging der Gegner nur vier Minuten später durch einen abgefälschten Schuss von Simon Engelmann erneut in Front. Engelmann ließ schließlich in der 82. Minute mit seinem dritten Treffer per Elfmeter erst gar nicht Klever Hoffnungen aufkommen, in der Schlussphase mit letzter Kraft noch die Verlängerung erzwingen zu können. Und dann gab es erst einmal nur noch Frust beim 1. FC.

Doch der 1. FC Kleve hat in schweren Zeiten wegen der Corona-Pandemie allerbeste Werbung in eigener Sache gemacht. Das bleibt, auch wenn das Finale verloren wurde. Und es bleibt das Lob einer Trainerlegende, die unter den Zuschauern war. „Der 1. FC Kleve hat das gut gemacht“, sagte Otto Rehhagel, Meistercoach von Werder Bremen und Überraschungs-Europameister mit Griechenland. Auch das sollte ein Trost sein. Der Verlierer 1. FC Kleve war eben auch ein Gewinner.

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