Kleve SonARTrio: "Wir sind ein Ensemble für Neue Musik"

Kleve · Von Anfang an hatten die Musiker des SonARTrio, das am Sonntag in der Kleinen Kirche an der Böllenstege auftrat, die Sympathien auf ihrer Seite. "Ich weiß nicht, ob es Ihnen allen klar ist: Wir sind ein Ensemble für Neue Musik", sagte Geiger Simon Kluth augenzwinkernd in seiner Begrüßungsansprache, so als erwarte er, dass nun die ersten aufstehen und wieder gehen würden.

Doch alle blieben sitzen, horchten gespannt auf - und wurden belohnt. Auf dem Programm standen sechs Werke von sechs noch lebenden Komponisten, die das junge Hannoveraner Trio mit der ungewöhnlichen Besetzung Violine, Violoncello und Bajan (ein russisches Knopfakkordeon) meisterhaft interpretierte und wunderbar anschaulich vermittelte.

Mit kurzweiligen Anmoderationen und Hörbeispielen führten Kluth und seine Kollegen Benedikt Brodbeck und Till Marek Mannes in die Werke ein und bauten so Brücken zu den teils schwer zugänglichen Klangwelten.

Strömend und sinnlich begann es zunächst mit "Weit draußen", einer Natur-Impression des 1926 geborenen Komponisten Alfred Koerppen, die den Eindruck vermittelte, die drei Instrumente seien füreinander geschaffen.

Intellektueller, auch spröder dann Wolfgang Rihms "Am Horizont", das man dank der einführenden Worte jedoch äußerst intensiv erlebte: Bajanist Mannes platzierte sich auf der Empore, die beiden Streicher spielten von verschiedenen Ecken der Kirche aus. Mit gespitzten Ohren lauschte man den leisen, ineinander überfließenden Tönen und staunte über die kaum zu unterscheidende Ähnlichkeit der Instrumentenklänge.

Eine große Bandbreite an Stimmungen reizte Sofia Gubaidulinas "Silenzio" aus - von der titelgebenden Stille bis zu ihrem schrillen, ohrenbetäubenden Gegenteil. Traumartig-poetisch das thematisch passende Stück "For Sofia Gubaidulina", in das der Japaner Yuji Takahashi ein Gedicht der russischen Schriftstellerin Marina Zwetajewa einwob.

Dieses wurde von Bajanist Mannes während des Spielens auf Englisch rezitiert; man hätte es gerne noch einmal nachgelesen. Eine aufregende Verschmelzung von Alt und Neu gelang dem Komponisten Johannes Schöllhorn (Jahrgang 1962) in "madria. Omaggio a Francesco Landini". Er verwandt darin Madrigale des 14. Jahrhunderts, mit verschiedenen Mitteln verfremdet und wie durch einen Schleier wahrnehmbar - berückend schön die Momente, in denen die glasklaren Harmonien der Originalgesänge durch die modernen Klänge hindurchschimmerten.

Nach dem Stück "Versunkene Flamme" des Polen Zbigniew Bargielski, komplexer und sperriger als der bildhafte Titel vermuten ließ, noch eine Zugabe für's Herz: Piazzollas Tango "La Muerte del Angel", entfesselt und leidenschaftlich, in dem das SonARTrio bewies, dass es auch diese musikalische Sprache glänzend beherrscht.

(RP)
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