Kleve Der untergegangene Taufstein

Kleve · Beim Deichbruch am 13. Januar 1809 ging die Kirche in Brienen unter. Ein Taufstein aus diesem Gotteshaus wurde im Spoykanal geborgen und fand später im Klever Spyckklösterchen ein neues Zuhause.

 Der (untergegangene) Taufstein hat längst im Klever Spyckklösterchen seine Heimat gefunden.

Der (untergegangene) Taufstein hat längst im Klever Spyckklösterchen seine Heimat gefunden.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

  Im Klever Land ist wohl kein anderes Ereignis vor dem letzten Krieg so nachhaltig in Erinnerung geblieben wie der selbstlose Einsatz des mutigen Mädchens Johanna Sebus. Beim Deichbruch vom 13. Januar 1809, also vor 210 Jahren, versuchte Johanna Sebus Mensch und Tier zu retten, fand dabei aber selbst den Tod. An diesem Tag, als die Heldin des Niederrheins in den Wasserfluten umkam, ging durch den Deichbruch auch die Kirche von Brienen unter. Nur eine Glocke konnte gerettet werden, die später in der reformierten Kirche in Kleve Verwendung fand.

Beim Angriff am 7. Oktober 1944 wurde sie im Bombenhagel zerstört. Es blieben nur noch Fragmente erhalten. Aber es gab ein weiteres bedeutsames Überbleibsel infolge der Katastrophe der untergegangenen Kirche, das erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts durch die Entdeckung und Recherchen von Paul Gerhard Küsters, Studiendirektor a.D. aus Kellen, bekannt wurde: Ein Taufstein aus dem 15. Jahrhundert.

Im Jahre 1933 oder 1934 wurde von badenden Jungen ein „Blumenkübel“ aus dem Spoykanal gehoben, der dann im Vorgarten eines Hauses auf der Briener Straße Aufstellung fand. Diesen mit ornamentalen Elementen versehene Gegenstand, der Jahrzehnte dort gestanden hatte, erwarb Küsters und bepflanzte ihn. Er wurde die Zierde seines Gartens. Es dauerte nicht lange, bis Küsters sich sagte, dass die wunderbare Steinarbeit aus Kalksandstein in der Form eines Kelches, mit einem Wulst als floralem Band, ein sakraler Gegenstand sein müsse.

Unter dem Wulst finden sich sechs schildförmige Wangen mit drei ineinander greifenden Kreisen – ein Dreipass – wie man ihn häufig in der Spätgotik antrifft. Es lag für Küsters nahe, anzunehmen, dass es ein Taufstein sein müsste. Um sicher zu gehen, bat er um den Besuch eines Kunsthistorikers. Dieser bestätigte seine Vermutung und datierte den Taufstein auf das 15. Jahrhundert. In Gesprächen mit Heimatforschern und Pfarrer Fritz Leinung, der am 10. Juli 2015 im Alter von 81 Jahren verstarb, stimmten alle überein, dass es sich mit absoluter Sicherheit um einen Taufstein aus der untergegangenen katholischen Marienkirche aus Brienen handeln müsse.

Dieses Gotteshaus war eine Tochter der Unterstadtkirche in Kleve. Auch vom Landeskonservator und von Kunsthistorikern des Bistums Münster wurde die Authentizität bestätigt. Da die Herz-Jesu-Kirche am Rindernschen Deich zur Pfarrkirche erhoben werden sollte, ihr aber ein Taufstein fehlte, war Küsters bereit, der Kirche das Symbol einer Pfarre als Geschenk zu überreichen. Am 4. Oktober 1872 wurde das Spyckkloster, im Volksmund auch Spyckklösterchen genannt, durch Weihbischof Johannes Boßmann aus Münster eingeweiht. Später wurde das Kloster die Pfarrkirche der selbstständigen Pfarrei Herz-Jesu. Die Schenkung erfolgte im Jahr 1997, als die Herz-Jesu-Kirche ihren 125. Geburtstag feiern konnte. Nach der Restaurierung durch den Steinbildhauermeister Josef Tripp aus Bedburg-Hau wurde das bedeutsame  heimatgeschichtliche Dokument der Kirche in Kleve wieder zugeführt.

Der Bischof von Münster, Dr. Reinhard Lettmann, weihte den denkwürdigen Taufstein am 8. Juni 1997.

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