Kleve Sommer, Sonne, Surfen adé

Kleve · Vollkornbrot, Temperaturen unter 20 Grad im Sommer, Eisbein mit Sauerkraut – das Leben in Deutschland unterscheidet sich fundamental von dem in Brasilien. Das stellte Adriana Pietsch, die für die RP regelmäßig aus Salvador berichtete, fest. Jetzt zieht sie ein Resümee ihres Austauschjahrs.

Vollkornbrot, Temperaturen unter 20 Grad im Sommer, Eisbein mit Sauerkraut — das Leben in Deutschland unterscheidet sich fundamental von dem in Brasilien. Das stellte Adriana Pietsch, die für die RP regelmäßig aus Salvador berichtete, fest. Jetzt zieht sie ein Resümee ihres Austauschjahrs.

Nach 14 Stunden Flug begrüßte mich eine so dicke, flauschige, graue Wolkendecke am Frankfurter Flughafen, dass ich mich augenblicklich richtig heimisch fühlte. Ein wilder Haufen aus Familie, Freunden und selbstgemalten Plakaten empfing mich liebevoll nach der Gepäckausgabe und fiel mir um den Hals.

Nach einem kurzen Kaffee, aufgeregtem Erzählen von der Reise, neugierigem Anstarren, der Erkenntnis, dass das Jahr verging wie im Fluge und meiner ersten Bretzel ging es mit dem Auto, das bis zum Rand vollgeladen war, Richtung Kleve.

Komisches altes Leben

Vieles hat sich kaum verändert wie die Gesichter meiner Freunde, meine Straße, das Wetter oder Mamas gutes Essen, und doch kommt mir mein altes Leben noch komisch vor. Die Straßen sind zu aufgeräumt, die Spülmaschine muss ich wieder selbst ein- und ausräumen.

Keine dreckigen Straßenhunde auf den Straßen, und niemand liegt vor den Hauseingängen. Jeder hat ein Fahrrad. Vor meiner Tür ist nicht mehr der Atlantik sondern der Kermisdahl. Ich darf wieder nach sechs Uhr abends allein auf die Straße. Im Auto läuft die Heizung und keine Kühlung.

Brot ist wieder dunkel und lecker. Alle sprechen Deutsch mit mir. Ich benutze Socken, weil ich nicht nur in Sandalen herumlaufe. Mein Zimmer ist ein chaotischer Mix aus brasilianischen Mitbringseln und alter Einrichtung, und meine runde Katze ist tragischerweise dünner geworden.

Obwohl ich mich hier schon wieder wohl fühle, braucht es nur ein Wort, ein Foto oder ein Lied, und schon vermisse ich Brasilien und die Menschen dort, an die ich mich das ganze Jahr über so gewöhnt habe, wie ich selten etwas vermisst habe. Ich habe bis jetzt noch nicht wirklich realisiert, dass ich nicht in ein paar Tagen dorthin zurückkehren werde, sondern auf unbestimmte Zeit hier bleibe, ohne meine brasilianischen Freunde und Familie sehen zu können.

Und doch denke ich liebend gerne an das Jahr zurück — mit all den Höhen, aber auch den Tiefen, die ich in dieser wunderbaren Stadt mit durchschnittlich sieben Sonnenstunden pro Tag erlebt habe — und wünschte, ich könnte erklären, wie es dort ist, aber das ist unmöglich. Man muss selbst dagewesen sein!

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich beim Rotary Club Kleve und all seinen Mitgliedern bedanken, ohne die ich niemals im August des vergangenen Jahres in den Flieger Richtung Salvador gestiegen wäre und nichts von dem gesehen und erlebt hätte, dass ich dort kennen und lieben gelernt habe.

Ich bin jetzt nicht nur ein Jahr älter sondern auch ein unvergessliches Jahr reicher. Und Ihnen allen danke ich vielmals für Ihre Aufmerksamkeit das ganze Jahr über, es war immer ein Vergnügen alles noch ein Mal zu durchleben, indem ich es für die Rheinische Post aufschrieb.

(RP)
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