Trainer des 1. FC Kleve spricht Klartext Umut Akpinar: „Wir müssen mit Perspektive überzeugen“

Interview | Kleve · Der Coach des Fußball-Oberligisten blickt auf die nahezu beendete Saison zurück und spricht über die schwierige Kaderplanung. Außerdem verrät er, wie die Zusammenarbeit mit Georg Mewes läuft und mit welchem Spiel er am Sonntag beim VfB Hilden rechnet.

Umut Akpinar hat eine nervenaufreibende Saison mit dem 1. FC Kleve absolviert. Ein Spiel steht noch aus. Am Sonntag geht es zum VfB Hilden.

Umut Akpinar hat eine nervenaufreibende Saison mit dem 1. FC Kleve absolviert. Ein Spiel steht noch aus. Am Sonntag geht es zum VfB Hilden.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Mit einem 1:1 im Heimspiel gegen ETB Schwarz-Weiß Essen hat der Fußball-Oberligist 1. FC Kleve einen Spieltag vor der Sommerpause den Klassenerhalt perfekt gemacht. Am Sonntag um 14 Uhr tritt das Team im letzten Spiel der Saison beim VfB Hilden an. Im Vorfeld spricht Trainer Umut Akpinar über die kräftezehrende Spielzeit, die herausfordernde Personalplanung und die Zusammenarbeit mit Georg Mewes.

Herr Akpinar, wie erleichtert sind Sie über den Klassenerhalt?

Umut Akpinar Wir sind alle unglaublich glücklich. Wir blicken auf eine kräftezehrende Saison mit deutlich mehr als 40 Partien in einer extrem starken Oberliga zurück. Bis zum vorletzten Spieltag lebten viele Mannschaften in Ungewissheit. Das zeigt, wie eng es in dieser Saison zuging. Wir haben es uns aber verdient, nun über dem Strich zu stehen.

Insgesamt gingen 21 Mannschaften in der Oberliga an den Start. Waren das rückblickend zu viele?

Akpinar Diese Größe hat sich durch Corona ergeben und sie war unausweichlich. Aber 40 Liga-Partien zu bestreiten, bringt viele Mannschaften an Grenzen. Auch uns hat dieses Pensum ziemlich gefordert. Zumal man nicht vergessen darf, dass drei starke Aufsteiger und ein Regionalliga-Absteiger in die Spielklasse gekommen waren und zudem gleich mehrere Teams um den Aufstieg mitspielen wollten. Und man musste bei sechs Abstiegsplätzen immer nach unten schauen. Diese Saison war schon eine ganz besondere Erfahrung.

Der 1. FC Monheim, der in den vergangenen Jahren stets eine gute Rolle in der Oberliga spielte, steigt in die Landesliga ab. Ist das auch ein Warnschuss für den 1. FC Kleve?

Akpinar Tatsächlich hat mich das Abschneiden des 1. FC Monheim überrascht. Er ist sehr finanzstark und habt regionalliga-erfahrene Spieler in seinen Reihen. Auch die Infrastruktur in Monheim ist überragend. Ich kenne die Gründe nicht, weshalb es in dieser Saison beim 1. FC Monheim nicht läuft, aber wir können daraus dennoch Schlüsse ziehen: Man darf sich in dieser Liga nie zu sicher sein. Zu Beginn der Saison hatten wir einen einstelligen Tabellenplatz als Saisonziel angepeilt. Nach dem Fehlstart haben wir dieses Ziel nach unten korrigiert, für uns zählte nur noch der Klassenerhalt. Mit dieser Zielsetzung haben sich alle identifiziert, wir haben an einem Strang gezogen – vom Trainer über den Vorstand und die Spieler bis zum Platzwart. Das hat uns Halt gegeben.

Die Rückrunde verlief besser als die Hinrunde. Nicht nur punktemäßig, auch die Leistungen waren in der zweiten Saisonhälfte deutlich besser. Können Sie sich das erklären?

Akpinar Weil die Sommervorbereitung aus verschiedenen Gründen nicht optimal lief, sind wir schlecht gestartet. In der Hinrunde folgten auf Erfolge immer wieder Rückschläge, das war enttäuschend. Es fehlte zu lange an Konstanz. Zudem hatten wir es immer wieder mit Verletzungen zu tun. Vielleicht haben wir uns nach dem siebten Tabellenplatz in der vergangenen Saison zu sicher gefühlt. In der Hinrunde haben wir nicht immer die Basistugenden auf den Platz gebracht.

In der Winterpause haben Sie die Sinne Ihrer Schützlinge geschärft?

Akpinar Wir haben im Winter sehr deutlich angesprochen, was anders werden muss. Und die Vorbereitung lief gleich deutlich besser, zumal die Trainingsbeteiligung über Wochen bei 100 Prozent lag. Das hat Schwung ins Team gebracht, und den haben wir in die Rückrunde mitgenommen. Ohne diese Leistungssteigerung wäre es zum Schluss wohl eng geworden.

Im Winter wechselte Hasan Akcakaya an den Bresserberg. Er traf bereits sieben Mal. War der Neuzugang ein wichtiger Faktor für die Leistungssteigerung?

Akpinar Sicherlich war Hasan noch einmal ein wichtiger Impuls, das Puzzleteil hatte zuvor gefehlt. Er bringt einen sehr offensiven Spielstil, Torgefahr und eine gewisse Unbekümmertheit mit. Das hat der Mannschaft gutgetan. Dass Hasan gleich ein so wichtiger Spieler wurde, ist auch deshalb beeindruckend, weil er zuvor ein halbes Jahr nicht gespielt hatte. Trotzdem sehe ich bei ihm Luft nach oben. Diese Möglichkeiten wollen wir in der Sommervorbereitung herauskitzeln.

Mit Kai Robin Schneider und Mike Terfloth werden zwei Leistungsträger den Klub verlassen. Wie schmerzlich sind die Abgänge?

Akpinar Sportlich und menschlich ist das ein großer Verlust. Karo und Mike sind sehr beliebt in der Truppe, absolute Führungsspieler auf und neben dem Platz. Ich habe aber Verständnis für ihre Entscheidung. Kai Robin will die Anfahrt aus Köln nicht mehr auf sich nehmen und Mike hat sich selbstständig gemacht. Es wird schwer, diese Leistungsträger zu ersetzen.

Das ist dann auch eine Aufgabe für Georg Mewes, der den 1. FC Kleve ab sofort in Transferfragen berät. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Akpinar Es läuft sehr harmonisch. Hans Noy, Georg Mewes und ich tauschen uns in Fragen der Kaderplanung täglich aus. Ich bin froh, dass Georg Mewes nun auch zu unserem Team gehört. Er hat die nötige Erfahrung und ein riesiges Netzwerk, gerade im Ruhrgebiet.

Der 1. FC Kleve hat es seit Jahren nicht leicht, Spieler zu holen. Die Entfernung von Duisburg, Essen oder Düsseldorf in Richtung Grenze ist eine Hürde. Wie schwierig ist es da, ein Team zusammenzustellen, das Oberliga-Ansprüchen genügt?

Akpinar Tatsächlich ist es nicht leicht. Zumal andere Vereine deutlich höhere Budgets haben. Mit Blick auf die finanziellen Mittel gehören wir zum unteren Drittel der Oberliga. Wir müssen mit Geschlossenheit und Perspektive überzeugen. Zudem versuchen wir mit unseren Trainingsbedingungen, dem Stadion, unseren Fans und dem familiären Umfeld zu glänzen. Junge Spieler bekommen bei uns eine Chance, sich zu zeigen. Frederik Meurs, der aus unserer eigenen Jugendabteilung stammt, zeigt, dass es möglich ist, wenn man geduldig bleibt und hart an sich arbeitet. Innerhalb von zwei Jahren ist er zum Stammspieler geworden. Das kann auch für andere Spieler der Weg sein. Ich bin mir sicher, dass wir in diesem Sommer wieder eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen werden.

Der SV Straelen ist aus der Regionalliga abgestiegen. Wie sehr freuen Sie sich auf die Derbys in der kommenden Saison?

Akpinar Zunächst einmal habe ich mich über den Abstieg des SV Straelen nicht gefreut. Es war für die Region klasse, einen Regionalligisten zu haben. Aber nun fiebern wir wieder den Derbys entgegen. Der 1. FC Kleve gegen den SV Straelen – das sind ganz besondere Spiele.

Können Sie sich den 1. FC Kleve in der Regionalliga vorstellen?

Akpinar Daran denken wir überhaupt nicht. Wir wollen uns weiter in der Oberliga etablieren. Die Spielklasse wird Jahr für Jahr stärker. Da mitzuhalten, ist eine Herausforderung an sich.

Bald sollen die Bauarbeiten an der Anlage abgeschlossen sein. Könnte das noch einmal Kräfte freisetzen?

Akpinar Das kann ich mir durchaus vorstellen. Die Bauarbeiten haben die Sommervorbereitung im vergangenen Jahr erschwert, und nicht immer stand die Kabine zur Verfügung. Die Abläufe waren anders. Nun freuen wir uns, wenn die Räumlichkeiten freigegeben werden. Wir werden uns als Mannschaft dort sehr wohl fühlen.

Am Sonntag, 14 Uhr, geht es zum Saisonabschluss auswärts gegen den Tabellendritten VfB Hilden. Was für eine Partie wartet dort?

Akpinar Für beide Mannschaften geht es auf dem Papier um nichts mehr. Aber wir werden dort hinfahren, um zu gewinnen. Es passt nicht zu meinem Team, vom Gaspedal herunterzugehen. In den vergangenen Jahren sahen wir in Hilden häufig nicht gut aus. Das soll nun anders werden. Schließlich wollen wir uns auch würdig von unseren treuen Fans verabschieden.

Zum Abschluss ein anderes Thema: Sie sind passionierter Fan von Borussia Dortmund, immer wieder auch im Westfalenstadion. Wie bitter war das Saisonfinale des BVB?

Akpinar Es war unglaublich, dass wir diese Meisterschaft noch hergeschenkt haben. Das war schmerzhaft und sehr bitter für alle BVB-Fans. Der Titel wäre die Krönung für eine starke Rückrunde mit einer tollen Aufholjagd gewesen. In der nächsten Saison nehmen wir einen neuen Anlauf.

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